Wäre da nicht der Monitor, das leisen Surren der Festplatte, oder mal ich selber als Spiegelbild, so wäre nichts. Und doch scheint es wichtig zu sein. Das vor mir, diese elektronische Maschine die mit mir aufsteht und schlafen geht, sofern ich die Taste drücke. Es gibt immer was zu drücken. Meine nicht das Händedrücken. Die Maus ist zu drücken, die Taste, der Schalter, oder die Störmaschine das Handy will auch gedrückt sein, zahlenweise und sorgsam, so sich nicht wer Unbekannter meldet und leicht verärgert zu verstehen gibt: Sie sind einfach falsch verbunden.

So bin ich wieder wie zuhause, da im Netz, wo man sein Feld souverän betreten und jederzeit verlassen kann. Es gibt kein Anklopfen, man meldet sich nicht an, man ist immer willkommen, da stellt keiner die Uhr und ich bin der Herr über die unzähligen Pixel die sich zu informativen Bildern, Zeichen und Wörtern versammelt haben. Ganz mir zu dienen. Der unbekannte Bruder, die unbekannte Schwester ist schon da, so nach 1984. Sie weben noch im Hintergrund, als virtuelle Wesen, sie wollen geweckt werden. Ein Spiel?
Ich bin mir meiner Bedeutung wohl bewusst, eine gesuchte Größe zu sein, die es sich gerichtet hat mit den Daten, mit seinem Konterfei wenn man sich getraut. Von seiner besten Seite aufgenommen. Man bemüht sich um ein bescheidenes Lächeln, mehr könnte schon zu viel sein, um nicht den Eindruck zu erwecken, man wolle sich lustig machen.
Hinter mir im Schrank verstauben die Bilder schachtelweise, oder warten auf den Scanner, auf ihre neue Bestimmung. Wen wird es wohl interessieren, das abgelegte Leben, das keines mehr ist. Nur mehr Papier. Aber was soll es, man kann es ja mal zeigen, es war doch schon was, so man das alles erlebt hat. Da waren sie alle, die einen begleitet haben, jetzt sind sie irgendwo und haben auch Bilder und Kopien.

Es wird Zeit dass wieder Leben reinkommt in das Eigene. Klicke auf "Anwesend" und was erscheint: eine Liste mit Ausrufzeichen in Gestalt seltsamer Wortgebilde. Geheime Zeichen, mehr oder weniger kreative Wortfindungen, auch Kosenamen, doch wer ist gemeint, der beste Freund des Menschen, wenn da steht: Bello! Oder wer kann sich etwas vorstellen unter "wiebein," oder "drufti18,"oder "miräne92" u.s.w. Betrete ich beim Arzt das Wartezimmer, so sind da Personen, mit Gesichtern, in denen man auch lesen kann. Der Herr in der Ecke mit seinen Linien nach unten. Na, ich tippe auf manisch depressiv. Aber was macht man gerade mal mit Buchstaben die irgendwer, auf die virtuelle Visitenkarte gesetzt hat? Ein Name im gewöhnlichen Leben hat Geschichte, steht im Telefonbuch oder ist schon bei Google verewigt. Nur diese Verlegenheitswörter die sich jeder grammatikalischen Gesetzmässigkeit entziehen, die gerade mal zum Unwort taugen , sind mir im höchsten Masse suspekt. Man sucht weiter. Schliesslich hat man auch wählen müssen, mit seinem Passwort, und mit dem Benutzernamen. Man benutzt, kostet ja nur ein paar Klicks, und wandert vielleicht weiter zur nächsten Plattform. Aber nein, da finden sich ja noch Bilder zum "dafranz" eine Trauerweide oder zur "eidielinde" ein Leiterwagen. So fehlen noch die Töne. Aber gut, alles zu seiner Zeit. So blühen viele weiter im Verborgenen gerade mal ein Schatten, da wo ein Bild sein könnte.

So einer den Wald vor lauter Schatten nicht sieht, so stolpert man weiter, wo einem gleich nebenan die neue Flamme oder umgekehrt der ideale Gatte in Aussicht gestellt wird. Nur, da ist noch mehr Vorsicht im Spiel und höchst selten erscheint da eine Gestalt, oder gar ein Gesicht. Die Leute stehen alle im Hintergrund obwohl vorne auch nichts ist, oder sie haben grad mal nicht hergeschaut - zur Linse. Wie immer, es bleibt spannend, wo die weniger guten Bilder, gut ausgewählt sind. Das Versteck-Spiel wird noch verfeinert, mit den Texten. So sie gerade begonnen haben etwas auszudrücken, oder zu erzählen, so sie schon wieder zu Ende sind. Erinnere mich an die Zeit der Begegnungen die schon zurückliegen. Man wagt es, die Dame einzuladen, man hat es leid dort zu suchen wo man doch nicht ist, und wo die andern auch nicht sind. Man will sich treffen, am besten in der Mitte des Weges. Wie sehe ich aus? Wie wird mein Gegenüber aussehen? Nicht auszudenken wenn wir uns verfehlen. Na also, ich trage Grau, zur gestreiften Krawatte. Ansonsten fällt mir kaum was ein, was mich vom Manne auf der Strasse wirklich unterscheidet. Ach ja, ich trage eine Zeitschrift, die Presse -alles Ton in Ton. Die Dame scheint sehr schüchtern zu sein, wo ich mir bis heute kein Bild machen konnte, ausser der Ansage ihr bester Freund wäre der Computer. Da kamen die ersten Zweifel auf. Aber, man will es nun wissen, die Zeit des Versteckens, der Fasching ist vorüber. Und sie fällt die Maske. Der Morgen bringt Licht in das vermeintliche Dunkel. Es melden sich erste Fluchtgedanken. Aber, man ist ja erzogen und so mache ich gute Miene zu der Bescherung. Und man wundert sich schon sehr, dass einem die Fantasie noch nicht im Stich gelassen hat. Die Wirklichkeit, die einem vor Augen tritt, ist oftmals der Fantasie weit voraus, wenn es auch umgekehrt zu sein scheint.
Ironimo

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Kommentare (2)

ironimo Den einen ist er wohl geschenkt,
den anderen kommt er nur so vor,
nur arm sind jene, die noch suchen,
gemeint ist der Humor.

wer nimmt sich ernst und so,
doch nicht einer der so spricht
wie dieser da, der sich nennt
Ironimo

Medea geschriebene Glosse, eingepackt in virtuelle Realität.
Virtuell und real, klafft da nicht ein Widerspruch?
Es ist die Fantasie, die beide wieder zusammenführt und hofft, sich
nicht zu sehr getäuscht zu haben, um dann "ent"- täuscht erneut
anderswo wieder einzutauchen in die unreale Welt des Netzes,
des www, das Wünsche und Sehnsüchte zusammenhält.
Und dann die Fotos, ja diese verflixten Bilder, die aus Mottenkisten
reaktiviert werden, Jahre oft
entfernt von der derzeitigen
Wirklichkeit......

Bist Du der Schattenmann Ironimo? Einer, sich sich auch versteckt im
lang wallenden Mantel, der jegliche Konturen vermissen läßt?
Also auch mit "Maske", obwohl der Karneval doch vorüber zu sein scheint?

M.


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