der Tag, an dem ich mich nicht traute................


ja, es war so, daß ich die Grenzöffnung hier in Bayern feierte, meine Koffer packte und am nächsten Tag verschwunden war.
Ich fuhr mit meinem Ascona- knallrot - durch die ehemalige Grenze ganz langsam durch. Ein unbeschreibliches Gefühl des Freiseins - ein Gefühl der Ausdrucklosigkeit. Die Tränen konnten kein Ende finden. Ich fuhr weiter - die Abfahrt, kurz vor meinem Heimatort ließ mich wieder stoppen, ich mußte nochmal die Luft aufnehmen - genau die, die mir immer fehlte.
Ein von Traurigkeit bestimmter Moment.
Ganz langsam bin ich die Straßen abgefahren, immer nur ein Ziel im Auge: die Bäckerei - dort wo ich aufgewachsen bin.
Eine Eisdiele war entstanden und der Gemüsegarten und das Hühnergehege war auch verschwunden.
Die Augen täuschten nicht - es hatte sich viel verändert.
Traurig zog ich weiter- mit meinem knallroten Ascona, dem inzwischen der halbe Auspuff fehlte. Einfach abgebrochen und peng, lag er auf der Huppelstraße.
Und dieses war mir sowas von egal - ich fuhr zu meiner Cousine hin.
Lautknatternd angekommen und siehe da, der andere Cousin war auch schon da. Der nächste Tag gehörte der Schweißarbeit - man wußte sich doch immer zu helfen in der ehemaligen DDR.
Und das Kerlchen schweißte und irgendwann fuhr ich mit einem perfekten Auto nach Hause - der Preis für diese Arbeit? Einmal im Westauto eine Runde drehen.
Und ab sofort wurde er zu meinem "Fahrer" eingestellt und wir durchsteiften "mein" Gelände. Ab in die Dübener Heide und weiter bis nach Zerbst. Dort, wo ich einmal in einem Kinderheim, laut Beschluß, meine Ferien verbringen mußte.
Und genau dort, fand ich einen Buchladen - ich kam nicht mehr raus - doch inzwischen hatte man mir den linken Außenspiegel abgerissen.
Verflucht nochmal - meine Heimat baute Aggressionen gegen mich auf.
"Ich bin doch eine von Euch" - verflixt und zugenäht - mein Zorn war groß. Mein Cousin fuhr mit aller Gelassenheit zurück - mach Dir nichts draus - es ist eben DDR und Du gehörst als Wessi nicht mehr ins Programm.
Ein Buch der besonderen Art: "Zille" mit Gedanken und Zeichnungen.
Noch nie gesehen in der DDR und ich kaufte alle Exemplare auf.
Diese Frau in dem Buchladen jammerte vor sich hin......aber nicht doch alle.....doch, ich tat es und bestand darauf.
Du hättest aber etwas solidarischer sein können - sprach mein Cousin.
Okay, ab sofort fahre ich mein Auto wieder selber!
Jetzt fanden intensive Gespräche statt.
Eine Form von Konfrontationen, in der die Welt aus gebratenen Hühnern
durch die Luft fliegen, wir duch Nichtarbeit unser Geld in den Hintern geblasen kriegen?
Aber hallo, diesen Cousin habe ich hier eine Arbeit vermittelt und umgezogen - und? Zu tiefst enttäuscht zog er wieder ab.
Das mußte jetzt mal sein - ich kenne meine Heimat hautnah und auch die Mentalität und wir lebten in zwei Welten, doch trennen wird uns nichts und niemand.
So, nun habe ich dieses Thema auch mal abgearbeitet.....jetzt geht es mir besser...
mit besonderen Zille-Grüßen
"ach, dann plasch doch"...
Euer Moni-Finchen

