Christi Himmelfahrt - Vatertag - Hochzeitstage


Christi Himmelfahrt - Vatertag - Hochzeitstage

Im Winter 1965 stand die Überlegung an, an welchem Tag Mitte Mai unsere Hochzeit stattfinden sollte. Eines war von vornherein klar: Eine Familie, in der es viele Friseure gab, vor allem mein Vater und meine Geschwister, da musste auf jeden Fall an einem Montag geheiratet werden, denn in den 1960er Jahren war das der arbeitsfreie Wochentag der Friseure. Das galt vor allem für die kirchliche Trauung. Sie wurde für Montag, den 17. Mai festgesetzt.

Klar, da war zuvor für die standesamtliche Trauung ein Termin zu finden. Das Standesamt hatte noch einen freien Termin für Donnerstag, den 13. Mai, also wurde dieser Tag festgelegt. Pünktlich ließ der Standesbamte uns mit den beiden Trauzeugen (je ein alter Onkel der Brautleute) ein, vollzog schnell dieTrauung und ab ging's ohne jede Feier in die vier heimatlichen Zuhause. Kein Elternteil, keine Geschwister dabei ...

Was für Daten: erst ein 13., allgemein keine Glückszahl und dann ein Montag, der 17.5.! Meinem Zukünftigen fiel gleich auf, dass das Gesetz, damals noch aus Hitler-Zeiten ein „Schwulen-Gesetz“ auch nicht glücklich gewählt wäre. Und er sei nun wirklich nicht vom „anderen Ufer“. Aber mein Vater ließ sich auf keine Diskussionen ein.

Direkt nach der kirchlichen und recht kurz geratenen Feier im Gartenlokal – wieder zuhause – erfuhr ich von meinem frisch Angetrauten, dass er gar nicht hatte heiraten wollen und Kinder wolle er auch keine. Fast wäre mir die Hand ausgerutscht … Eine Liebeserklärung war beides nicht.

Anderthalb Jahre später war unser Sohn auf der Welt. Stolz, dass er einen Sohn gezeugt hatte, war der frisch gebackene Vater schon und anfangs kümmerte er sich sogar mit mir um ihn, sofern die Bundeswehr ihm die Möglichkeit dazu gab. Kaum verheiratet, bekam er – noch als 23-Jähriger – seine verspätete Einberufung. Es war nicht sein Ding. Aber der für ihn zuständige „Spieß“ trank gern über den Durst und wohnte ebenfalls in Münster wie wir. Der war ganz schnell bereit, meinen Mann zum „Heimschläfer“ zu erklären, da er dann abends von ihm nach Hause gefahren wurde, morgens wieder "mit seinem Rekruten" zur Kaserne (auch wenn er noch nicht nüchtern war!) …

Nachdem auch unsere Tochter auf der Welt und ebenfalls Schulkind war, sorgte der widerwillige Papa dafür, dass die Kinder schön brav jedes Jahr mir am Muttertag ein wenig halfen, für mich eine selbst gebastelte Kleinigkeit vorbereitet hatten. Natürlich fand auch Christi Himmelfahrt - aber eher als Vatertag jedes Jahr Beachtung.

Nach 1980 schränkte sich das allerdings ein. Die neuen Nachbarn - wir hatten in dem Jahr gebaut und damit den Nachbarn den halben Garten genommen - waren sehr feierlustige Leute. Während ich von zuhause gar keinen richtigen Muttertag kannte, diente der Vatertag eher nur dazu, dass die Familie nach dem Mittagessen einen Spaziergang über Land in Richtung Handorf zu einem der ländlichen Gasthäuser machte, um dort leckeren Kuchen zu genießen, War ja schließlich kirchlicher und gesetzlicher Feiertag!

Auch die Familie meines Mannes feierte weder den einen noch den anderen weltlich angehauchten Feiertag. Seine Mutter verbrachte ihr Leben in einer geschlossenen Geriatrie, der Vater war Hausmeister in einer von katholischen Nonnen geführten Hauswirtschaftsschule. In beiden Institutionen stand an so einem Feiertag natürlich eher das Kirchliche im Vordergrund als eine Vatertags-Tour mit Bollerwagen und Bierkisten ...

