Diese Gebote galten ursprünglich als „20 Gebote für Eltern“. Ich glaube, sie wären, mit kleinen Veränderungen nur, auch für Großeltern, Betreuer, Lehrer, gut geeignet. Sie wurden lange her von einem bekannten Pädagogen und Buchautor verfasst. Heutzutage, wo man die Kinder und Jugendliche gerne wie ein Unkraut wachsen lässt, ohne sie ganz liebevoll ja zuzuschneiden und zu gestalten, klingen sie einfach klug.

1.     Verhätschle mich nicht. Ich weiß gut, dass ich nicht alles haben sollte, was ich will. Es ist nur eine Kraftprobe.
2.     Hab keine Angst, mal entschieden zu handeln. Das brauche ich eben – das Sicherheitsgefühl.
3.     Unterschätze nicht meine schlechten Gewohnheiten. Nur du kannst mir dabei helfen, das Böse zu beseitigen, solange es überhaupt noch möglich ist.
4.     Mach aus mir kein größeres Kind, als ich es wirklich bin. Ich werde dadurch einzigartig „erwachsen“.
5.     Kommentiere mein Verhalten nicht in der Anwesenheit von anderen Personen, wenn es nicht notwendig ist. Du bist wirksamer, wenn mit mir unter vier Augen sprichst.
6.     Du musst mich nicht immer vor unangenehmen Konsequenzen schützen; manchmal ist es gut, auch so etwas zu erleben.
7.     Sag nicht, dass meine Fehler Sünden seien. Das gefährdet mein Wertsystem.
8.     Nimm es nicht wörtlich, wenn ich mal sage, ich hasse dich. Nicht du bist mein Feind, sondern die Tatsache, dass ich mich gerade unterordnen soll.
9.     Schenk nicht allzu viel Aufmerksamkeit meinen kleinen Beschwerden. Manchmal will ich einfach dadurch etwas erreichen.
10.  Nörgle nicht. Sonst muss ich mich davor wehren, und werde einfach taub.
11.  Versprich nicht, wenn du dann dein Wort nicht halten wirst. Es ist ein schreckliches Gefühl, wenn nichts daraus wird.
12.  Vergiss nicht, dass ich mich nicht immer präzise ausdrücken kann. Auch deswegen können wir uns nicht immer gut verständigen.
13.  Prüfe nicht immer wieder meine Ehrlichkeit. Die Angst zwingt mich sonst oft zum Lügen.
14.  Sei konsequent. Sonst werde ich verwirrt, und du verlierst deine Glaubwürdigkeit.
15.  Lehne mich nicht ab, wenn ich immer wieder nach etwas frage. Statt dich weiter zu fragen, werde ich die Antworten woanders suchen.
16.  Rede mir nicht ein, dass meine Ängste dumm sind. Es gibt sie einfach, alles.
17.  Tue nicht, als ob du ein Ideal wärest. Die Wahrheit, wie du wirklich bist, wäre dann später vielleicht nicht zu ertragen. Wenn du mal „Entschuldigung“ sagst, musst du nicht gleich deine Autorität verloren haben. Für ein ehrliches Spiel kann ich mich mit einer solchen Liebe bedanken, von der du gar nicht geträumt hättest.
18.  Vergiss nicht, ich mag allerlei Experimente. Dies ist einfach meine Lebensweise; erlaub es mir.
19.  Nimm es in Kauf, dass ich einfach groß werde. Ich weiß, es ist nicht leicht, mitzuhalten, tue aber alles, was du nur kannst, damit wir es schaffen.
20.  Hab keine Angst vor der Liebe. Keine Angst.

(Für Betreuer oder Lehrer wäre das natürlich einfach nur Sympathie in dem letzten Punkt. Und sonst – könnten es nicht etwa Gebote für eine jede Beziehung sein, die meisten auf jeden Fall? Welche von ihnen, darüber kann man ja selber entscheiden).
 


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Kommentare (10)

Distel1fink7

Christine62laechel,


Gut beobachtet und auf den Punkt gebracht.

LG Distel1fink7 Renate

Christine62laechel

@Distel1fink7  

Ja, liebe Renate. Der Autor lebt längst nicht mehr, ich schöpfe aber immer wieder etwas Interessantes aus seinem Werk.

Mit Grüßen
Christine

Roxanna

Würde man das alles "befolgen" können, liebe Christine, käme das dem Ideal der Kindererziehung sehr nahe und es müsste ein wunderbarer, gefestigter Mensch dabei "herauskommen", der sein Leben richtig gut meistern könnte. Aber können wir es? Wir selbst sind doch auch geprägt von unserer Erziehung und immer wieder, vielleicht unbewusst, macht man das, was man bei den eigenen Eltern abgelehnt hat, später selbst so. Aber, man kann sich bemühen, ich glaube mehr geht nicht, sonst würde man sich überfordern. Eltern wollen doch immer das Beste für ihr Kind, aber wissen sie es immer so genau, was das Beste ist? Liebe dein Kind, das ist eigentlich oberstes Gebot, so wie es ist.

Ich finde es gut, dass du das so aufgeschrieben hast. Wenn man noch mit "Erziehungsarbeit" beschäftigt ist, sollte man es sich an die Wand hängen Zwinkern.

