Gestern habe ich meinen Fernseher beerdigt. Kaputt, einfach kaputt, von einer Minute auf die andere ließ er mich allein. Ich brachte es nicht übers Herz, ihn einfach in den Müll zu geben, also grub ich im Garten ein tiefes Loch und ihn darin ein.

Es ging ein treuer Gefährte, der mich jahrelang begleitete, widerspruchslos für mich da war, der mich nie allein ließ. Er hat mich mit humorvollen Filmen getröstet, wenn ich einmal traurig war und mit nachdenklichen Themen wieder auf den Boden geholt, wenn es mir zu gut ging. Er hat mit Dokumentationen mein Wissen erweitert und mich mit Terra X ferne Länder und historische Ausgrabungsstätten besuchen lassen. Die Sportschau ließ mich zum Hochleistungssportler werden und im Großstadtrevier sorgte ich an der Seite von Dirk Matthies für Recht und Ordnung. In meiner Hochzeitsnacht zeigte er mir mit der Enterprise die Unendlichkeit des Weltraums und während der Zeugung unserer Tochter kämpfte ich neben Käpt`n Ahab gegen Moby Dick. Die Einschulung meines Kindes erlebte ich mit der Feuerzangenbowle, den 25. jährigen Hochzeitstag feierte ich ausgelassen mit der Flambierten Frau. Meine Gattin trennte sich von mir während des Rosenkrieg und zu meinen Gunsten entschieden die Richter Barbara Salesch und Alexander Hold. Fühlte ich mich einsam, rief ich beim Domian an und lauschte im Fernsehen meiner eigenen Stimme.

Seine Beerdigung war als ein feierlicher Akt geplant. Sämtliche Menschen, die ich kannte, sollten kommen, ihm die letzte Ehre zu erweisen. Doch als ich mein Adressbüchlein aufschlug, war es leer. Der Fernseher war mein einziger Freund.
© Kobold60

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Kommentare (5)

Gartenfee16 dieser Artikel ließ mich schmunzeln.Auch ich sehe eine Lehre in dieser Erzählung.Es stellt sich auch die Frage: Ist der Fernseher Ersatz für Freunde? Sicher sollte man über eigene Aktivitäten nachdenken.
Mir gefällt der Artikel,danke!
werderanerin und es ist wohl wirklich so, man sollte nicht zu sehr auf eine Sache fixiert sein, kann es doch passieren, dass man mal ganz allein dasteht und das wäre doch nicht der Sinn...

Kristine
Pan elle est acceptée!
Danke und Grüße,
Pan
Kobold60 Vielen Dank für Deine Worte, Pan, ich habe mich sehr darüber gefreut.

Doch, es ist eine Parabel, es tut mir leid dass ich Dich diesbezüglich korrigieren muss. Eine Parabel ist eine kurze Erzählung, die eine Lehre gibt und diese kleine Geschichte soll lehren, sich nicht zurück zu ziehen und sein Herz überwiegend nur an eine Sache zu hängen. Vor allen Dingen ist der Fernseher eine Metapher für einen Computer, der für nicht wenige Menschen - jung wie alt - der Lebensmittelpunkt ist und sie extrovertiert und einsam machen kann.
Pan hübsche und heitere Geschichte, die das Lächeln hervorzaubert.
Hast Du gut geschrieben.
Ich meine nur, als Fabel oder Parabel taugt sie nicht ganz ...
Grüße von Pan~

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