Also sahen wir an Christi Himmelfahrt nun, wie sich die männlichen Nachbarn mit Bollerwagen und Getränken zur gemeinsamen Tour über Land zu möglichst vielen Haltepunkten an diversen Kneipen (das erfuhr ich erst Jahre später, als die Bollerwagen-Tour mit den ganzen Familien auch am 1. Mai stattfand), die Väter auch noch ordentlich mit Schluck oder frisch Gezapftem die vom Wandern durstigen Herren versorgten. Die zugehörigen Damen und Kinder vergnügten sich in den Nachbargärten und wanderten zur Kaffeezeit zum nahe gelegenen Café-Haus am Waldesrand, wo sie zur Abendbrotzeit die wohl recht angeheiterten Herren erwarteten. Im nächsten Jahr waren wir in die Nachbarschaft freundlich aufgenommen und am Vatertag durfte mein Göga mitwandern. Prompt war er irgendwo dann bereits so alkoholisch geladen, dass er gar nicht bemerkte, wie ein diebischer Kellner ihm sein Portmonee aus der Hosentasche klaute …

Seit diesem Jahr gab es für ihn jedes Jahr die gemeinschaftliche Vatertags-Tour. Ich aber bekam zum Muttertag zu hören: „Du bist doch nicht meine Mutter!“ Ob die Kinder daran dachten, blieb ihnen überlassen – aber sie dachten treu daran.

Anfang der 2000er Jahre zog die große Familie nebenan in ein eigenes Haus am anderen Ende unserer kleinen Stadt. Dort meinen Mann dann mit „Flüssignahrung“ hinzufahren, das wollte er nicht. Wir zogen es dann vor, „unsere Insel“ Borkum für eine halbe Woche zu besuchen. Er sah das immer als Geschenk für sich zum Vatertag, die halbe Woche Inselurlaub kam uns oft genug vor, als seien es glatt zwei Wochen gewesen.

Dass allerdings auch der 13. Mai unser standesamtlicher Hochzeitstag war, vergaß mein Ehemann nicht nur geflissentlich! 2005 wurde er peinlich daran erinnert: Wir waren in dem Jahr im Campingwagen unseres Sohnes auf dem Campingplatz Norddeich. Plötzlich tauchte der Platzwart auf und überreichte mir mit einem Glückwunsch einen dicken Blumenstrauß – von meinem Schwager, dem Bruder meines Mannes, ausdrücklich mit einer Karte für mich! Der hatte unseren Hochzeitstag auch nach 40 Jahren nicht vergessen – mein Mann schnappte sich beleidigt sein Fahrrad und verschwand für ein paar Stunden ...

Dass auch 1999 und 2010 der 13. Mai sowie in einigen anderen Jahren auch der 17. Mai natürlich in diesen Kurzurlaub fiel (beides die Daten unserer Hochzeitstage), ließen wir aufgrund der Entscheidung meines Mannes, uns gegenseitig seit unserem Hausbau nichts mehr zu schenken, außer acht. Meist hatte ich ja schon den Urlaub geplant, gebucht, bezahlt, beide Koffer gepackt – weil ich unbedingt wenigstens einen mir gefallenden Kurzurlaub haben wollte, sonst wären wir überhaupt nicht in Urlaub gefahren. Sein / Unser Garten war IHM wichtiger, und länger als eine halbe Woche von zu Hause weg akzeptierte er nicht – die armen Blumen! – über 30 zusätzliche große bepflanzte Blumentöpfe am Terrassenrand würde unser Sohn nicht gießen!!! Dabei - so oft wir auf Borkum über diesen Feiertag auch bereits sonniges Sommerwetter erlebten, erfuhren wir doch zuhause, dass dort durchaus Regenwetter das Geschehen über den Feiertag beeinträchtigt hatte. Vertrocknet sind die Blumen in dieser halben Woche jeweils bestimmt nicht.

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Kommentare (1)

nnamttor44

Für Eure zustimmenden Herzchen, liebe Leicht55, liebe HeCaro bedanke ich mich sehr.

Uschi


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