das dünne Mädchen......


... das dünne Mädchen mit dicken Sommersprossen auf der Nase, 9 Jahre alt, mit dunkelblauer Trainingshose
und braunen Schnürschuhen....
wird gesucht, sie ist verschwunden zwischen Törten und Mildensee oder Haideburg.
Wer hat sie gesehen, gefunden?
Meine Anschrift lautet: .......
So hing mein Steckbrief an den Bäumen rum.
Ich hatte mich im Wald verirrt. Mutti war auf einmal nicht mehr da und hilflos irrte ich herum.
Eigentlich waren wir nur auf Heidelbeer-Tour, mein kleines Eimerchen war voll.
Ich schrie nach Mutti, fluchte und mußte pieseln. Und was jetzt?
Ich setzte mich an einer Kiefer ab und aß die Heidelbeeren auf. Voll gestopft mit diesen Dingern und meinen Rückweg planend - nur wohin?
Langsam ging die Sonne unter, jetzt mußte ganz schnell eine Lösung her.
Was hatte ich gelernt: im Osten geht die Sonne auf, im Westen geht sie unter?
Im Wald nicht wirklich erkennbar und vermutete, daß wir im Osten wohnten. Ich lief und lief...immer weiter, das Dickicht wurde enger...nee, das war es nicht.
-Moni, du hast keine Angst, obwohl sie mir den Hals abschnürte, nein weitergehen.
Auf Geräusche achten - und bei jedem Schritt krächste etwas unter mir.
Ich muß die Mutti finden - und ich schrie wieder - niemand antwortete mir.
Meine Kräfte waren zu Ende und ich suchte nach einer Baumhöhle, so aus Wurzelwerk, in der man sich ein Lager machen konnte. Ging nach da und dort und merkte, daß ich mir den Weg nicht gemerkt hatte. Ich fand ein schönes ausgeschwemmtes Wurzelloch und dort
beschloß ich zu übernachten. Knickte mir aus dem Untergebüsch Zweige ab und baute eine Kuhle.
War es Schlafen, was ich machte? Ich hörte jedes Knistern im Wald. Zur Beruhigung kamen noch ein paar Heidelbeeren in den Mund.
Doch wo bleibt Mutti nur?
Ich sah sie im Wald herumirren und mich suchen, hörte nach mir rufen - doch jedesmal, wenn ich aufschreckte, waren keine Rufe da.
Hänsel und Gretel fiel mir ein....doch das wäre eine Schweinerei...
Das kann nicht sein, nein, das würde Mutti doch nicht tun.
Beim ersten Tageslicht war ich wach....und jetzt ganz langsam denken, so wie Opa immer sagte.
Mein Fahrrad? Das liegt an der Mulde - dort, wo wir in den Wald gegangen sind und hier sind die Kiefern ausgespült? Ich muß in der Nähe der Mulde sein.
Hurra, ich bin fast daheim. Der kleinen Anhöhe nur abwärts gehen und ich bin am Fluß.
So gedacht und auch gemacht...
Und aufeinmal roch ich sie - die Mulde mit ihrem extremen Gestank - und da floß sie auch, als ich das letzte Dickicht betwungen hatte.
Flußabwärts mußte ich gehen, daß war mir ganz klar und nun hatte ich es geschafft.
Das Fahrrad kam mir in den Sinn - hmmm - irgendwo muß es hier liegen.
Ich fand es nicht- es war weg- aber ich war auf dem richtigen Weg.
Ich fand alle Stellen, die ich kannte bis mir der erste Baum begegnete, auf dem die Suchmeldung stand: dünnes Mädchen mit dicken Sommersprossen auf der Nase......
Jett wurde mein Schritt noch schneller - so eine Gemeinheit - meine Sommersprossen
auf einem Plakat auch noch zu veröffentlichen!!
Voller Wut stürmte ich ins Haus hinein und wollte....
doch Mutti war nicht da.
Nur Tante Marianne nahm mich in Empfang: Moni...weiter kam sie nicht, sie brach in Tränen aus.
Aber nun war Mutti weg, um mich zu suchen....
Der Nachbar wurde hinterher geschickt, um nach ihr zu suchen.
Die ganze Nachbarschaft war in Aufruhr versetzt und suchte mich.
Und nun die Mutti....
Irgendwann kam sie nach Hause....das war ein Theater.
Heulend, schimpfend, glücklich - soviel Worte gibt es nicht.
Die Plakate wurden abgerissen.............
Ich war wieder daheim und das zählte.
Ein gückliches Kind, das sich zu helfen wußte.

mit waldigen Grüßen
Euer Moni-Finchen



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Kommentare (5)

tilli Du warst ja MUTIG. Ja aber alles ist gut verlaufen. So haben wir nach Jahren unsere kleine Finchen als Erzählerin gefunden.
Ja, du kannst gut erzählen.
Deine Blogs machen mir Freude.
Viele Grüße Tilli
christl1953 na Du warst aber auch ein sehr mutiges Mädchen ,sich so alleine im Wald zum Schlafen legen ? Und diese vielen geräusche rundherum zu hören.Da denkt man als erstes an die schlimmen Märchen Hänsel und Gretel und solche Schauergeschichten.Was ein Glück,daß Du wieder gesund und wohlbehalten zu Hause angekommen bist !Wie gut auch,sonst könnten wir hier nicht deine wunderbaren Geschichten lesen.
Hast Du sie wenigstens gesammelt ?Warum schreibst Du nicht in einem Buch darüber-das gäbe einen Bestseller mit wahren Geschichten. Den Titel hätte ich schon:Finchens Abenteuergescchichten !das sagt dir christl1....
velo79 Oh ja, ich kann es nachvollziehen, die Sache mit dem
Verlaufen. Ich habe noch jetzt eine ganzschlechte Orientierungbesonders im Wald. Wenn dann auch noch
ein Zweiglein knackt, rufe ich ganz schnell meinen Mann,
der in irgendeiner Ecke einen dicken Steinpilz gefunden hat. Ja, so ist das bei mir mit der Waldromantik.
Liebe Grüße
velo79
Traute Meine Güte, wer hat das nicht schon erlebt im Wald und keiner ist mehr zu sehen und zu hören und man ruft und eine nie gekannte Angst und Verlorenheit überkommt einen.
Das sollte auch nur ein Spaß sein, hier sind wir doch, riefen sie, aber für mich waren es nicht mehr die selben wie vorher.
So was macht einen tiefen Eindruck und dass Du Dir selber helfen konntest hat dich für das Leben mutiger gemacht.
Mit glücklichen Wiederfindgrüßen,
Traute
EHEMALIGESMITGLIED63
oh wie ich das nachvollziehen kann.
So in etwa hat sich bei uns auch eine kleine
Geschichte zugetragen.
Doch Du hast wieder einmal das Tagebuch der
Vergangenheit geöffnet, tief in die Seelentasche gegriffen.
Danke.
Manchmal wenn ich Jugendliche in Jogging-Hosen
rumlaufen sehe, denke ich an diese verhasste Hosenzeit.
ich liebte Röcke und Petticoats......
Begine(Begine)


ganz lieben Gruß Elisabeth

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