Eine Weinbratwurst zum Weinen


Eine Weinbratwurst zum Weinen
Vom Bratwurstschmaus früherer Zeiten
Klassischer kann man es wahrscheinlich kaum ausdrücken wie es 1903 im Radeberger „Schützenhaus“ geschah. Hier war ein Bratwurstschmaus der großen Radeberger Bratwurst, kreiert von Radebergs Fleischerdynastie Purschwitz, angesetzt. Groß bedeutete hier tatsächlich „groß“, denn das Originalgewicht lag bei 220 Gramm. Und so warb der Wirt des Schützenhauses mit dem Slogan: „Wer überall seinen Senf dazugibt, verpasst den Bratwurstschmaus im Schützenhaus!“
Die Bratwurst ist ja noch heute ein Klassiker des Verzehrs und spielt in unserer Region vor allem bei Volksfesten und größeren Feierlichkeiten eine Rolle. 2,7 Kilogramm je Kopf soll der gegenwärtige Verbrauch in Deutschland sein. Im Osten wäre er noch etwas höher als im Westen, so die Statistiker. Vor über 100 Jahren spielte die Bratwurst vor allem bei den angesetzten Schlachtfesten eine große Rolle und war nach dem Wellfleisch am Morgen, das eigentliche Abendessen. Praktisch jede Gaststätte in Radeberg und seiner Umgebung lud vor allem in den Tagen zwischen Weihnachten und Ostern zum Bratwurstschmaus. Einher damit gingen auch kulturelle Veranstaltungen der unterschiedlichsten Art, Im Glashüttenrestaurant des Wirtes Hentzschel hieß es um 1890 „Dankbar und ohne jeden Graus‘, ist der Große Bratwurstschmaus.“ Hier aß man immer mindestens vier davon und einen Aufhänger. Wer letztere Bratwurst essen wollte, die der Wirt kostenlos spendierte, musste ein Sprüchlein aufsagen. Und da ist z. B. überliefert: „Eine Bratwurst stimmt gewöhnlich den Genießer friedvoll und versöhnlich!“
Wenig versöhnlich ging es im April 1890 im „Deutschen Haus“ zu. Hier hatte man ein großes „Preis- Bratwurst-Essen“ angesetzt. Wobei es dabei nicht um Essrekorde ging. Nein, der Wirt hatte sich einen Gag ausgedacht. Die Bratwürste gab es in Form einer Lotterie „mit kleinem Preisaufschlag“. In zwanzig Bratwürsten der Sorte „Weinbratwurst“, einem böhmischen Rezept, bei dem zu dem Schweinefleisch, dem Speck und der grobkörnigen Schweinebacke, etwas Wein als besondere Note dazugegeben war, hatte der neue Wirt Friedrich Wilhelm Müller Geld dazugetan. Dieses war in Pergament in die Bratwurst gegeben worden. Der Hauptpreis von 5 Mark war eine Goldmünze von 1877. Als der Verkauf der Würste begann kam auch ein feiner Herr aus Bischofswerda dazu. Nun traf es sich, dass dieser in das Geheimnis der Bratwürste nicht so richtig eingeweiht war. Er erwarb zwei Stück und biss in die erste hinein. Auf das Pergament stoßend, spuckte er dieses auf den Fußboden aus. Obwohl ihn ein am Tisch Sitzender auf den Werbegag aufmerksam machte, dachte er zunächst gar nicht daran, das Pergament wieder aufzuheben. Als er begriff worum es sich handelte hatte der mitgebrachte Hund alles in Ruhe verschlungen. Ob bzw. wie er an das Geld gekommen ist, ist leider nicht bekannt.
So wurde dann beim Erzählen die „Weinwurst zum Weinen“ Gegenstand des Gesprächs. Jedenfalls soll diese Wurstvermarktungsidee in Radeberg nicht wiederholt worden sein.

haweger

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