Eine Kaffeemaschine erzählt


Endlich haben sie aufgehört an mir herum zu schrauben, packen mich in ein Korsett aus vorgefertigtem Styropor und in eine mittelgroße Kiste.
Nach längerer Reise, in dieser dunklen Kiste, bin ich in einem hübschen kleinen Laden angekommen, und stehe nun zwischen vielen Kollegen. Aber nicht sehr lange. Denn schon einige Tage später kam ein Mann mittleren Alters, und nahm mich mit.
Nach kurzer Autofahrt hielt er vor einem schönen Haus mit Vorgarten und weißem Zaun, holte mich aus dem Kofferraum und trug mich hinein.
Das neue Heim gefällt mir! Ich stehe in einer hellen Küche, nahe dem Fenster, mit Blick auf einen gepflegten Garten.
Als erstes hat mich der gute Mann gründlich gereinigt und mit Wasser und Kaffeebohnen befüllt. Dann begann er mit der Programmierung, die ihn vor leichte Probleme zu stellen schien, obwohl er eigentlich einen kompetenten Eindruck auf mich macht. Letztendlich hat er meine Elektronik dann doch in den Griff bekommen. Seinem ersten Kaffee stand nun nichts mehr im Wege, außer vielleicht der Entscheidung, welche Art von Kaffee es denn sein soll.
Schließlich bin ich eine Luxuskaffeemaschine und biete außer normalem Kaffee auch noch Espresso, Latte Macchiato Café Latte, Cappuccino und, wenn es denn sein soll, auch heiße Milch oder heißes Wasser.
Etwas enttäuscht bin ich dann schon! Trotz meiner Fähigkeiten verlangt er nur eine Tasse „normalen“ Kaffee“. Das habe ich nicht erwartet. Aber egal, ich verrichte meine Arbeit ordentlich und bereite selbstverständlich auch einen „normalen“ Kaffee.
Mir scheint, dass Andreas, der Hausherr, keine großen Ansprüche an mich stellt. Aber wie sieht es wohl mit dem Rest der Familie aus? Da sind ja noch Ehefrau Claudia, Sohn Michael und Tochter Anne. Am kommenden Morgen soll ich sie kennenlernen
Noch etwas verschlafen tauchen sie nun nacheinander in der Küche auf.
Die Hausfrau wünscht einen Café Latte, die Tochter, wie der Vater, nur einen „normalen“ Kaffee, und Sohn Michael, heißes Wasser - ich wage es kaum zu sagen – für einen Tee.
Viel Zeit nehmen sie sich nicht für ihr Frühstück, sie stehen an der kleinen Bar, mir gegenüber, und trinken sehr schnell ihre Tassen leer. Nach einem kurzen „wir müssen“ verlassen alle das Haus, und ich bin mit Hansi, dem Kanarienvogel allein.
Der Tag schleicht langsam dahin. Ich sehe den Briefträger kommen und gehen, der Kaminkehrer kommt, klingelt Sturm, und geht kopfschüttelnd wieder. Er hat wohl schon öfter hier geklingelt und keiner machte ihm auf.
Katzen jagen durch den Garten, und in der großen Birke zwitschern die Vögel. Ein ruhiger Tag außer, dass Hansi von Zeit zu Zeit sehr schrill pfeift. Nun ja, Ihm ist bestimmt langweilig so alleine in seinem Käfig.

Gegen 17:00 Uhr kommen die Familienmitglieder nach und nach zurück, und mit meiner Ruhe ist es vorbei. Jeder will sofort einen Kaffee, selbst der Teetrinker vom Morgen.

Wenn sich das so fortführt, hoffe ich, dass man mich gut pflegt, und ich hier alt werden kann.

- agleh -

Anzeige

Kommentare (3)

agleh für die freundlichen Kommentare,
habt ein schönes Wochenende.

agleh
anncathrin vor meinem *inneren* Auge.... die Kaffeemaschine stehen, was sie fühlt, was sie empfindet....
Da muss ich mich direkt mal mit meiner Maschine austauschen.... sie ist nämlich auch erst grad zu uns gekommen
Danke für diese Schmunzel-Geschichte!

anncathrin
uschipohl Hallo Helga,

die Story ist spannend und witzig geschrieben, sie schenkt mir ein Schmunzeln, klasse.
Diese Kaffeemaschine hat sofort erkannt, wie wenig Zeit sich die Menschheit heutzutage nimmt...

ich bin begeistert, von deinen Worten, nicht von der Rastlosigkeit
herzliche Grüße
uschi

Anzeige