Das Ende des Single-Daseins


Neulich unterhielt ich mich mit meinem Kumpel Herbert über die Frage, ob er sich in seinem Alter – erstens – noch einmal eine neue Freundin „anschaffen“, und – zweitens – ob sie dann bei ihm, oder er bei ihr einziehen soll.

„Hast du denn schon eine bestimmte Dame im Petto?“ fragte ich.
„Nein!“ sagte Herbert. „Aber ich weiß wie sie aussehen und wie sie vom Charakter her sein soll! Da hab‘ ich ganz konkrete Vorstellungen!“

„Und wie sehen deine konkreten Vorstellungen aus?“ bohrte ich weiter.
„Na ja“, erklärte Herbert. „Sie soll nicht zu klein und nicht zu groß, nicht zu dick aber auch nicht zu dünn sein! Also weder eine fette Tonne, aber auch kein Hungerhaken. Eben genug, um sich daran festzuhalten! Du weißt schon was ich meine!“

„Und wie soll sie charakterlich sein?“ fragte ich neugierig.
„Da verlange ich ja garnicht soo viel!“ sagte Herbert großzügig. „Aber sie muss gut sein, und treu, und lieb natürlich, und verständnisvoll, kochen muss sie können, überhaupt den Haushalt sauber und in Ordnung halten, also das gehört ja wohl zu jeder anständigen Frau dazu, und die Lust am Sex darf sie noch nicht verloren haben, na ja, ich meine wenigstens ein bisschen kuscheln und knuddeln, unsereins ist ja auch nicht mehr der Jüngste…, also kurz und gut: Sie muss zu mir passen!“

„Und wie alt darf die neue Dame deines Herzens sein?“ warf ich ein. Herbert, der gerade 65 geworden ist und bereits seit drei Jahren ein ziemlich einfallsloses Singledasein fristet, überlegt einen Augenblick. „In jedem Fall muss sie jünger als ich sein!“ sagt er überzeugt. „Höchstens Neunundvierzig! Was will ich denn mit einer alten Frau?“

Ich machte mir so meine Gedanken über Herberts Ansprüche und sagte: „Und soll sie bei dir einziehen, oder möchtest du dich gerne in ein gemachtes Nest legen, oder willst du lieber getrennte Wohnungen behalten?“

Bei dieser Frage musste Herbert nicht lange überlegen: „Auf keinen Fall werde ich meine Wohnung aufgeben und bei ihr einziehen! In diese Abhängigkeit werde ICH mich nicht begeben! Da soll sie lieber bei mir einziehen; dann kann ich sie wenigstens verabschieden, wenn’s nicht so richtig klappen sollte, wie ich mir das vorgestellt hatte!“

Ich löcherte Herbert noch mit vielen weiteren Fragen, zweifelte schließlich am Gelingen seines ambitionierten Vorhabens und sagte: „Lieber Freund Herbert! Ich weiß nicht recht, ob es diesen Bäckermeister oder Konditor gibt, der dir diese maßgeschneiderte dumme Pute nach deinen Vorstellungen backt! Vielleicht solltest du dir die ganze Sache noch einmal durch den Kopf gehen lassen…!“ Damit ließ ich Herbert erst mal alleine.

Er grübelte eine Woche lang. Als wir uns wieder trafen, sagte er: „Weißt du, ich hab‘ mir das noch mal von allen Seiten überlegt: Warum sollte ich mir eine ganze Kuh zulegen, nur weil ich ab und zu mal Lust auf ein Glas Milch habe!“

Das klang irgendwie einleuchtend. Trotzdem gab ich noch zu bedenken: „Lieber Herbert, hast du aber daran gedacht: Auch ein Glas Milch steht nicht immer bei Bedarf zur Verfügung. Man muss es kaufen und bezahlen! Oder willst du es geschenkt haben und auf Almosen angewiesen sein?“

Mit diesen Überlegungen verabschiede ich mich für heute. Denn vielleicht seid auch ihr gerade dabei, euer Single-Dasein zu beenden und sehnt euch nach einem Glas Milch oder mehr.
Herzliche Grüße
Michael Kuss

(Es bleibt allen überlassen, diese kleine Geschichte als Satire oder als Realität zu sehen)

Anzeige

Kommentare (8)

ehemaliges Mitglied ach ist das ein schöner traum.
beste grüsse
helmut
pefrie Vielleicht hat Herbert auch ein wenig Glück
und trifft die "Liebe auf den ersten Blick"pefrie(pefrie)
rose42 Dein Freund Herbert ist zu bedauern! Er hat nicht kapiert, daß er bereits auf der Verliererseite steht. Mit 49 sind die Frauen längst selbstsicherer und wählerischer. Nur eine total Verzweifelte wirft sich so einem Egoisten an den Hals. Von Selbsterkenntnis hält der wohl garnichts!
rose42
ehemaliges Mitglied . aber, wie hier schon beschrieben: Satire und Realität, beides.
Toll geschrieben!
Frau hat - wenn man mal nachfragt - wohl gleichwertige Ansprüche.
Nur zu der Jugendlichkeit mag sie sich vielleicht noch nicht öffentlich bekennen, schade!
Gruß von Elbstromerin
lillii (Es bleibt allen überlassen, diese kleine Geschichte als Satire oder als Realität zu sehen)

als sowohl als auch an,

ebenfalls von Mann und Frau aus gesehen... nachdenkens - und überlegungswert.

LG lillii
ehemaliges Mitglied ja so sind sie, die Männer,
tun so als wären sie immer jung und der Nabel der Welt,
kann sein das es machbar ist, aber wir wissen ja,
dass sich einige da gewaltig überschätzen,
bei ihren Vorstellungen, sollten sie sich selbst einmal vor den Spiegel stellen.
tolle Satire, obwohl die Realität,
bei den Männern so aussieht.

Bemerkung: nicht bei allen Männern: geschmeichelt:
und das ist gut so.
finchen sehr schön hast Du die Situation dargestellt....ich bin fein raus aus dieser Situation...ich bin Laktose-intollerant. Und fühle mich wohl dabei, solange ich keinen Schluck Milch trinken muß bzw. anders übersetzt = ich lebe mit Lust alleine.
Mit lieben Ostergrüßen
das Moni-Finchen
zeitlose Wäre schön, wenn es Satire wäre, ist aber leider das wirkliche Leben, und der Wunsch nach einem Glas Milch rückt in immer größere Ferne.
Irgendwann sieht man es ein und richtet sein zukünftiges Leben danach aus.

zeitlose

Anzeige