Alles wird besser.


 Alles wird besser.

Die Bäume verstummten, als ich an ihnen vorbeigehe. Sie sind zu dieser Jahreszeit nicht mehr nackt, doch ich bin mir sicher, dass ihnen die andauernde Hitze der letzten Wochen nicht so gut bekommen ist. Sie flüstern über mich. Wie Frauen, die sich im Café zum Plausch getroffen haben; wie Frauen, die ihre Enkel über den grünen Klee loben, wenn sie über ihren Nachwuchs reden. Ich danke ihnen jedenfalls dafür, dass sie an diesem Tag wie meine Großmutter sind, diese grünen Freunde.
        Sie wissen, dass ich für immer Abschied nehme, Abschied von diesem alten Hause, das so fern von mir ist, wie die Jugendzeit vor endlos langen Jahren. 
Ich war mehrere Stunden unterwegs, um zu spüren, wie das Haus sich schweigend von mir verabschiedet. Wie die Augen des Hauses mir voller Wehmut zuzwinkern wollen, sich dann aber ohne jeden Ausdruck schließen. Das Haus wirkt danach annähernd so ausdruckslos, wie das Bellen eines Schäferhunds, der mich auch nicht dort haben will.
        Die Bäume flüstern: »Was will er noch hier?
Er ist doch ein Fremder. Er war es schon immer. Wollte es nur nicht wahrhaben.«

          Ich höre es, fühle es, aber die Erkenntnis geht an mir vorüber. Berührt mich nicht mehr; so wie der Tau am Morgen auf den Blättern liegt und später spurlos verschwindet.
          »Er weiß es«, flüstert einer der Bäume.
»Er kommt gewiss zu spät«, meint ein anderer. »Und trotzdem geht er dort hin!« sagt ein dritter.
»Um alles zu beweinen? Unverständlich«.
        Das alte Haus sieht so abweisend aus. Mich packt ein verzweifelter Versuch, alles zu zerstören. Unwiderruflich. Wie sagte mein Großvater in solchen Fällen dann immer?
»Geh hinaus zu den Bäumen, sie helfen dir!«
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          Mein Großvater hat mich nie etwas gefragt. Ich saß an dem kleinen Tisch im Wohnzimmer und er gab mir ein Stück Kautabak. Ich spuckte es weit von mir aus. Großvater lächelte. »Damit du lernst, alles Böse wegzulassen«, sagte er. Dann bekam ich von Großmutter ein Schüsselchen mit gelbem Pudding!
        »Es wird alles wieder besser, du darfst nur nicht ungeduldig sein.«
Von meinen Großeltern habe ich gelernt, dass sie immer wissen, was mit ihren Enkeln los ist, auch wenn sie nichts sagen. Auch die Bäume wissen es. Doch sie haben mir die Entscheidung überlassen. Am Ende erst weiß ich, ob sie richtig sein wird.
        Deshalb erinnere ich mich daran, wenn ich an einem Baum vorübergehe, dass er mir mein eigenes Leben erzählt. So wie mein Großvater es tat, ohne etwas dazu zu sagen. Ich verstecke dann heute meinen Blick, damit keiner merkt, wer ich bin!
Ich überlege, wie ich ans andere Ufer des Lebens gelange, berechne dabei den besten Weg, ohne in irgendwelche ölverschmutzten Pfützen zu treten, die die Sonne in mir verdunkeln
Aber ich weiß: »Alles wird besser!«


©by H.C.G.Lux

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Kommentare (3)

Syrdal


Nun ja, lieber Pan, bei solch nachdenklich-philosophierender Betrachtung kann man durchaus zum Fazit gelangen: „Alles wird besser“. - Mein Spruch war bislang allerdings sehr realistisch gefasst in „Alles ist gut!“
Heute neige ich aber eher einem weisen Spruch von Heinz Erhardt zu, der da einst sagte:

Früher war alles gut,
heute ist alles besser.
Es wäre besser,
wenn wieder alles gut wär.“

...und damit grüßt dich in freudiger Hoffnung auf das Wiedergutwerden
Syrdal

Pan

Lieber Syrdal - auch im Reich der aufgehenden Sonne ist Höflichkeit im Abstieg begriffen!
Ich hatte das zweifelhafte Vergnügen, in Braunschweig im Hotel mit einer Reisegruppe aus Japan zu frühstücken! Wie die Herrschaften sich angifteten, war enttäuschend, und das Benehmen unterste Schublade ...

Syrdal

@Pan

Ja freilich, lieber Pan, das gibt es auch, aber nicht im eigenen Land. Die „Herrschaften“, die sich hier so benehmen wie von dir beschrieben, sind die „vom westlichen Giftstil versauten Geschäftemacher“. Ich hatte mit vielen Japanern guten Kontakt, sehr guten… aber niemals, nicht ein einziges Mal habe ich auch nur den Anflug einer Unhöflichkeit erlebt, selbst dann nicht, wenn man sich ihnen gegenüber „ungeschickt“ verhalten hat.
Aber „schwarze Schafe“ gibt es nun mal überall, nur hier sind die Schafe inzwischen fast alle schwarz… leider

konstatiert
Syrdal 


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