Der vierte Oktober


Ein besonderer Tag heute

Für mich war es vor einundfünfzig Jahren ein sehr wichtiger Tag.
Am Morgen des 4.Oktober 1959 begleiteten mich meine junge Familie, meine Frau und das ein halbes Jahr alte Töchterchen, zum Bahnhof der Schwarzwald-Stadt Villingen. Ich hatte einen kleinen Koffer mit etwas Wäsche dabei.
Der Zug kam von Offenburg die Schwarzwaldbahn herauf und nahm mich nach herzlichem Abschied mit bis nach Donaueschingen, in den Ort, wo zwei Flüsse (wie auch die Weser) einen ganz großen Fluss bilden: die Donau. Dort kletterte ich in den Zug, der von Freiburg im Breisgau heraufgekommen war, fuhr mit ihm in Richtung München. Er fuhr streckenweise da lang, wo ich mit dem Rad schon manches erkundet hatte. Er brauchte schon eine Weile, bis er, von einer Dampf-Lokomotive der Baureihe 18 gezogen, den Bahnhof in Fürstenfeldbruck in Bayern erreichte.

Auf dem Bahnhof standen ein paar Soldaten und sammelten junge Menschen ein, die so wie ich hier in die Bundeswehr eintreten wollten. Ich mokierte gegen den barschen Ton der Uniformierten, denn noch fühlte ich mich nicht im Dienst, aber man belehrte mich bestimmt und freundlich, dass ich bereits im Dienst wäre. Ein Bus brachte uns zu einer Kaserne, die so gar nicht dem glich, was man so in Kriegs- und Landser-Filmen gesehen hatte. Nun, später kam’s raus: ein Fliegerhorst, in dessen Areal nicht nur Flugschüler ausgebildet wurden und auch Stabsabteilungen der Luftwaffe lebten, sondern wir in Ausbildungskompanien das Laufen lernen durften.

Laufen zu lernen, da meinte ich doch auf meine Erfahrungen bei der Hitlerjugend zurückgreifen zu können. Anders die jungen Hupfer, die mit mir angekommen waren, die durchweg zehn Jahre jünger als ich waren. Und ich konnte die Strecken durchstehen, besser als die Penneler, die mit Wehwehchen den Drill abzukürzen glaubten. Ein Vierteljahr dauerte die Grundausbildung, dann schickte man unseren Haufen zur Technischen Schule der Luftwaffe nach Kaufbeuren. Dort angekommen, durfte ich das erste Mal nach Hause nach Villingen fahren, Familienheimfahrt zu Weihnachten.

Vierundzwanzig Jahre war ich bei der Bundeswehr. Diesen Job habe ich als Techniker gerne verrichtet. Und nach der Pensionierung habe ich noch reichlich daran profitiert, was ich da gelernt hatte.

Aber heute, am 4.Oktober 2010 ist für mich wieder ein besonderer Tag:
Ich habe den Vorvertrag für eine Wohnung in Berlin unterschrieben.
Ich weiß nun definitiv (blödes altdeutsches Wort!) Bescheid, dass ich nach etwas mehr als fünfundsechzig Jahren wieder zurück in meine Geburtsstadt komme.

Und heute Nachmittag fuhr ich mit meinem Spatz rüber in den Treptower Park. Wir wanderten durch das herabgefallene Laub, freuten uns über die Farbenpracht, die frische Luft und den tollen Schritt zum Umzug im November. Also geht es übermorgen noch einmal mit dem ICE nach Bayern, ich werde den Transportauftrag vergeben, werde packen und abbauen, noch einmal mit dem Spatz durch Bayern kurven und dann als Letzter die jetzige Wohnung verlassen, das Auto besteigen und vielleicht um Stunden vor den Möbeln bei der neuen Wohnung eintreffen.

Die einen feierten den 3.Oktober – ich möchte den 4.Oktober als meinen wichtigen Tag in meinem Leben anzeigen.

ortwin

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