Blinklichter


Herr Lange aus meiner Nachbarschaft schafft es einfach nicht, den Blinker seines SUV’s reparieren zu lassen. Es ist ja auch besonders schwierig, wie soll er denn auch feststellen, dass sein linker Blinker kaputt ist? Er sieht ihn doch nicht. Kann ja auch sein, es ist ein Einstellungsfehler vom Werk? Oder er findet die Funktion auf der modernen Flugzeug-Cockpit-Konsole nicht?
              Da fährt er neulich vor mir auf der Hauptstraße, blinkt irgendwann nach rechts zum Abbiegen. Dann hat er es sich doch anders überlegt, bricht ab und bleibt urplötzlich stehen. Mitten auf der Fahrbahn! Ich denke: Nanu? Ihm wird doch nichts passiert sein, Herzinfarkt oder Ähnliches? Mir fallen da sofort Notmaßnahmen ein; ich öffne meine Tür, um zu ihm zu eilen. Da fährt er schon wieder an. Gottseidank, doch alles OK.
              Dann biegt er jedoch links ab. Ohne den Blinker zu setzen! Ich schaffe es gerade noch, voll in die Eisen zu treten. Hinter mir ein Hupkonzert. Ja,ja,ja! Ist ja gut! Die Burschen hinter mir konnten ja nicht sehen, dass ich da gar nicht anders konnte. Einer zwängt sich an mir vorbei, schüttelt aufgebracht seine schwarze Mähne und zeigt mir den Deutsche Autofahrergruß! Ja, danke, du mich auch!
              Alle hinter mir fahrenden Fahrer können ja nur erraten, warum der Herr vor mir plötzlich von rechts nach links wechselt um dann wie ein Standbild stehen zu bleiben. Ich jedenfalls wasche meine Hände in Unschuld.              
Ich frage den guten Herrn Lange nachmittags, ob sein Fahrtrichtungsanzeiger nicht funktioniert habe. Natürlich! Er schaut mich verwundert an, hat dann kapiert, was ich meine und sagt dann erbost, was ich mir wohl einbilde? Er führe schon 60 Jahre Auto usw. usf.
              Meine Frau meint immer ironisch: »Blinken muss wohl Geld kosten.« Besonders im Kreisverkehr scheint sich das des Öfteren zu bewahrheiten. Aber es kann ja eigentlich nicht am Zahlungswillen liegen! Denn in Wirklichkeit kostet es ja wirkliches Geld - »Bussgeld«. Da nützen dann auch keine sechzig Jahre Fahrpraxis etwas.

              Moment, warum hupen die heute alle hinter mir wie verrückt …?


~©by H.C.G.Lux~


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Kommentare (6)

nnamttor44

Solche Fahrpraxis gibt es immer öfter!! Meine Tochter und ihr Mann mussten lange Zeit hinnehmen, dass sein über achtzig Jahre alter Herr es kaum noch schaffte, ohne Hupkonzert der auf der Landstraße heranrauschenden Lkws und Pkws vom Hof zu fahren. Und er fuhr dann obendrein auch nicht schneller als 30 kmh, kam immer öfter mit verschrammtem Wagen nach Hause, war aber nicht einsichtig. Den Führerschein wollte er nicht hergeben.

Irgendwann fand sich tatsächlich eine Ärztin in der HA-Praxis, die ihn auf Demenz testete - er war schwer dement, was er gut zu verbergen verstand. Sie mussten ihm seinen Wagen "wegnehmen", wenn sie verhindern wollten, dass er eines Tages für einen schweren Unfall mit Verletzten oder Schlimmerem verantwortlich geworden wäre ...

Aber auch junge Leute sind manchmal ohne jede Verantwortung unterwegs. Ob es fehlende Einsicht ist, sich verkehrsgerecht zu verhalten oder ob Drogen im Spiel sind - oder auch einfach Übermut.

