Austern im Herbst


Immer wenn der jährliche Sommer zur bitteren Neige geht wie der Ideenvorrat eines alternden Parteivorsitzenden, fällt der durchwachsenbunte Herbst kalendarischdestiniert aus allen Wolken mitten in unser wechselvolles Leben. Das ist keineswegs oberstudien-rätlichbesserwisserisch zu verstehen: es ist tatsächlich so.
 
Das ist nicht nur so, es ist auch völlig logisch. Wenn nach dem jährlichen Sommer nicht der durchwachsene Herbst aus allen Wolken auf uns fiele, könnte der schneebedeckte Winter uns nicht erreichen, der Verkehr in den Wintersportorten wäre ebenso futsch wie das Christkind, denn, wie wir alle wissen, kann der schneebedeckte Winter erst nach einem durchwachsenbunten Herbst kommen.
 
Der durchwachsenbunte Herbst ist eine äußerst wertvolle, da unheimlich kreative Jahreszeit, denn:
a) er beendet den Sommer – wir wollen doch nicht ewig die Badehose an- und ausziehen -, was kein normalunkreativer Mensch schafft;
b) im Herbst gibt es Blumen, die es weder im Sommer und im Winter gibt;
c) wenn im Herbst die dichten Nebel über Höhen und Tiefen wallen, werden die Kreativen unter uns zum Absondern von bedenklichdichter Lyrik angeregt. Die ist nicht immer schön, aber so spielt uns manchmal das knallharte Leben mit.
 
Bei c) sind wir beim Thema angekommen. Dieses ergriff mich in der Nacht von vorgestern auf gestern – was nichts über die hohe Qualität meines da stattgefundenhabenden Ergusses aussagt -, und das ergriff mich auf benn’schexistentielle Art und Weise.
 
 
AUSTERN
 
Austern -, gärender Magen,
Därmeempörung, und dann,
die Badezimmerwaagen
halten zögernd den Atem an.
 
Noch einmal das quälende Gären,
der Himmel, bei Licht, der Flor,
was brütet im Mastdarm zum Werden,
drängt zwischen Hämorriden hervor?
 
Noch einmal das Ersehnte,
der Rausch, ich bin zu -,
meine Frau stand und lehnte
und sah dem Austerndünnschiss zu.
 
Noch einmal ein Vermuten,
dann ward mir Gewissheit gebracht:
es waren verdorbener Austern Fluten,
die stinken in herbstlicher Nacht.
 
(Parodie nach Benn, Astern)
 


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Kommentare (4)

ehemaliges Mitglied

Wenn die Nebel wallen,
sitz ich gern zu Haus.
Rotwein-Korken knallen,
und ich sauf ihn aus.
Dazu gibt es Ölsardinen,
mit altem harten Brot,
böse alte Ratten,
schnüffeln diese Not...



Davon gibts null DünnpfiffLachender Teufel
Fortsetzung demnächst...

LG Arni



 

Sam 2

Lieber Arni

ich bin auf das demnächst gespannt.

Gruß
Sam

Willy

Ich habe noch nie Austern gegessen - und nun werde ich es gewiss nicht damit anfangen.
Komm gut durch die Woche.
LG
Willy 

Sam 2

Lieber Willy,

... aber bleib bei Benn.

Gruß
Sam


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