Dem gefallenen Bruder (1974)


Verzeih mir,dass ich heute dich vergaß
Sie hielten alle mich so sehr gefangen
die Lebenden,für die du bist gegangen
obwohl kein einziger dich je besaß.

So konntest keinem du verloren gehn
von denen,die dein Opfer nicht mehr spüren
Mit Trägheit schloss die Zeit zu schnell die Türen
durch die wir beide zueinander gehn.

Jetzt lauf ich ziellos durch den milden Regen
der mühsam nur das heisse Land erfrischt
und denke an den Tag vor dreissig Jahren

Da kommst du zu mir auf vertrauten Wegen
und nichts hat die Erinnerung verwischt
was lieb uns war seitdem wir Kinder waren.
(Gedenktag,15. Nov.09)

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Kommentare (6)

immergruen die solche Erinnerungen hat, wird es nicht mehr lange geben.
"Moderne" Kriege fordern auch schon wieder Opfer und die sind, wie jeder unnatürliche und frühe Tod,
unnötig. Vergessen sind sie, auch dank Deiner Verse, nicht.
immergruen
ehemaliges Mitglied Das Schicksal der Gefallenen (und ihrer Angehörigen) bewegt mich, seit ich als Kind vor nunmehr sechzig Jahren das erste Mal auf dem Friedhof unserer neuen Heimatstadt nach der Vertreibung die Grabstellen der Kriegstoten erblickte und mir mein Vater Erklärungen gab.

"Die Zeit schloß Türen"... Wie zutreffend Du das formuliert hast! Das Geschehen, Nacherleben, ist in Deinem Fall wohl ein anderes, aber an der Gedankenschwere tragen wir gemeinsam ähnlich, wenn auch in unterschiedlicher Weise betroffen. Danke für diese Reminiszens!
LG *Ramires*
pelagia so sinnlos und ungefragt bleibt ein Schmerz und macht den Tod bitter.
Danke, dass du dieses Erinnern mit uns teilst.
ladybird Gedicht macht betroffen, Du hast es wunderbar verfasst,liebe Joan,und mir gefällt,daß Du es hier eingestellt hast,so manche Erinnerung an unsere Verstorbenen, werden beim Lesen,hier "lebendig",so geht es mir, danke und Gruß von Renate
ehemaliges Mitglied nach dem Lesen Deiner sehr berührenden Zeilen danke ich wieder einmal für die Gnade der späten Geburt.
Vergessen kann man die geliebten Menschen nie.
Liebe Grüße
Meli
ehemaliges Mitglied wie sollen Angehörige von Kriegsopfern je den sinnlosen Tod begreifen, den Väter, Mütter, Geschwister oder Freunde sterben mussten? Der Gedanke, dass sie in Ausübung ihrer Pflicht gestorben sind, weil Irre es so befahlen und niemand, außer den in ewiger Trauer lebenden Nahestehenden, sich mehr ihrer erinnert, lässt Tränen der Verbitterung in die Trauer tropfen.

Dein Gedicht im Gedenken an Deinen Bruder bewegt mich zutiefst.

Mit lieben Grüßen
Sigrun

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