Der falsche Brief

Die alte Frau am Fenster
hält Ausschau nach dem Sohn,
den sie zum Abschied küsste,
vor vielen Jahren schon.

Ein Brief nur ist gekommen,
in dem geschrieben stand,
ihr Sohn der ist verschollen,
fern ab dem Heimatland.

Sie hadert mit dem Schicksal,
verloren all ihr Glück.
Endlos all ihr Hoffen,
nimmermehr kehrt er zurück.

Der Sohn zur Mutter eilet
als er Daheim aus fernem Land.
Ihr kummervoller Blick gebrochen,
der falsche Brief in steifer Hand.

   ©Wirius


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Kommentare (17)

Anabell23

Dein Gedicht berührt mich in besonderem Maße
lieber Wirius. Auch ich bin eine Betroffene, die
ihren Vater im 2. Weltkrieg in Rußland verloren
hat. Jahrelang warteten und hofften wir, daß er
zurückkehren möge.

Ich sah sie ebenfalls Zuhause ankommen, die aus-
gemergelten und zerlumpten Männer, halb verhun-
gert. Sie waren fast zu schwach um sich zu freuen,
daß sie es wieder nach Hause geschafft hatten.
Der Musik- und Gesangverein unseres Dorfes über-
raschte sie als Willkommensgruß mit einem Ständchen.
Mit zittriger Stimme und letzter Kraft bedankten sie
sich.
Ich war bei jedem dieser Ständchen dabei und hoffte
jedesmal auf's Neue, daß der nächste Heimkehrer doch
mein Vater sein möge. Leider kam er nie mehr zurück.
Und ich mußte bei jedem dieser Ständchen Rotz und
Wasser heulen und oft war ich das einzige Kind, das
immer hinterher lief.  Meine Mutter ist alldem fern-
geblieben.

Liebe Grüße
Uscha

Wirius

Hi Anabell

mein Vater kam auch aus Russland zurück, doch die Freude war von kurzer Dauer.

Gruß Wirius

protes

erinnert mich an die vielen kleinen theaterstücke
die um die weihnachtszeit bei vereinen gespielt wurden
heimkeher aus dem krieg
gruß vom hade

protes

im gegensatz zu deinem gedicht
sind die immer am weihnachtsabend
nach hause gekommen in die familie
und somit große freude

allerdings wegen den laienspielern
oft  nicht so sehr (lächel in erinnerung)

aber die gaben immer ihr bestes
 

Wirius

Hat man ihnen damit eine Freude gemacht? Bitte entschuldige diese Frage!.
Ich kann es mir nicht vorstellen.

Hab Dank für deinen Kommentar.

Gruß Wirius

HeCaro

Eine tragische Geschichte aus einer
schlimmen Zeit. Ich hoffe,  sie ist nur 
erfunden.

Liebe Grüße
Carola 

Wirius

Nein, es war eine wahre Begebenheit, ohne - happy end -. Kurz erzählt.
Der Sohn aus russischer Gefangenschaft nach Haus gekommen
hatte einen Wandersplitter im Kopf. Er starb wenig später an
dieser Verletzung.

Danke sagt Wirius

ladybird

Zu Deinem sehr tragischen Gedicht,
lieber Wirius,
fällt mir der Klassiker (Film) "Soweit die Füße tragen" ein,
auf diesen Heimkehrer warte eine ganze Familie...
doch diese Geschichte endet mit "happy end"
mit Gruß
ladybird

Wirius

Liebe ladybird,
Danke für den Vergleich, dieser Heimkehrer
kam auch aus Russland.

Gruß Wirius

 

Monalie

Auch ich habe soetwas erlebt,denn mein Vater war in Rußland in Gefangenschaft angeblich verschollen ! Dann stand er  vor der Tür,das Glück war wieder da !!!Es ist so sagenhaft was die Menschen gelitten haben , Hallo Wirius du sprichst mir aus dem Herzen ! Mona

Wirius

Hi Mona,

obwohl es schon lange her ist freue ich mich über deine positiven Zeilen.
Es ist schön so etwas zu lesen.

Lieben Gruß

Wirius.

ehemaliges Mitglied

Rückkehrer aus Gefangenschaft wussten häufig nicht, was sie zu Hause vorfanden, weil Briefe von dort nicht an sie weitergeleitet wurden. Ich habe als Kind schon mit ihnen gelitten, wenn die abgerissenen, zerlumpten Gestalten unwissend in den Heimatort einpilgerten.

Wirius

Wie Recht du hast, Oft fanden sie kein zu Hause mehr.
Ihre Fauen hatten sich längst mit einem oder auch vielen Besatzern eingelassen.

Gruß Wirius
 
 

ehemaliges Mitglied

Wie traurig und doch noch schön.
Ich hoffe für die Mutter,
dass sie ihr Glück noch fassen konnte.

Wirius

 Wirius sagt Dank und schließt sich deinem Wunsch an.

Lieben Gruß von Wirius 

silesio

   Eine echt schaurige Geschichte aus der vordigitalen Zeit!

Wirius

Hallo Silesio,
für uns ist es im Moment Vergangenheit,
für Milliarden schaurige Gegenwart.

Gruß Wirius


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