Anzeige

Kommentare (11)

ladybird daß man bzw.alle die "Luft abhalten" das Land ist in erneuter Hochwasser-gefahr

wir besuchten 2012 u.a. Grimma, die gerade nach 10 Jahren dieser Überflutung, eine Ausstellung in der Fußgängerzone hatten.
Und wieder sind die Helfer unterwegs in andere Bundesländer, denen auch das Wasser droht....
Wollen wir nur hoffen, der Regen möge unbedingt stoppen,
herzlichst Renate
ehemaliges Mitglied hallo finchen,
deine berichte, erfahrungen, beidrucken mich sehr, ich bin ein
richtiger "fan" deiner erzaehlungen geworden.
lg.basta/helmut
nixe44 wenn man nur gute Erinnerungen hat...

liebes finchen,
ich kenne meine Heimat nicht... nur von hören/sagen...
und doch trieb mich die Neugier, als es möglich war,
mein Heimatdorf in Polen aufzusuchen...

für mich war es ein Glücksgefühl als ich im Frühjahr 1989 mit Visum zu meiner Verwandtschaft nach Hamburg reisen konnte
... auch bei mir liefen damals die Freudentränen...

wenn ich auf dem Hamburger Bahnhof stehe(1bis2mal im Jahr) denke ich gern an diese Zeit zurück...

liebes Moni-finchen,
wenn ich demnächst in Dessau bin, grüße ich Deine Heimatstadt, ok...
lieben Gruß
Deine Moni-nixe
Komet Hier schicke ich dir noch zwei Bildchen von der Zwickauer Mulde von diesem Jahr. Dort ist sie etwas breiter als in manchen Ortschaften. Dort steht nämlich auch ein sehr interessantes Schloss.




Liebe Grüße Ruth
finchen mir geht es andersrum genau so. Ich stehe auch flennend vor meinem ehemaligen Zuhause, stocksteif und ohne einen Fuß bewegen zu können. Ich schrieb schon mal eine Geschichte: "Türen, die sich nicht öffnen lassen" - es wird wohl nie aus der Erinnerung verschwinden?!
Und trotzdem bin ich sowas von froh, daß ich jederzeit meine Mulde besuchen kann.
Ja, Helmstett, nach 7 Jahren mit Besucherschein - aber holla, das war ein Albtraum....
Ja, die Erinnerungen.....ein Scherz des Gehirns.
Sei ganz lieb gegrüßt und grüße mir die Elbe und Mulde..
ich schaue noch mal nach.
Viele Bussis für Dich
Dein Moni-Finchen
ladybird

lieb Moni-finchen, Dein Artikel ist lesenwert und alle Kommentare sind es ebenfalls....
ich habe diese "lebendige Geschichte" der Vereinigung unsereres Landes mit erlebt und ich freue mich immer und immer wieder darüber.
Besonders, wenn wir gerne und oft unsere neuen Bundesländer bereisen, diese Vielfalt an Natur--an Kultur--und Kunst,und lieben, netten Menschne die hinzu kamen, sind eine große Bereicherung,mir kommen dann die Tränen bei einer Fahrt auf der Elbe (dort oben) oder auf der Mulde,
es sind Berührungs-und Tränen der Dankbarkeit.
herzlichst Ladybird
PS.liebe Ruth:
über die ehemalige "Transitstrecke" fahre ich auch immer mit "Magengefühl"..
finchen ... die übernächste Generation wird nichts mehr kennen, wenn wir darüber nicht schreiben. Viel zu viel wird totgeschwiegen - man will es nicht mehr hören! Schade - es gehört doch auch zur Weltgeschichte. Ich habe hier ein Buch: Die DDR, chronologisch aufgelistet - ohne ein persönliches Wort - eine Chronik Deutscher Geschichte ab 1945. Prolog des Verlages: "...wie die SED-Führung die Wirklichkeit ihres Staates gesehen wissen wollte und wie auch viele Millionen DDR-Bürger tatsächlich gesehen haben."
Und wenn man dann als 13-jähriges Kind die andere Seite kennenlernt - nicht mehr "Bückware" kaufen muß und sich auch laut äußern kann - ja, ein traumhafter Moment.
Doch der Rest von DDR-Gebärden wird wohl immer in uns verwurzelt bleiben. Doch die Heimatliebe wird genauso in mir stecken bleiben.
Ob Rhein oder Mosel, wir sind überall zu Hause - besonders die Elbe und die Mulde haben es uns angetan.
Naja, nun fahre ich mal wieder zur Weser rauf......
sei ganz lieb gegrüßt
Dein Moni-Finchen
Dnanidref Ein wunderschöner Beitrag an die Vergangenheit, die wohl noch immer nicht aus den Köpfen ist und wohl noch weiter aufgearbeitet werden muss, dazu tolle Kommentare, besonders von Dir, Traute. Ich komme aus Niederschlesien und habe einen Teil meiner Kindheit dort verbracht und polnische Volksschule besucht. Unter den Polen wurden wir als Deutsche Schweine beschimpft (mein Vater war Slovenier) und in Deutschland (Bayerischer Wald) angekommen, waren wir scheiß Polaken. Obwohl ich als Grenzbeamter nicht in die damalige DDR fahren durfte, habe ich es doch immer wieder "heimlich" gemacht. Als die Grenze letztendlich fiel und wir an diesem Tag im 10km - Streifen auf dem Gebiet der ehem. DDR mit den Menschen die dort lebten, gefeiert haben, da war ich unheimlich glücklich, dass alles endlich so gekommen ist! Mein besonderer Respekt gebührt besonders diesen Deutschen dort und ich bin froh, noch ganz viele tiefe Kontakte dahin zu haben!
Komet ein paar wunderbare Zeilen hast Du geschrieben.
Wenn ich heute diese Tour über Helmstedt mache beschleicht mich immer noch so ein erdrückendes Gefühl. Vergessen kann ich es nicht. Und trotzdem bin ich mit meiner weitläufigen Verw. immer noch nicht im reinen. Es wird sicher noch dauern. Erst die nächste und übernächste Generation wird es verstehen.

