das amerikanische Kleid aus dem Care-Paket......


...eine Mitteilung von der Stadtverwaltung erreichte mich.
Die nächste kam vom Vormundschaftsgericht, daß bei ihnen ein Paket aus Amerika vorgesehen ist und ich das bitte abholen sollte.
Ich war erstaunt und wußte damit nichts anzufangen ???
"Böhmische Dörfer" taten sich auf.
Ich fragte bei meinen "neuen" Eltern nach, aber die zuckten mit den Schultern.
Omi tat ganz geschäftig und murmelte: na vielleicht schicken se dir Bohnenkaffee damit de geisig rege wirst.
Ich verkniff mir jeden Text und beschloß dort hinzugehen.
Am nächsten Tag verbündete ich mich mit meiner Freundin und wir gingen einen längeren Weg nach Hause, eben übers Vormundschaftsgericht, doch leider hatten die noch Mittagspause.
Das steht schlecht - schon eine viertel Stunde zu spät nach Hause kommen, das versprach Ärger. Und so war es auch.
"Isolde hat sich den Fuß verknackst"!
Also mußte ich zu Isolde rüber - 3 Haustüren von mir entfernt und beichte ihr und ihrer Muter, was ich Zuhause gelogen hatte.
Das war nicht schlimm - Mutter meiner Freundin nahm die Sache in die Hand. "Was habt ihr morgen in der ersten Stunde"? -
Religion.- Dann ist die Sache einfach, ich schreibe Euch beide eine Entschuldigung für die erste Stunde aus. -
An nächsten Morgen, wie immer aus dem Haus und auf halben Weg die Richtung gewechselt und die Zeit wurde knapp.
Wir dort in das Amt und wurden gleich mit Überschwang begrüßt - ja endlich- wir haben schon so oft deinen Vormund angeschrieben, was ist denn los?
Was sollte ich sagen? - ich stotterte von Schule und in Nachhilfestunden für französisch rum, meine Freundin sprach dann noch von Turnverein usw. usw.
Dieser Herr, der sich als mein zweiter Vormund von amtswegen ausgab,
der gab mir noch einen Rat.
- wenn du Schwierigkeiten hast, dann komm zu mir, denn die Monatsberichte von deinem Onkel, die sind sehr positiv. Und die Zeugnisse der Schule sind doch wirklich gut. Vor mir brauchst du dich nicht zu fürchten - Ich passe auf dich auf - du mußt dich nur melden.
Diese Gespräche zogen sich in die Länge -- die erste Stunde war schon um.
Isolde schob ihm den Entschuldigungszettel von ihrer Mutter über den Tisch und er zog die Augenbrauen hoch.
Er nahm das Telefon und rief die Direktorin unserer Schule an, sprach ein paar Takte mit ihr und das Thema war erledigt.
In der Klasse erwartete uns der Mathe-Lehrer, ein ungeliebter Mann,
stellte sich in Positur und bellte uns an: sofort ins Direktorat.
Wir gingen nicht, wir schritten............
Dort angekommen, stand die Direktorin schon empfangsbereit vor uns und lächelte uns an.
-na ihr beiden, habt ihr keine andere Möglichkeit gesehen, als die Mutter von Isolde auch noch mit reinzuziehen? - Nee, war unser einstimmiger Kommentar -
Isolde war ein Plappermäulchen und erzählte dann, wie sich mein Alltag so gestaltet und daß sie und ihre Mutter eigentlich den Turn-und Schwimmverein für mich durchgeboxt hätten.
Isolde wurde dann zur Klasse geschickt und ich durfte ihr erzählen, was mein Alltag so bietet. Sie blätterte währendessen meine Schulakte durch und verstand die Welt nicht mehr.
Moni, sprach sie, ich habe eine Idee.............
Jedenfalls schleppten wir dieses Care-Paket nach Hause und Omi führte Regie.
Nun mach schon auf........ich wußte ja auch nicht was drin ist?
Ein großes blaues Duschhandtuch - Kakao - Milchpulver - Schokolade -und ein kariertes Kleid mit weißem Spitzenkragen.
Ich schlüpfte in das Kleid, das war zu lang. Es paßte nicht, wurde beschlossen und somit war es weg.
Für alle Ewigkeiten blieb es verschwunden, bis ich es nach Jahren bei Omi in ihrem Schrank entdeckte. Das war nach ihrem Tod, als wir die Wohnung ausräumten........zusammengeknüllt zu einer Rolle.
Leider lag kein Zettel drauf, doch ich hätte einen Text gewußt.
Ungefär so: sowas brauchen wir nicht, schließlich ist mein Schwiegersohn Ingenieur und nicht Bäcker.
das war das Kleid.............
und demnächst die Idee der Direktorin.