Auf dem Weg zur Arbeit verfolgte mich eine Dreiergruppe junger Fahrer in einem Pkw. Sie fuhren so dicht auf, dass ich das Gefühl bekam, sie wollten meinen Pkw  rammen. Nach dreimaligem "Auffahren" tickte ich meine Bremse kurz an, sie fielen zurück, nur um gleich darauf wieder so nahe heranzufahren, dass ich das Gefühl hatte, sie könnten sich in meinem Kofferraum verhaken. Und das Ganz nur deshalb, weil ich im Ort die 50 km-Vorschrift nicht übertreten wollte. Aber auch außerhalb setzten sie ihr perverses dummes Spielchen fort. War ich froh, endlich an meiner Arbeitsstelle angekommen zu sein - da verschwanden sie dann ... 

Und ich habe nicht wirklich einen Seniorenfahrstil, aber die Umsicht fährt immer mit. Wenn ich merken sollte, dass ich mit meiner Fahrweise andere Verkehrsteilnehmer behindere, werde ich meinen Führerschein abgeben. Noch ist es nicht so, meine Tochter lässt sich gern von mir wo hinfahren, wenn es erforderlich ist.

Uschi

werderanerin

Ich denke schon, dass du in deiner kleinen Geschichte da ein großes Problem geschildert hast aber es ist ja leider keine Seltenheit und da spielt es auch keine Rolle, dass man den Führerschein jenseits der 60 Jahre hat.

Heute zu fahren ist eben oftmals eine Herausforderung und schon für Jüngere nicht einfach. Hinzu kommt ja auch, dass immer mehr Fahrzeuge auf den Straßen sind.

So manch Autofahrer sollte wirklich seinen Schein freiwillig abgeben, weil sie oft Verkehrshindernisse sind und dies nicht mal bemerken. Gut für den, der im Familienkreis Jemand hat, der ehrlich ist und das vielleicht auch sagt.

Besser wäre es für ALLE  !

Kristine

nnamttor44

@werderanerin  
Liebe Kristine, in der Familie meines Schwiegersohnes gab es gleich 2 Söhne und die Schwiegertöchter, die ihrem dementen Vater rieten, den Führerschein abzugeben. Alle sind inzwischen froh, dass sie ihm mit Ausreden, die die Kfz-Mechaniker-Söhne ihm vorlogen, den Pkw wegnehmen konnten. Es wäre unverantwortlich gewesen, dem alten Herrn seinen Willen zu lassen.

Er hat auch - nur ein Jahr später - nicht einsehen mögen, dass er mit dem Rollator täglich die vielbefahrene Bundesstraße vorm Haus im Schleichschritt besser nicht hätte queren sollen - oder eben schneller, was er aber nicht mehr konnte. Die Nachbarn haben so manch brenzlige Situation, Bremsenquietschen anderer Verkehrsteilnehmer hören müssen, zum Glück nichts Schlimmeres ...

Es ist schon  schlimm, wenn die Kinder aus Verantwortungsgefühl die Aktivitäten eines Elternteils einschränken müssen ...

Uschi

Manfred36

Ich habe auch 65 Jahre Fahrpraxis, unfallfrei, null Punkte .Aber die heutige Virtuosität geht mir immer mehr ab und mein Sohn hebt aus der Ferne permanent den Finger. Die Rückwärts-Einfahrt zu meinem Hause und in meinen Hof wird merkwürdigerweise immer enger; habe ich gerade eben nach meiner Rückkunft vom Einkauf wieder gemerkt. Oder können Autospiegel wachsen?
Gruß von Manfred

Muscari

@Manfred36

Lieber Manfred,
damit hast Du Deine Situation recht humorvoll beschrieben.
Ich bewundere, dass Du noch den Mut aufbringst, Dich ans Steuer zu setzen.
Ich habe im vergangenen Jahr diesen Mut verloren, seit ich einen fremden Seitenspiegel am Straßenrand beschädigt hatte und auch mal 100 Meter als Geisterfahrerin unterwegs war.
Das Hupkonzert war gewaltig, aber zum Glück kam ich ohne Polizei davon.
Es grüßt herzlich
Andrea

Muscari


Köstlich.
Eine Situation aus dem prallen Leben.
Zum Glück habe ich mein Auto unserem Enkel überlassen, der nun seine Erfahrungen damit machen kann.

Danke für diesen humorvollen Bericht und herzliche Grüße von
Andrea


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