Herzliche Grüße Ruth.
analyticus hallo traute,
deine zeilen sprechen mir aus dem herzen!!
lg.micha.
Traute Es ist eine Erkenntnis, das nichts bleibt, wie wir es in unseren Köpfen bewahrt haben. Alles geht seinen Weg weiter, auch wir verändern uns.
Ich habe mich in der DDR opportun verhalten. Musste mit meinen Kindern und dem Status geschieden, durch das Leben kommen.
In der DDR gab es keine Zahlungen vom Ehemann, es gab Alimente und das war es. Dann hatte jeder für sich selbst zu sorgen. Fand ich auch gerechter. Mein Halbbruder ist nach "Westrecht" geschieden, musste das Haus, das er Stein für Stein mit eigenen Händen aufbaute, anteilmäßig auszahlen, die Hälfte. Dann Rentenpunkte abgeben, weil er seine Frau nur halbtags hatte arbeiten lassen, war in der DDR schon erstaunlich und nicht üblich.
Das haben ja nicht wir veranstaltet sondern die 4 Alliierten, einschließlich Russland. Sie haben lieber die Hälfte ganz haben wollen als das ganze Deutschland nur zur Hälfte..
Daraus sind verschiedene Lebensweisen geworden, die wir nun staunend betrachten.Es wird sich angleichen , die Jugend ist schon anders. Es sollt uns zeigen, wie man die Menschen manipulieren kann.
Es wurde auf beiden Seiten ideologisch gearbeitet um den anderen Teil als menschenfeindlich hin zu stellen.
Das das Wirkung zeigte, ist nicht unsere Schuld.
Sehen wir uns gegenseitig mit Staunen an, aber nicht mit Hass, denn das haben die Verursache nicht verdient, dass sie sich jetzt noch amüsieren wie der kleine Mann sich gegenseitig den Hals umdrehen möchte , statt ihnen an den gierigen Hals zu gehen.
Wieder ein Stück aus der Geschichte, dort betrachtet, wo die Großen niemals hinsehen.
Das war wieder interessant. Ich habe auch geheult, als ich mit einem Herzbuben über den Vater Rhein fuhr, die Tränen liefen und liefen, gut das ich nicht fahren musste.Es war einfach himmlisch und unwirklich schön.
Mit freundlichen Ossigrüßen,
Traute

Anzeige