das Forsthaus auf westlicher Seite..........


Ja, da sah ich es in der leichten Mulde, umgeben von Tannen im ganz freien Raum. Der Weg nach unten, gesäumt von Edeltannen rechts und links, eine Biege nach rechts und wieder nach links und so standen wir vor dem Hauptportal. Wir stiegen aus, alles erschien wie im Märchen oder wie im Traum. Die Doppeltür ging auf und der Förster schritt heraus, hinter ihm die Förstersfrau mit zwei Buben an der Hand. Für mich war das Revier gepachtet - es waren Buben in dem Haus. Onkel und Tante wohnten im angebautem Nebenhaus, der ältere Teil des Gebäudes, ohne Strom und fließend Wasser, im Forsthaus gab es auch nicht mehr. Ein Radio mit Autobatterie betrieben, das lockte jeden Abend runter und so saß man in der kleinen Stube und hörte den Weltnachrichten zu. Meine Mutter mußte wieder heim, damit es nicht auffiel, daß ich verschollen bin. Sie hat mich in der Schule wegen Krankheit abgemeldet, wobei ihr unsere Ärztin half.
Meine kleine Cousine wurde Ende Juni geboren, ein Schreihals der besonderen Art. Nacht für Nacht holte ich das Würmchen vorsichtig in mein Bett, das im Wohnzimmer stand. Tante und Onkel bekamen endlich mal Schlaf und waren hocherfreut, daß ich dieses Baby so gut betreute. Irgendwann waren die Ferien auch dort vorbei und man meldete mich in der Dorfschule an. Der kleine Försterssohn kam in die erste und ich in die zweite Klasse. Das hat mich doch schon irritiert, denn eigentlich gehörte ich in die Dritte, man sagte aber, daß ich Nachholbedarf hätte. Na gut, ich habe mich nicht gewehrt, es kam recht günstig, ich brauchte kaum was zu lernen. Der Försterssohn, der hatte viel zu büffeln, ich half ihm beim Schreiben und Lesen und wir haben immer ganz viel geübt. "Pappa" Förster kontrollierte immer die Hausaufgaben, was ich nun überhaupt nicht kannte, aber er bestand jedesmal den Kontrolltest. Der Große von den beiden, der stand schon über diesen kindischen Dingen, schließlich war er 3 Jahre älter als ich.
Der Kleine und ich, wir wurden Verbündete und heckten jede Menge Streiche aus. Der Große wurde zu unserem Opfer, der Arme, und wir lachten uns kaputt. Wir strolchten im Wald rum und bauten "Butzen", kletterten auf Bäume, besonders Kiefern, die es vereinzelt gab und pinkelten von oben runter, damit der Große nicht mehr raufklettern konnte. Wir mußten zwar auch wieder runter, das war egal, in der Nähe war ein Bach.
Und genau dort war ein Abrutsch im Gelände, das sah wie eine Mörtelgrube aus. Ausgesehen hat es wie gebröckelter grauer Ton und rutsche mit langen Zungen in die Kuhle ab. Ein Spaß, dort von dem Rand zu springen und in den langen Mörtelzungen zu landen und weitertreiben bis zum Grund. Der Große stand verzweifelt oben und schrie nach seinem Vater und wir entwischten nur und kamen unschuldig an anderer Stelle aus dem Dickicht wieder hervor. Tagtäglich war es ein Palaver, bis er endlich aufgab und uns in Ruhe ließ. "Papa" Förster schmunzelte vor sich hin, nahm mich in den Arm und nannte mich Derwisch. Ein Wort, das ich bis dahin nicht kannte, es wurde mir erst später klar. Doch geliebt hat er mich auf seine Weise und wir kamen miteinander, trotz aller Streiche, wunderbar miteinander aus.
Der schlimmste Streich, den wir jemals ausgeheckt haben, das war der mit dem LKW und Anhänger. Die Holzfäller kamen und schlugen nach Anweisung den Baumbestand aus. Die Stämme lagen dann irgendwo im Wald, sie gingen und die nächsten kamen mit den Rückepferden und zogen alles auf einen Sammelplatz. Jetzt war Baumstammspringen angesagt. Wir liefen und balancierten mit Höchstgeschwindigkeit auf den Baumstämmen rum, bis, ja bis uns "Papa" Förster erwischte. Der Große hatte wieder gepetzt. Aus war es mit der Freundlichkeit, wir hatten beide Stubenarrest. Auf dem Schulweg hatten wir genügend Zeit um einen Plan auzuhecken - der Schulweg war 3 Kilometer lang-. Wir kamen heim und sahen einen großen Laster mit Anhänger direkt vor dem Haus stehen, die Stämme waren schon aufgeladen, die Zugmaschine aber fort. Na gut, der schafft den Berg nicht mit beiden, kein Thema. Doch der Hänger auch voll geladen, den holt der garantiert morgen. Der Große schlich ums Gelände, wir sahen ihn und schon war der Plan geschlossen, der kann uns mal - der Anhänger verliert Luft in seinen Reifen. Den Großen weiträumig abgelenkt, der rannte hinter einen her und der andere schraubte inzwischen an den Ventilen, dann war der andere wieder dran, letztendlich lief er ständig hinter her und konnte auch bestätigen, daß er uns nie zusammen gesehen hat. Wir gingen schmunzelnd in die Schule und freuten uns auf das Gesicht, wenn der Fahrer seinen Hänger holte und auf den Ausdruck von "Pappa", daß der Große so gut aufgepaßt hat. Der Große bestätigte dann auch noch, daß er uns nie am Anhänger gesehen hatte. Das war dann wirklich ein Drama für die Holzabfuhr, aber dennoch, dieses Geheimnis haben wir vor 5 Jahren mal gelüftet und sind dennoch gute Freunde geblieben.
Und jedes Jahr treffen wir uns noch - bei dem ehemaligen Schreibaby - meiner Cousine - die inzwischen zu meiner Schwester geworden ist. Und die nächste Geschichte vom Forsthaus...........da sind die Zuckerrüben dran.

Euer Finchen

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Kommentare (2)

omasigi man kommt gar nicht aus der Spannung heraus und schon
kuendigst Du uns die naechste abenteuerliche Geschichte an.
Das ist gut so.
gruessle und danke sagt
Sigrid
Traute Das alte Försterhaus, dort wo die Tannen stehn...
Das war sicher mit Deine schönste Zeit.Ein bisschen Abenteuer ein bisschen Mutproben und ein kleines bisschen Gruselei, das war doch unser Leben.Das Radio, war in der Zeit das spannende. Ich entsinne mich wie wir im Schummerlicht saßen und alle einen Hörkrimi anhörten.Es war eine so gruselige Geschichte, das ich mich anschließend nicht getraute die Beine aus dem Bett zu strecken und zur Toilette zu gehen.Die Angst das darunter eine Hand nach mir greifen würde... So war die Phantasie von Kindern zu beeinflussen.
Das Du Dich der Kleinen so angenommen hast, hat Dich später zu so einer guten selbstständigen Mutter werden lassen. Ich habe mich auch an meine Halbgeschwister üben können. Und wie ich sie geliebt hatte.Heute sind es nun auch schon Grauköpfe geworden und haben ihren Platz im Leben gefunden.Aber damals, die Windeln, das Brei kochen Möhren reiben und auspressen...Eine Puppe hatte ich nie. (außer in Ostpreußen eine Kleine aus Zelluloid.Aber die lebenden Puppen waren doch noch viel schöner zum Puppeln.
Schöne wahre Geschichte, ich bin auf das nächste Kapitel gespannt,
mit lieben Grüßen,
Traute

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