Sie schätzt es gar nicht, wenn ich ihren Namen mit Doppelt-D spreche. „Ich heiße Brigitte!“ pflegt sie dann immer zu sagen, wobei sie das Doppelt-T so spricht, wie der Engländer das kurze T in „to“. Und das E, das bei mir tendenziell zum Ä neigt, spricht sie genauso kurz. Und total blasiert.

Für Brigidde bin ich „nur“ ein Mann. Und Männer sind Schweine. Naja, nicht alle. Ihr Fredi ist die wohl einzige Ausnahme. Den liebt sie. Und obwohl Brigidde behauptet, emanzipiert zu sein, trägt sie ihm die Puschen sogar ins Büro hinterher. Sozusagen. Sie ist in ihrer Emanzipation halt ein wenig widersprüchlich.

Ich trag ihr das jedoch nicht nach. Sie wird’s nie merken, weil sie – spirituell gesehen – total über den Dingen steht. Und außerdem hab’ ich ein bisschen Mitleid mit ihr. Denn sie hat einen Bart. Ihr zuliebe erwähne ich den nie, aber angucken – so, dass sie’s sieht – muss ich ihn manchmal schon. Ich werde dann stets ganz fröhlich. Mit Schuldkomlexen allerdings. Weil der Fredi, der muss ja mit ihr ins Bett, und das stell’ ich mir furchtbar vor.

Im Grunde ist er ein cooler Typ. Er kann „La Paloma“ ins Badewasser pupsen, behauptet er. Sowas beeindruckt natürlich, und weil ich ihn kenne, glaube ich es ihm aufs Wort. Ich hab’ mich allerdings noch nie getraut ihn zu fragen, ob er Brigidde schon mal vorgetragen hat. Interessieren würd’s mich aber wirklich.

Manchmal gehen Fredi und ich ein Bier trinken. Einfach nur so. Aber ich bewundere ihn stets dafür, dass er’s tut. Während meine Frau sich freut, wenn ich mal losgehe, „Mach’mal, Schatz, ich geh’ dann zu Brigitte rüber“, muss Fredi schon ein paar Tage vorher darauf hinarbeiten, weil: „Zu Hause ist es doch auch ganz gemütlich – und guck mal in den Kühlschrank, ich hab’ dir Bier gekauft!“ Er hat’s wirklich nicht leicht.

Meine Herzallerliebste nennt mich Hasi. Brigidde nennt mich Schowi. Keine Ahnung, wie sie darauf kommt. Aber ich bin sicher, sie meint‘s nicht intim. Dafür mögen wir uns zu wenig. Und wir verstehen uns auch nicht – jedenfalls versteht sie mich nicht. Erst letztens hab‘ ich ihr erklärt, wie schädlich ihre Biokost ist. Da ist nix mehr drin, wogegen der Körper kämpfen kann oder muss, und so wird man leichter krank. Wegen Bio. Sollte man nicht denken, das, aber Brigidde ist ein gutes Beispiel dafür. Fast regelmäßig plagt sie sich mit Mensturbationsbeschwerden. Ich glaube sogar, jeden Monat. Meine Herzallerliebste muss sich das dann immer anhören. Aber Brigidde lernt da nix draus.

Mir würd‘s ja zu denken geben, wenn ich jeden Monat was hätte, Schnupfen oder so. Aber Brigidde jammert weiter, anstatt die Ernährung umzustellen und mal zu gucken. Mir jedenfalls geht‘s gut. Auch – oder gerade wegen „ohne Bio“.


Es ist mir sowieso ein Rätsel, welche Erweiterung Briggiddes „Ich bin öko…“ erfährt. -nomisch oder -menisch wäre möglich. -logisch ist sie nicht, denn sie rauch wie ein Schlot. Aber so massiv, wie sie stets behauptet, es zu sein, führt mich immer nur zu einer einzigen Möglichkeit: ökomanisch. Naja …

Mein alter Feldwebel – damals, bei der Bundeswehr – pflegte zu sagen, bei einem Anschiss solle man sich den Vorgesetzten in Unterwäsche vorstellen. So mach‘ ich das mit Brigidde. Wenn sie sich mal wieder echauffiert über mich, dann sehe ich sie nackig vor meinem geistigen Auge. Nackt, nur mit einem kleinen Biohöschen bekleidet. Und sie wundert sich jedes Mal, dass ich grinse.

So wie gestern wieder, an unserem gemeinsamen Kanasterabend. Fredi kleckert und krümelt immer so‘n bisschen, wenn er isst oder trinkt. Er meint‘s nicht böse. Und gestern prangte dann auch plötzlich ein Schokoladenfleck auf Brigiddes Sofakissen. „Wo kommt der denn her?“, ihre indignierte Frage - mit Blick auf mich (keine Ahnung, warum sie immer mich bei sowas anguckt). Jedenfalls zeigte sie sich lamentierend erschüttert, bis ich aufstand und das Kissen umdrehte. Da war sie baff. In praktischer Hinsicht hat sie noch einiges zu lernen.


Auch in filosofischer Hinsicht. Die Sache mit dem Sofakissen hat ihr ja nun nicht gezeigt, dass jedes Ding zwei Seiten hat. Meine Liebste sieht mich anders als sie es tut. Das sollte ihr zu denken geben. Und Fredi ist nicht der, den sie in ihm sieht. Ich finde ihn ganz „normal“ und sie ihn als etwas Besonderes. Dabei ist er nur einzigartig. Ich mag ihn sehr. Aber das wollte ich gar nicht sagen. Denn da ist ja noch die Sache mit dem Klodeckel, die erklärt werden muss. Man redet da sonst ja nicht drüber.

Also ich klappe den Klodeckel grundsätzlich hoch. Meine Liebste hat mich zwar vom Sitzpinkeln überzeugt (würde Fredi nie machen), aber wenn sie den offenen Klodeckel findet, klappt sie ihn stets kopfschüttelnd hinunter. Für mich ist das wie ein Spiel. Ich weiß, dass es sie nervt, aber sie sieht dadurch jedesmal, dass ich „bin“ – wenn ich nicht „wäre“, würde sie‘s vermissen. Genauso sehe ich meine Verpflichtung, entsorgte Socken weiträumig um den Wäschekorb zu verstreuen. So hat sie mich immer „bei sich“. Ich lieb‘ sie ja schließlich auch wegen ihrer Eigenheiten.

Brigidde sieht das so nicht. Auch Fredi klappt den Klodeckel nie runter (und pinkelt sogar im Stehen), seine Socken liegen rum und jede Tür bleibt offen. Aber Brigidde übersieht das, anstatt es mit Liebe zu sehen.

Wie gesagt, sie hat noch viel zu lernen.

Filosofisch gesehen.


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Kommentare (1)

ladybird

Übrigens: "Lapaloma" können manche Menschen durch ihre Zahnlücken pfeifen....diese und Fredi könnten glatt ein Duo bilden....
Von Dir habe ich soeben etwas gelernt:
mir die Menschen in ihrer Unterwäsche vorzustellen, wenn die Sache zu spitzen sollte 👍 mit Dank
grüßt ladybird..


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