„Diebische Elster“ – eine lehrreiche Erfahrung

Autor: ehemaliges Mitglied

„Diebische Elster“ – eine lehrreiche Erfahrung

Eine Klassenkameradin in der Sexta, die mir mit ihrem Selbstbewusstsein sehr imponierte, verlangte eine Mutprobe von mir, wenn sie mich als "Freundin" akzeptieren sollte.
Im Kaufhaus sollte ich etwas "mitgehen lassen".
 
In einer großen gläsernen Schütte, entdeckte ich kleine Teddybären, die nicht größer als meine Handfläche waren. Ich stibitze einen davon, kam bis vor die Kaufhaustür und war vor Angst fast tot. Der Teddy brannte in meiner Hand.
 
Ich wusste ja, dass stehlen eine ganz schlimme Sünde war. Mir brach der Schweiß aus, als mir das bewusst wurde und geriet fast in Panik bei der Vorstellung, dass jeden Moment ein Polizist seine Hand auf meine Schulter legen und mich ins dunkle Gefängnis werfen würde.
 
Der kleine Teddy landete verstohlen im nächstgelegenen Mülleimer und die Klassenkameradin wurde nicht meine Freundin, bzw. umgekehrt, ich wurde nicht ihre Freundin.
 
Ich habe nach diesem Erlebnis sogar alles getan, um mit ihr nichts mehr zu tun haben zu müssen. Sie verließ auch irgendwann meine Klasse - ich weiß nicht, warum.
 
Etwas Gutes hat mir diese Mitschülerin mit dieser Mutprobe jedoch geschenkt:
Nie wieder kam ich in Versuchung, etwas zu nehmen, das mir nicht gehörte oder ich die Erlaubnis hatte, es zu nehmen.
 
Ich schickte diesem Mädchen in Gedanken immer wieder ein DANKE, wenn ich mich dieses Erlebnis erinnerte. - Greta


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Kommentare (6)

ehemaliges Mitglied

Mir fällt hier beim Mitlesen wieder einmal auf ... eigentlich bräuchte es gar keine Gesetze oder religöse "Gebote" ...
Jedes Kind, jeder normale Mensch hat das, was man altmodisch "Gewissen" nennt ... er macht vielleicht Fehler, aber weiß oder merkt zumindest sofort dass es FALSCH ist und wird es nicht wiederholen ...

Das wirkliche Problem sind Menschen, die z. B. von klein auf in einem falschen und problematischen Umfeld aufgewachsen und sozialisiert sind, oder - noch schlimmer - Menschen denen es einfach zu gut geht, die ausschließlich an sich selbst denken und ihr Gewissen bewusst übergehen in ihrem Wahn etwas besseres zu sein, anders zu sein um jeden Preis, zu demonstrieren dass für sie keine Regeln gelten ...

Wirklich von Haus aus böse sind nur sehr wenige Menschen (gibt es tatsächlich aber auch).

Christine62laechel

Liebe Greta,

Dein interessanter Beitrag neigt mich zu einem Geständnis... Als ich etwa sechs Jahre alt war, habe ich Bekanntschaft mit einem Mädchen aus der Nachbarschaft gemacht, im ähnlichen Alter. Wir besuchten uns einander, und spielten zusammen, am liebsten mit unseren Puppen.
   Eines Tages habe ich unter ihren Stoffstücken - jede von uns hatte ja viel davon, um kleine Kleidchen zu Nähen - ein Stück Gardinenstoff. Ganz einfach, weiß, es schien mir aber absolut prachtvoll, und für mein Puppenbett sehr gut geignet. Ich weiß nicht, wieso ich sie nicht einfach darum gebeten habe, oder vorgeschlagen, wir könnten einen Austausch machen. Kurzum, ich habe das Stück Stoff gestohlen.

   Meine Qual war der Deinigen ähnlich, liebe Grete, nur mir war es wahrscheinlich noch schlimmer: Ich war ja selbst auf die Idee gekommen. Ich brachte das Zeug in einem Handschuh (!) nach Hause, legte es auf das Puppenbett - und verlor sofort die ganze Lust, damit zu spielen.

   Paar Tage später war die Freundin bei mir. Ich habe über die gestohlene "Bettdecke" vergessen. Als wir dann in meine Spielecke gingen, hatte das Mädchen das Bettchen gesehen - und nichts gesagt. Ich weiß nicht, ob sie den Stoffstück nicht wiedererkannt hatte, oder so taktvoll gewesen, oder dachte einfach, dies wäre einem Stoffstück von ihr ähnlich...

   Als sie dann weg war, habe ich die mein kleines Gewissen brennende Sache ganz tief in den Mülleimer gesteckt. Ich glaube, liebe Greta, da haben kaum welche schweren Verbrecher ihre schlechten Taten so bereut, wie wir beide unsere Kindheitssünden. :)

Mit besten Grüßen
Christine

ehemaliges Mitglied

@Christine62laechel  
Vielen lieben Dank für deine Geschichte. Wer nie in ähnliche Versuchung geführt wurde wie wir, darf sich sehr glücklich fühlen.
Ich hatte mit meinen 10 Jahren damals diese kaum erträgliche Angst nd Pani empfunden und unsagbar lange Zeit später noch ein entsetzlich schlechtes Gewissen.
Herzliche Grüße - GretaRose
 

werderanerin

Wenn man bedenkt, dass ja heute unglaublich viel geklaut wird..., könnte man über deine Erfahrung schmunzeln...Ja, was einem nicht gehört sollt man eben auch nichts stibitzen.

Das damit eine angebliche Freundschaft verbunden werden sollte, ist schlimm genug aber es heilte dich vor weiteren Versuchungen,
die Rache würde auf dem Fuße folgen !

Kristine

ehemaliges Mitglied

Es ist gut zu merken,
dass es das Beste ist,
auf solche Freundschaften zu verzichten.

Lieben Gruss, Agathe 

Manfred36

Unsere kiapitalistische Gesellschaft besteht aus Dieben und Typen wie du. Nur spricht man ab einer gewissen Stufe nicht mehr von "stehlen". Das haben viele "Gretas" heute erkannt, die nicht nur Umwelt, sondern soziales Umfeld sehen.


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