Ein kalter Wintertag






Tief im Wald, wo die Bäume immer dichter werden, die Sonne keine Chance hat, bis auf die Erde hinunter zu dringen, da steht ein altes , kleines schiefes Häuschen, dass zerbrechlich wirkt, der Wind durch alle Ritzen pfeift, in dem es im Winter nie richtig warm wird.

In diesem Häuschen lebt ein alter Mann, der weiße Haare und einen langen grauen Bart hat.
Er geht schon ganz gebückt, als trüge er eine schwere Last, auf seinen Schultern.
Ein alter knorriger Ast dient ihm als Stütze.
Draußen ist es heute bitterkalt und der alte Mann, stöhnt und ächzt in seinem kleinen Häuschen.
Plötzlich hebt er den Kopf, lauscht angestrengt, so als ob er etwas ungewöhnliches gehört hätte, aber dann, streckt er seine krummen Hände wieder dem Feuer entgegen, dass in einem uralten Kamin brennt und ihm ein wenig Wärme verschafft.

Wieder hält der alte Mann inne, schaut sinnend in die Flammen, hebt den Kopf erneut, steht dann auf, geht zur alten Windschiefen Tür, geräuschvoll öffnet er die Tür, blickt auf ein kleines Mädchen nieder, dass ihn aus großen Augen anschaut, nur mit einem dünnen Mäntelchen bekleidet, streckt sie ihm die halberfrorenen roten Hände entgegen. In ihrem Gesicht glitzert es seltsam, als ob sie geweint hätte und die Tränen dann zu Eiskristallen geworden wären.
Der alte Mann schaut sie erstaunt an, hebt die Hand, winkt dem Mädchen zu, es solle ihm in die alte Hütte folgen, was es dann auch tat, sofort an das Feuer trat und die kalten Hände ausstreckte, sie rieb, um sie zu wärmen.

Da der alte Mann, schon lange in der Hütte, mitten im Wald lebte, hatte er das Sprechen verlernt, so reichte er dem Mädchen eine Tasse, in der sich eine dampfende, leckere Brühe befand.
Mit einem freundlichen Nicken nahm das Mädchen die Tasse entgegen und sagte;
Ich danke Dir sehr, denn wisse, ich habe einen weiten Weg hinter mir, komme von ganz oben, habe Dich sehr lange gesucht, aber nun endlich doch noch gefunden !
Der alte Mann schaute das Mädchen an, aus seinem Mund kamen nur unverständliche Laute, es hörte sich an, wie das leise murmeln eines Baches.
Es macht nichts, ich verstehe Dich trotzdem, aber wenn Du Dich anstrengst, kannst Du bestimmt bald wieder reden !
Denn ich, die von ganz oben kommt, wurde zu Dir geschickt, weil Du ein Gottesfürchtiger Mensch bist, der mit den Tieren des Waldes in Eintracht und Frieden lebt. Darum hast Du jetzt drei Wünsche frei, die ich Dir erfüllen werde, aber bedenke gut, was Du Dir wünschst, denn sie dürfen nicht Materieller Art sein! Das heißt: kein Geld, keine Reichtümer , aber alles andere, will ich Dir gerne erfüllen !
Der alte Mann schaute das Mädchen wieder verständnislos an, aus seinem Mund erklang nur ein murmelnder Ton.
Da nahm das kleine Mädchen einen kleinen Zettel, einen goldenen Stift, den es aus ihrer Manteltasche hervor holte, reichte beides dem Alten wortlos.
Der schaute verdutzt darauf, schüttelte sein weißes müdes Haupt, denn auch das Schreiben hatte er verlernt, zeigte mit den Händen auf seinen Mund, fuchtelte mit den Händen hin und her.
Möchtest Du vielleicht reden können ? Ist das Dein erster Wunsch ?
Der Alte nickte heftig und siehe da, dass Mädchen hob die kleinen Arme, ein heller Blitz zuckte auf.
Dicke Tränen tropften aus den müden Augen des Alten, auf den Boden der Hütte, ein Schluchzen, dass tief aus der Kehle des Alten Mannes kam schwang durch die Hütte.
Das kleine Mädchen ging zu dem alten Mann, wischte vorsichtig die Tränen aus seinem Gesicht und verwundert fragte der Alte;
Was ist das... was läuft mir da aus den Augen...!
Tränen sind das, antwortete das Mädchen....Tränen der Freude, weil Du wieder reden kannst... Das war Dein erster Wunsch, welches ist Dein zweiter, fragte ihn das Mädchen.
Nur ganz kurz überlegte der Alte, sagte dann ;
Ich wünsche mir, dass die Tiere des Waldes immer genug zu essen haben, dass sie nicht frieren müssen, in diesem kalten Winter......
Ach , sagte er , ich wünsche mir ganz einfach, dass es ihnen immer gut geht, dass sie keine Not leiden müssen !

