Die Sache mit dem Nichts


Die Sache mit dem Nichts

Überliefert ist seit Eulenspiegels Zeiten: Nichts spielt in der Welt eine große Rolle, sagte Eulenspiegel, als er Nichts zu beißen hatte. So ein Motto zum humoristischen Vortrag zu Silvester 1869 im Radeberger „Norddeutschen Hof“, dem späteren „Deutschen Haus“. Und auch heute ist es oft noch so, dass man auf eine Frage, was denn sei, antwortet „Nichts weiter“. Also sogar Nichts, trotz Aufmerksamkeit und dazu die Aufforderung man solle weiter machen.

Der humoristische Vortrag in Radeberg vor nunmehr fast 150 Jahren begann so: „Betrachten wir einen jungen Mann, der seit vielen Jahren eine Lebensgefährtin sucht, aber immer vergeblich. Warum bleibt er so einsam? Was ist schuld daran? Nichts, rein gar nichts, tönt es uns als Antwort entgegen. Er hat nichts, er kann nichts usw. Er hat nichts, d. h. kein Geld, keine Haare, keinen Verstand, keine Güter, keinen Namen, keinen Fürsprecher, keine Liebenswürdigkeit. Er kann nichts, d. h. er versteht seine Gedanken nicht klar und so süß wie Sirup vorzutragen, er versteht nicht es nicht aus Nichts Etwas zu machen, vermag seine Schulden nicht selbst zu tilgen und hat dafür auch keine Ausreden, und erst recht kann er nicht seinen schlechten Ruf in Sonnenschein und Sternenglanz zu verwandeln. Mit einem Worte, er wird für einen Dämlack oder Strohkopf gehalten und das ist zwar etwas, aber eben Nichts! Darum bekommt er auch Nichts und hat nichts als Kummer, Sorgen, Angst, Not und Elend. Diese fünf negativen Eigenschaften sind schlimmer als das reine Nichts!“

Und ein junger Mann spricht: „Meine zukünftige Frau muss Fesch sein“. Darunter verstand man damals fromm, reich, jung, schön und anmutig. Doch die will doch jeder und man hat davon eigentlich – Nichts!
Auch in der Erziehung junger pausbäckiger Knaben gewinnt das Nichts an Bedeutung, denn bei ihrem Spiel im Freien oder bei ihrem Dasein in der Schule antworten sie oft auf die Frage: „Was machst Du da jetzt?“ – „Nichts“. „Und dein Bruder?“ – „Der hilft mir dabei!“ In der Schule mokiert sich ein Schlingel wohl gar wenn der strenge Lehrer, hier Schulmonarch genannt, ihm einmal ungebrannte Birkenasche zu kosten gibt. Mit diesem Begriff war damals ein Rohrstock aus Birkenreisern bezeichnet. Und darauf der Gescholtene „Ich habe nichts getan“. Darauf wurde doch vom erziehenden Vorbild oft gesagt „Eben, weil Du nichts gemacht hast!“ Das konnte alles sein und sollte ihn wohl auf die rechte Bahn bringen.
So war es früher mit dem Nichts.

Und heute?
Sagt ein leutseliger Bürger „Ich habe nichts gegen Beamte“. Und warum? „Die tun ja doch nichts!“ Ein weiterer stöhnt gerade: „Ich habe gerade Zeit, wo gibt es nichts zu tun?“ Im Bereich der Chefetage angesiedelt ist die Frage „Was tun sie gerade?“ – „Nichts“. „Nun dann sind sie entlassen, hier bin ich der Einzige der nichts tut!“ Und auch im heutigen sächsischen Landtag soll es schon im Pausengespräch zwischen zwei Politikern vorgekommen sein, dass der eine den anderen nach der letzten Rede zur Schulreform konsultierte: „Was sagten Sie neulich in der Plenarsitzung zum Thema Schulreform?“ – „Nun eher Nichts!“ „Können Sie mir bitte beim Formulieren helfen“.

Und wenn sie gerade diese Bemerkungen lesen, werden sie ja nichts anderes tun. So ist das mit dem Nichts, früher, gestern, heute und zukünftig. Ein gewisser Kulturwandel ist dennoch zu bemerken.

haweger

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