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Kommentare (5)

Traute das ist wieder ein Lebenslehrstück.
So musste man sich durch winden und stellte dann
erstaunt fest, dass man den anderen Menschen durchaus auch
etwas Wert war.
Mit freundlichen Grüßen,
Traute
finchen nach oben kämpfen macht doch Spaß und außerdem hat es den Vorteil, die Übersicht zu behalten und das bleibt ein Leben lang.
Liebe Grüße
das "obere" Moni-Finchen
samti oh ja, ein Care - Paket kam auch zu uns. Und was für eins. Als Nachthemd gedacht, sah ich darin ein Abendkleid und ging wirklich damit raus, allerdings am Tage, war ja noch eine Göre. Auch war darin eine Miederhose, total unbekannt für uns. Diese wurde meine Sporthose, die ich voller Stolz trug. Niemand hatte soetwas in der Art. Trugen wir doch diese angerauhten weiten Dinger. Himmel kam ich mir toll vor. Dein Schlußsatz gefällt mir sehr gut : "Wo ich bin ist oben" Bleib weiter da. Liebe Grüße schickt dir Helga
finchen bei mir war das noch viel früher. Muß so '55 gewesem sein -ich war noch nicht lange im Westen, aber als Vollwaise bei der Stadt eingetragen, die auch meine Schulgebühr bezahlten. Das Gymnasium kostete damals noch Geld.
Meine Pflegeeltern bekamen meine Rente, von der Stadt noch meine Schulgebühr und ich verdiente mir mein Taschengeld mit Babysitten dazu. Und die Bücher zahlte ich teilweise von meinem Taschengeld. Die meisten bekam ich von der Schule gestellt.
Was will man mehr - nur dankbar sein, was ich jetzt ganz ironisch meine.
Ich bin meiner Mutter dankbar, daß sie ihre Schwester verpflichtete, mich in Obhut zu nehmen und mich mit einen Schwur belegte, auch mitzugehen.
Diese Sache war nicht ganz einfach - ich war von zu Hause weg..............
Traurig--alles weg von Heimat und vertrauten Personen, ich in einem völlig fremden Land und doch mit Zuversicht, ich war gerade 13 Jahre alt.
Ich habe das gemeistert, auch wenn oft die Tränen flossen ins Kissen bei der Nacht.
Ich wurde langsam stark in mir und bin gewachsen und schaffte alle Hürden, die mir als "dämliches Wesen" in den Weg gestellt worden sind.
Stark bin ich auch heute noch, trotz körperlicher Maleschen - wo ich bin, ist oben und sollte ich mal unten sein, dann ist eben umten oben- doch ich bin da.
Mit ganz besonders lieben Grüßen
das Moni-Finchen


EHEMALIGESMITGLIED63 Hi Finchen zurück in die Jahre der
Care-Pakete ich habe sie auch kennengelernt,
vor allen Dingen den schrecklichen Käse
das Milchpulver und die
Schokolade...aber ich fand damals alles Toll.
..vorallen Dingen Pakete aus USA
das war was besonderes..

ein Stück davon konnten wir zurückgeben
an amerikanische Soldaten 1963.....
.vielen Dank und lieben Gruß Begine

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