der Scherenschleifer kommt..............


...man hörte ihn schon von der Ferne, wenn er mit seinem 2-rädrigen Karren auf dem Kopfsteinpflaster angepoltert kam.
Dann hielt er seinen Karren an, stütze ihn ab und nahm die große Handglocke in die Hand. Blitzblank war sie gescheuert und geputzt, das Messing stahlte mit der Sonne um die Wette.
Blimblimblim...der Scherenschleifer ist da!..,hallte es durch die Häuserschlucht.
Und im Nu bildete sich eine Menschenschlange, die alle Messer und Scheren zu ihm brachten.
Das Pedal vom Schleifstein begann zu rasen und der Stein drehte sich mit hoher Geschwindigkeit.
Bring mal einer Wasser für den Schleifstein her !!! waren seine kurzen Unterbrechungen und er überprüfte inzwischen die Schärfe des geschliffenen Gegenstandes.
Wir Kinder tanzten um ihn rum und sangen das "Scherenschleifer-Lied", dessen Text mir nicht mehr einfällt.
Die Straße, auf der wir uns befanden, war sehr lang. Und deshalb mußte er uns Kinder wegscheuchen oder kleine Erledigungen machen lassen.
Diesen Trick hatte er wundebar drauf: frag doch mal die Omi, ob sie noch ein Stückchen Brot oder Süppchen für mich hat!
Und irgendwie schaffte er es immer, daß er sein Mittagessen zusammen bekam.
Und vorallem bewunderten wir, daß er ohne Hände zu benutzen, das gereichte Brot einfach so in den Mund bekam und kauen konnte.
Diese Tischmanieren durften wir zu Hause nie ausprobieren, doch im Geheimen arbeiteten wir daran.
Und, fehlte ein Stück Brot, dann hieß es immer: aha, der Scherenschleifer war wohl wieder da?!
Wie eine Drohung klangen diese Worte und in die Augen traute man überhaupt nicht schauen....
So vergingen die Jahre mit dem Scherenschleifer und eines Tages war er nicht mehr da......
Er muß gestorben worden sein, wie Gerüchte behaupteten.
Wer weiß, heute denke ich an ihn.
mit messerscharfen Rückblick
Euer Moni-Finchen


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Kommentare (1)

Syrdal

...gab es einen solchen Scherenschleifer, ein armselig gekleideter, alter Mann mit zerfurchtem Gesicht. Wie alt er wirklich war, wussten wir freilich nicht, doch für uns Kinder mag er schon ein Greis gewesen sein. Aber er hatte jung dreinschauende Augen und sah mit großer Freude, wie wir staunend dem flinken Werk seiner Hände und den sprühenden Funken der Schleifscheibe folgten.
Irgendwann durfte er sein altes Handwerk nicht mehr durch die Lande ziehend anbieten, denn da war er ja von den (Ost)Behörden nicht kontrollierbar. Fortan wurden die Messer auf dem Bodenrand eines Tontopfes oder mit einem Stahlstab recht und schlecht scharf gehalten.
Aber - oh Wunder - vor wenigen Wochen klingelte es an meiner Tür und vor dem Haus stand ein ziemlich neu aussehender Kleintransporter, die Türen zum Laderaum weit offen. Ein Mann im blauen Overal fragte, ob ich Scheren, Messer oder auch ganze Bestecke zu schleifen hätte, auch mit Wellenschliff, er würde das umgehend erledigen.
Und nun liegen in meinem Besteckkasten frisch geschliffene Messer und ein an den Schnittflächen blitzendes scharfes Besteck. - Schön, dass es wieder einen "fahrenden Scherenschleifer" gibt, so wie damals vor etwa 65 Jahren. Manches was verloren ging kommt eben doch wieder und so werden Erinnerungen, liebes Finchen, manchmal wieder richtig lebendig. - Dir sei Dank für Deine hübsche "Erinnerung".


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