Ärgernis mit dem Postillion


Ärgernis mit dem Postillion

Die nach 1830 in Sachsen neue bürgerliche Freiheit eröffnete nicht nur politisch neue Möglichkeiten sondern führte in der Justiz zu einem Anwachsen von Privatklagen. So erging es auch dem Postillion Friedrich August Rehbein, der auf der Chaussee zwischen Radeberg, Dresden und Kamenz unterwegs war. In seinen Kreisen galt er als guter Posthornbläser, was sogar dazu führte, das man ihm im Jahre 1842 ein Diplom verlieh. Zugleich war er in den Schänken an der Strecke beliebt, denn neben seinen musikalischen Fähigkeiten war Rehbein auch ein guter Unterhalter, erlebte er doch so manches Neckische auf den Touren.

Ohne Schlimmes zu ahnen blies der Postillion bei der Ankunft und bei der Abfahrt sein Liedchen. Jedoch eines Tages erhielt er vom Radeberger Amtsgericht ein Mandat über 2 Taler. Der Hintergrund: Ein Radeberger Einwohner hatte sich über den ruhestörenden Lärm beschwert, hatte doch Rehbein in den beginnenden Frühjahrstagen nicht nur ein Lied zum Abschied geblasen. In der Meinung ein schön geblasenes Lied nach altem Brauch kann doch kein ruhestörender Lärm sein, erhob der Postillion fristgemäß Widerspruch und benannte auch wunschgemäß entsprechende Zeugen.

In der Verhandlung sah es lange Zeit nach einer Revision des Strafmandats aus, denn selbst die Gerichtsschöffen waren eher der Meinung, dass das Liederblasen des Postillions seit alters her zum Beruf gehöre. Und hier irrte die Mehrheit, denn der vorsitzende Richter ließ den Recht Suchenden auf seinem Posthorn blasen. Auch hier gab es zunächst nichts zu bemängeln. Dann legte man ihm das „Dienstbuch für Postillione“ vor und Rehbein sollte zwei Signale zu Gehör bringen, die der vorsitzende Richter vorschlug. Jetzt kam es heraus. Friedrich August Rehbein war den Noten nicht kundig und hatte Probleme mit der Wiedergabe. Dass er durchaus nach dem Gehör gute, stimmige Passagen blies, war nun Nebensache.

Der Richter plädierte auf Rückstellung des Mandats wegen ruhestörenden Lärms und verurteilte ihn zu 34 Talern Strafe, ersatzweise 34 Tage Haft, wegen „nicht dem Dienstreglement entsprechenden, jedoch vollbrachten Posthornlärmens“. Radeberger Bürger sammelten, so brauchte Rehbein nicht ins Gefängnis. Im Übrigen, die Zahl 34 ergab sich aus der vergangenen Zeit an Postkutschentagen, die seit der Anzeige vergangen waren.

haweger

Anzeige

Kommentare (0)


Anzeige