Bitte nicht stören!


Bitte nicht stören!

Seit Tagen mühe ich mich ab, endlich die letzten Kapitel für mein Buch zu schreiben. Es geht einfach nicht, ich finde keine Ruhe, obwohl ich diesen hervorragend gestylten Tür-Aufhänger mit der Aufschrift: BITTE NICHT STÖREN gut sichtbar für jeden, an der Türklinke angebracht habe.
 
Okay, ich gebe es zu, dieser bunte Aufhänger ist nicht ganz rechtmäßig in meinem Besitz. Ich habe ihn in einem Anflug krimineller Energie aus einem Hotelzimmer mitgehen lassen. Das heißt aber noch lange nicht, dass er damit seine Gültigkeit verloren hat. Anscheinend haben das nicht alle verstanden, denn plötzlich macht es Rumms, die Klinke schnellt nach unten und die Tür springt einen Spalt breit auf, der Aufhänger flattert zu Boden.
 
Zunächst passiert gar nichts, denn der Störenfried wartet vor der Tür ab, ob etwas passiert. Nur wenige Sekunden später erscheinen alle meine Katzen auf einmal - wie im Triumphzug. 
Es ist alles umsonst, ich kann tun und machen, was ich will, es funktioniert nicht. Ich bin mit der Reform, die die „Tradition der offenen Türen“ beenden sollte, kläglich gescheitert. Wie soll ich in Ruhe schreiben, wenn ich dauernd gestört werde?
 
Wir sind zu sechst in unserer Familie und normalerweise läuft auch alles friedlich ab. Heute nicht. Ich bin ärgerlich und greife zum Äußersten: Ich trommle den Familienrat zusammen. So etwas muss, meiner Meinung nach, demokratisch geregelt werden.
Regina, meine Beste, signalisiert zwar Verständnis für mein Anliegen, aber ihr wissendes Lächeln irritiert mich. Vermutlich steckt sie mit den Unruhestiftern unter einer Decke.
 
daVinci, der schwarze Gauner, schaut demonstrativ in die andere Richtung.
Shakira, die Old Lady, tut so, als wäre ich gar nicht da.
Casimir hängt lässig in der Hängematte am Kratzbaum und ignoriert mich völlig.
Und Anton, der Jungspund, gibt sich einer ausführlichen Katzenwäsche hin.
 
Kurz gesagt: Ich stehe vor einer Wand des Schweigens – mehr noch – es ist pure Ablehnung. Um mich halbwegs und ohne Gesichtsverlust aus der Affäre ziehen zu können, versuche ich es mit außerplanmäßigen Leckerlis. Fehlanzeige. Also sind die Verhandlungen vorerst gescheitert. Um des lieben Friedens willen, ziehe ich mich zurück, wenn auch bei offener Tür.
 
Um die Fortsetzung meiner Story mache ich mir jetzt ernste Sorgen. Wahrscheinlich werde ich wieder einmal eine Nachtschicht einlegen müssen, denn nächtens schlafen die Rabauken hoffentlich.
 

@ story by ferdinand
@  foto by ferdinand


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Kommentare (3)

Syrdal


Nächtens schlafen die Katzen… aber ganz bestimmt nicht die Geister!
Und die können arge Störenfriede sein, meint
Syrdal

Rosi65

Hallo Ferdinand,

solch einen raffinierten Türöffner hatte ich auch einmal. Ein Raum in der Wohnung war nämlich für die beiden Katzendamen tabu. Doch eines Tages lungerten die Katzen dort ganz lässig herum, obwohl die Tür doch vorher geschlossen war. Das war lustig, denn mein Mann und ich haben uns erst einmal gegenseitig beschuldigt, bevor wir den wahren Übeltäter plötzlich auf frischer Tat ertappten.😊

Viele Grüße
    Rosi65

Eisenwein

@Rosi65  - Danke für deinen Kommentar!  
In Ägypten wurden Katzen für Götter gehalten.
 Sie haben dies nie vergessen.
Liebe Grüße! 
Ferdinand


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