Herzlichen Gruß
Brigitte

Christine62laechel

@Roxanna  

Liebe Brigitte,

manchmal denke ich: Um ein Kind zu haben, sollte man sich eigentlich um eine Genehmigung bewerben, und eine Prüfung ablegen. :) Warum denn nicht, wenn man ohne dessen ein Auto nicht fahren darf, eine Maschine nicht bedienen darf?  Natürlich würde das nur teilweise behilflich sein; es gibt ja so viele Autofahrer, die die Vorschrifte nicht beachten...

   Die meisten Eltern (Großeltern, Lehrer) geben sich natürlich viel Mühe, dem Kind welche Werte beizubringen, ihm zu zeigen, wie man in der Gesellschaft leben sollte. Einfach ist es nicht immer, wieso sollte man aber auf die Versuche verzichten. Von selbst werden junge Leute nicht nett, ordentlich, oder fleißig. :)

Mit Grüßen
Christine

werderanerin

Nachdem ich mir alles gut durchgelesen hatte, muss ich sagen, haben sie alle ihre Berechtigung und wenn man nur hin und wieder an so einiges denkt, macht es das Leben mit Kindern vielleicht auch etwas entspannter.

Kristine

Christine62laechel

@werderanerin  

Liebe Kristine,

so ist das eben. Die Kinder sind Kinder - wir Erwachsenen sollten dafür sorgen, dass es uns und ihnen gut geht. Manchmal mit Humor, manchmal mit einer Prise Strenge, immer - mit Vernunft.

Mit Grüßen
Christine

Humorus

Liebe Christine, nachdem ich mir Deine 20 Gebote mir in aller Ruhe durchgelesen habe, kann ich nur noch als achtfacher Opa und fünffacher Vater sagen, sie sollten überall beherigt werden, denn dann wird auds unserem Nachwuchs noch etwas Gutes. Vor allen Dingen Liebe und Ehrlichkeit sollte man ganz hoch halten.
Danke für Deinen aufschlussreichen Beitrag.

Lieben Gruß Klaus

Christine62laechel

@Humorus  

Lieber Klaus,

danke für Deine Anerkennung. Ich bin zwar nur eine Mutter von einem Sohn, und bislang keine Oma, das Thema Kindererziehung finde ich aber sehr wichtig. Es heißt ja: Kinder sind Zukunft! Wollen wir etwa keinen Einfluß mehr darauf haben? Hoffentlich doch. :)

Mit Grüßen
Christine

Manfred36


1. Die Kraftprobe mit Kindern nicht Stirn an Stirn, sondern auf klugen Umwegen ausfechten.
2. Die Entscheidung sollte aber plausibel sein.
3. Also nach meinen schlechten Gewohnheiten fragen.
4. Kind und Erwachsen sind nur gesellschaftliche Trennmerkmale. Jedes Kind weiß ja, dass man mit mehr Wissen und Kompetenz auch verantwortlicher handeln muss.
5. Mein Verhalten ist nur im gegenseitigen Vertrauen richtig zu verstehen.
6. Ich lerne ja und meine Spiegelneurone gehen in alle Richtungen, du darfst sie nicht ausblenden.
7. Da hat die Religionserziehung viel kaputt gemacht.
8. Freund-Feind-Denken aus den Köpfen raus kriegen, ist das Schwerste überhaupt.
9. Bedürftigkeitsfindung und -Durchsetzung, ein großes Übungsgebiet.
10. Jugendliche nicht taub werden lassen: eine ganz schwierige Sache.
11. Sollte man mal in die Politik hineintragen. Fridays for Future.
12. Die Sprache ist das Medium der größten Missverständnisse, jeder führt sie von einem anderen Niveau aus.
13. Wir lügen doch alle, und hinter der Lüge steckt oft ein guter Wille. Erkennen, nicht anprangern.
14. Konsequent heißt nicht beharrlich, sondern verständlich.
15. Aber meine Fragen müssen auch ernsthaft sein, zwischen zwei verschiedenen Wissens- und Verständnisebenen.
16. Emotionen kann man rational schwer bekämpfen.
17. Sich öffnen bedeutet, seinen Narzissmus abstreifen.
18. Ohne Experimente findet man zu keinen Algorithmus, auch nicht für das Leben.
19. Der Punkt, wenn die Kinder uns über den Kopf wachsen, ist eines der wichtigsten Alterserkenntnisse.
20. Über die Humanität und Empathie hinaus gehende, emotionale Liebe kann aber auch etwas Zerreißendes sein:
Wer nie sein Brot mit Tränen aß,
Wer nie die kummervollen Nächte
Auf seinem Bette weinend saß,
Der kennt euch nicht, ihr himmlischen Mächte.

Ihr führt ins Leben uns hinein,
Ihr laßt den Armen schuldig werden,
Dann überlaßt ihr ihn der Pein,
Denn alle Schuld rächt sich auf Erden.

Johann Wolfgang von Goethe



 

Christine62laechel

@Manfred36  

Lieber Manfred,

wie interessant hast du meinen Eintrag kommentiert, ja einen jeden Punkt erweitert und vervollkomnet. Danke dafür.

   Interessant finde ich, dass in den Geboten das Wort "Respekt" nicht zu sehen ist. Damals musste es natürlich bedeuten, dass die Kinder und Jugendliche Respekt für die Älteren haben sollten; vielleicht fand es der Autor so selbstverständlich? Heutzutage betont man immer wieder, dass man Respekt für junge Leute sollte... Und ich sage: Klar - wenn sie es verdienen! Schade, dass man so selten die Jugendlichen daran erinnert, dass sie ihre Eltern, Lehrer, und andere Älteren zu respektieren haben. Verdient...

Mit Grüßen
Christine


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