der Gespensterwald...


...verboten für uns Kinder und doch so nah gelegen.
Nur ein Hopser über das kleine Bächlein im Wiesengrund und dort stand der Wald, dicht und gemischt, fast undurchdringlich.
Zu Kriegszeiten lagen dort mal die Amerikaner und schossen auf die Russen, die auf den anderen Seite der Mulde lagen.
Vom Fenster aus, sah man die Mündungsfeuer blitzen - doch wie diese "Schlacht" ausgegangen ist, weiß man ja.
Irgendwann war wieder Ordnung eingekehrt und wir durften wieder draußen spielen - nur der "Gespensterwald" war tabu.
Warum und wieso vermochte uns keiner zu erklären.
Doch eines Tages wagten wir den Schritt, das Verbot zu hintergehen. Wie die Indianer schlichen wir uns über die Wiese an -der Letzte mußte immmer nach irgendwelchen Eltern Ausschau halten.
Doch es gelang und wir saßen im Gestrüpp am Rand des Gespensterwaldes drin.
Weiter jetzt, schaut mal da drüben, da geht ein Muldarm ab!
Uns jauchzte das Herz, da können wir im Winter ja auch noch Schlittschuhlaufen. Und das Wasser steht still, keine Gefahr dort einzubrechen.
Eine schöne große Ausbuchtung, fast wie eine Blase starrten wir an und das Wasser schwarz wie die Nacht.
Die Bäume ringsum standen dicht - von Unterholz kaum was vorhanden.
Eine gruselige Stimmung machte sich breit.
Wir fanden noch leere Patronen, sogar eine Pistole und allerlei leeres Dosenzeug.
Was machen wir mit der Pistole?
Weg damit - nach Hause durften wir die sowieso nicht mitnehmen.
Also abgemacht und mit ganz viel Schwung flog sie in den Muldarm rein. Und ein Schwur wurde abgelegt, zu niemanden ein Wort zu sagen.
Der Gespensterwald reichte doch schon.
Es war wirklich gruselig dort - still und kleinlaut wuselten wir zurück zum Waldesrand.
Unser "Späher" voraus, bis die Meldung kam: oben am Hang stehen ein paar Mütter rum.
Was nun? Ganz einfach, wir laufen jetzt bis zu dem Sumpf, wo die Sumpfdotterblumen stehen, dann merken sie nichts.
Auch gemacht. Schnell machten wir noch Beute und kamen fröhlich auf der Straße angetrabt und beglückten die Mütter mit Dotterblumen.
Doch Heidemaries Mutter sagte plötzlich: sag mal, was hast du denn alles in den Haaren hängen und in der Strickjacke drin?
Meine Mutter brachte es sofort auf den Punkt: ihr ward im Gespensterwald!
Die Frage, woher sie das wisse, war völlig überflüssig.
Dieters Vater gesellte sich auch noch dazu, die Oma von der anderen Monika kam auch noch an - wir waren umzingelt - es half kein Leugnen und Dieter plapperte, in den Fängen seines Vaters, nun erst richtig los.
Vati, Du weißt ja garnicht, was da noch alles liegt. Sogar eine Pistole haben wir noch gefunden! Und so weiter........
Blass und blasser wurden alle Gesichter und wir wurden klein und kleiner.
Die beiden anderen, die noch dabei waren, haben sich stillschweigend verkrümelt - ihre Mütter waren ja auch nicht dabei. Doch wir Vier bekamen auf offener Straße 1 Woche Stubenarrest aufgebrummt.
Ade, du schöne Sommerzeit.
Doch der Reiz in den Gespensterwald zu gehen, der hatte nie aufgehört.
Doch Dieter erstattete uns Bericht und auch sein Vater erklärte uns dann, daß dieses Gelände höchst gefährlich ist und darum
hatten es die Eltern zum Gespensterwald erklärt.
mit gespenstigen Grüßen
Euer Moni-Finchen





Anzeige

Kommentare (4)

finchen ja,ja - das waren schon Zeiten zwischen Elbe und Mulde.
Dessau liegt ja nun auch genau dort, wo die Mulde in die Elbe fließt. Erst die Amerikaner, die uns regelrecht verwöhnten und zwischendurch die Russen beharkten - doch dann war der "Wohlstand" vorbei und die Russen standen vor der Tür.
Nun hieß es bei jeder Gelegenheit:stoy
was soll's, einer Erinnerung ist es wert.
Hätte ich es nicht erlebt, wäre es mir auch keiner Erinnerung wert.............
mit ganz lieben Grüßen
Dein Moni-Finchen
finchen dieses "Sagen" war ja die Krux an der Geschichte.
Wir kannten das Zeug - Phosphor-Stabbömbchen aus dem Fahrradweg zu ziehen, daß war doch schon unsere Leidenschaft. Auf Munition waren wir ganz scharf, deshalb kam man auf den "Gepensterwald". Geholfen hat nur Stubenarrest.................große Pleite.
Unsere Hauswirtin schickte ich in den Wiesengrund um mir Lehm zu holen - saß auf unserem großen Balkon und knetete Panzer....die gesamte Ballustrade stand zum Trocknen rum.
Mutter flippte aus, und ich noch eine Woche mehr Stubenarrest.
Dann stellte ich mich auf Frösche um und nun war Ruhe im Karton.
mit quakenden Grüßen
die Frosch-Moni,
das Finchen
Komet ich stimme der Traute vollkommen zu, aber es ist trotzdem
eine schöne Geschichte die Du hier eingesetzt hast.
Auch ich habe die Mulde als Grenze erlebt.

Herzliche Grüße von Deiner Muldenfreundin Ruth.
Traute Schuld sind die Eltern, sie hätten sagen müssen, dass dort Munition herumliegt, die schnell explodieren kann.
Aber das hätte die Jungen noch mutiger gemacht dort hin zu gehen, wo es so gefährlich ist.
Noch besser wäre es gewesen, man hätte erzählt, wie das aussieht wenn eine Granate gezündet wird.
Man findet ja heute noch die Blindgänger, und sie sind immer noch gefährlich.
Dort wo ihr die Pistole rein geworfen habt, haben viele ihre
Altlasten entsorgt, als sie die Uniformen und ihre Statussymbole verstecken mussten.
Wer wird denn schon eine Fluss umleiten um das heraus zu holen?
Ja das waren Zeiten, ich konnte mit Hilfe der Karabinermunition Feuer machen. Gewusst wie, die großen Jungen hatten es uns gezeigt.
So war es mit den Kriegskindern und manchmal noch schlimmer.
Mit freundlichsten Grüßen,
Traute

Anzeige