Dein Wunsch wird Dir erfüllt, den Tieren des Waldes wird es von nun an, immer gut gehen, sie werden genug zum Fressen haben, sie werden nicht erfrieren, alles soll so geschehen wie Du es möchtest sagte das Mädchen und ihre Augen leuchteten so hell wie zwei Sterne am dunklen Abendhimmel.
Jetzt hast Du noch einen Wunsch sagte sie, möchtest Du ihn nicht für Dich verwenden ?
Der alte Mann schaute sie lange Zeit an, sagte dann;
Ach, ich bin schon alt, was soll ich mir wünschen.....dann verfiel er in tiefes Grübeln, bis er endlich sagte;
Nur eines wünsche ich mir von ganzem Herzen, wenn meine Zeit hier auf Erden abgelaufen ist, dann möchte ich dahin gehen, wo auch meine liebe Frau ist, mehr wünsche ich mir nicht ... seine Stimme klang traurig und wurde immer leiser.
Sei nicht traurig; sagte das Mädchen, bald schon, sehr bald wirst Du sie Wiedersehen !
Da wusste der alte Mann, dass seine Zeit hier auf Erden abgelaufen ist, er würde endlich dort hin gehen, wo auch seine geliebte Frau war, dieses kleine Mädchen war gekommen, um ihn zu holen.
Er hatte keine Angst davor, denn tief in seinem Inneren breitete sich Frieden und Ruhe aus, er atmete einmal tief ein und ein leiser Seufzer schwebte durch die Hütte.
Gut sagte er; dann habe ich nur noch einen Wunsch!
Ich wünsche mir, dass auf Erden immer Frieden ist, dass sich die Menschen nicht selber umbringen, sie sollen im Einklang mit der Natur leben und sie nicht zerstören, dabei tropften bei jedem Wort kleine Tränen auf den staubigen Boden der alten Hütte, sie sahen aus, wie winzige Diamanten und glitzerten im Feuerschein des Kamins in schillernden Farben.
Das Mädchen schaute ihn an und sagte;
Ich kann Dir fast alle Wünsche erfüllen, diesen Wunsch leider nicht, dazu fehlt mir die Macht, die hat nur unser aller Schöpfer, Du weißt was ich meine !
Dann habe ich keinen Wunsch mehr, denn weißt Du, ich habe mich nur darum in den Wald zurückgezogen, weil auf der Welt nur noch Neid und Missgunst herrschen, die Menschen böse sind, sich gegenseitig umbringen, ich das alles nicht mehr ertragen konnte !
Das Mädchen nickte; Möchtest Du nicht noch einmal Deine Kinder sehen , wissen was aus ihnen geworden ist, wie sie heute leben, wie sie wohl aussehen ?
Nein ,sagte der Alte; als vor vielen Jahren meine geliebte Frau starb, da haben sich meine Kinder um das Erbe gestritten, ich konnte das nicht ertragen, darum habe ich meine Sachen gepackt, mich auf den Weg in den Wald gemacht, immer tiefer hinein, bis ich dieses kleine Fleckchen fand.
Hier baute ich mir diese Hütte, seitdem lebe ich hier, ganz allein, mit den Tieren des Waldes....
Meine Kinder... ach, meine Kinder... sie haben mich doch schon lange vergessen, denn sie haben mich nie gesucht... Ihnen war es doch egal, was aus mir wird... Nur das Geld, dass war ihnen wichtig !!
Gut, sagte das Mädchen; lass uns ein wenig ausruhen !
Draußen am Himmel stand schon hell und rund der Mond.
Ja, lass uns ein wenig schlafen, denn ich bin sehr müde! So legte sich beide nah am Feuer nieder, kuschelten sich aneinander und schliefen ein.

Am nächsten Morgen standen alle Tiere des Waldes um die kleine, alte Hütte, denn der alte Mann war in dieser Nacht gestorben, friedlich in den Armen des kleinen Mädchens.
Aber über der Hütte, hoch oben am Himmel, leuchtete ein heller, großer Stern, den auch wir am frühen Morgen sehen können. Wir nennen ihn den Morgenstern und auf diesem Stern, lebt jetzt der alte Mann mit seiner Frau in tiefer Liebe vereint.
Schaut doch einmal, ganz früh am Morgen, hinauf in den Himmel, dann werdet auch Ihr ihn sehen..


Rhiannon (Linda)

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Kommentare (3)

omasigi wunderbar erzaehlen.
Ich war beim Lesen ganz gebannt oder wie nennt man das ?
Solche Geschichten in der Art sollten wir oeffters zu lesen bekommen.
Ich wuensche Dir ein schoenes Wochenende
omasigi
Rhiannon ja selbst erdacht, ich setze mich sehr oft auf eine Bank am Teich und dann kommen die Gedanken und die Worte fliessen wie von selbst, in mein Büchlein... Schon habe ich eine Geschichte oder ein Gedicht *lach*

Herzliche Grüße

Linda
Wolkenfee Gute Geschichte! Selbst erdacht? Wünsche dir ein schönes Wochenende Erika (Wolkenfee)

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