einTag der Tränen.......


... den ich heute durchlebte.....
einen Tag der Öffnung der DDR und ihre Grenzen, ein Tag an dem ich 1989 wieder meine Heimat unbesorgt besuchen konnte, ein Tag, der mich durch den Tod vom Dackel "Finchen" auf die Nase traf.
Ist es nun im Angedenken ein schöner Tag oder ein Trauertag?
Ich behaupte einfach mal, der November ist generell nicht mein "Tag".
Doch mein "Finchen" liegt mir schwer im Magen...........
Ich stehe mit dem Herrchen im telefonischen Kontakt...und das Frauchen ist völlig fertig.
Okay, es ist nicht der erste Hund, den ich verloren habe....mein ganzes Leben hatte ich immer Hunde um mich herum.
Ich will jetzt nicht mehr weinen....ich sehe fern und dann ist der Mauerfall an oberster Stelle. Eine Zeit, die ich miterlebte und dazu auch was sagen kann.
Dieses Eingeschlossenseins- ein neues Wort kreiert? - so soll es sein.
Doch verflixt, ich mußte pinkeln und durfte nicht aus meinem Auto raus.
Rechts und links stand Gestrüpp, das geradezu dazu einladen könnte.
Doch nein, mir fuhr ein Auto nach...und spielte mit der Geschwindigkeit meines Fahrverhaltens.
Ich war ja schließlich aus der BRD. Doch geboren in der DDR.
Einen Kofferraum voller Lebensmittel zur Hochzeit meines Co-Co-Co-Cousins...........dem Sohn meiner Großcousine.
Selbst eine Schwarzwälder Sahnetorte hatte ich dabei.
Ich weiß noch, wie ich erfuhr, daß die Grenzübergänge geöffnet wurden.
Eine damalige Freundin meines Sohnes saß auf meiner Ofenbank und schaute Fernsehen.
Und plötzlich schrie sie nach mir......Moni komm, komm, komm schnell.....
Die DDR hat die Grenzen aufgemacht.............
Telefonbuch aufgeschlagen...der Ort Hof war der näheste Grenzübergang.
Nichts gefunden, doch die "Auskunft" half uns weiter.
Ich fragte nach, ob es wirklich stimmt, daß die Grenzen offen sind?"
Ja.....hurra, es stimmte....und ich packte meinen Rucksack und fuhr los.
Das Gelände an der Grenze war mir bekannt, doch ungewohnt war die nicht mehr vorhandenen Laufanlage, in dem man den Paß reinlegen mußte und erst weiterfahren durfte, wenn man zugewunken wurde.
Manchmal dauerte es Stunden.......doch es gelang immer.
Meine Großcousine staunte nicht schlecht, als ich plötzlich mitten in der Nacht, vor ihr stand.
Meine Frage: sag mal, hast Du nicht mitbekommen, daß die Grenzen offen sind?
Doch schon, aber meinste denn, ich glaube das?
"Nun schau mich an, ich bin einfach so rübergefahren!"
Ganz langsam....aber ganz langsam, kam es bei ihr an.
Hast Du einen Wunsch, wo soll ich Dich hinfahren?
Wir können, wir können....sag mir wohin?
Einer meiner schönsten Momente, die ich je erleben durfte.
Heimat, ich danke Dir, daß du wieder zu mir gehörst......
Euer Moni-Finchen






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Kommentare (6)

Syrdal
Die "silberne Erinnerung" an das mit weitem Abstand schönste Ereignis des 20. Jahrhunderts hat in mir so vieles wieder aufgerissen, was ich längst geglättet wähnte. Das damals Geschehene, das unmittelbare Erleben, wie eine seit Jahrzehnten geteilte Stadt plötzlich in seiner ganzen riesigen Größe durchwanderbar war, vom Müggelsee über Köpenick, Lichtenberg, Mitte einfach weiter nach Charlottenburg, Steglitz und Dahlem bis hin zum Wannsee und sogar auf der "verbotenen Brücke" hinüber nach Potsdam... ein bislang unvorstellbarer Weg, der - denke ich nur daran - mich noch heute in tiefem Erschauern sprachlos macht... und unendlich dankbar!

velo79 Ach ja, bei dieser Erinnerung liegen Trauer und Freude
ganz dicht beieinander. Das Leben ist oft so ungerecht.
In meiner Kindheit hatten wir zu Hause auch einen Hund
und ich erinnere mich, wie ich ihm täglich von meinen
Sorgen erzählt habe. Er hatte Zeit und seine Ohren gehörten mir. Er hat mich immer ernst genommen, so hatte ich wenigstens das Gefühl. Ich wollte Dir nur sagen, Finchen,
ich kann mit Dir fühlen und es tut mir auch sehr leid, was da passiert ist. Lass das Körbchen und das Spielzeug noch in Deiner Nähe liegen. Ich denke es wird Dir helfen.

Sei recht herzlich umarmt von Hanni und Heinz
Medea Meine liebe Moni,
seit vielen Jahren lese ich Deine Geschichten,
Erinnerungen an Kinder-, Jugend- und Erwachsenenzeit, Du
schreibst so lebendig, daß ich oft glaube, dabeigewesen zu sein. Von Finchen und der übrigen Rasselbande hast Du mir
häufig erzählt, Dein Herz hing an der kleinen Rabaukin und
sie wurde mir vertraut.
Deine große Trauer verstehe ich so gut, laß noch ein wenig
Körbchen und Spielzeug stehen, - Jettchen ist nun ca.
acht Jahre im Hundehimmel, ihr Körbchen verpackt im Keller.
Trauer dauert seine Zeit. Ein Stückchen wird bleiben.

Ich grüße Dich herzlich.
Deine Medea.

finchen Lieben Dank für Eure Resonanz, aber Ihr wißt doch beide, daß ich selbst in Freuden und gleichzeitig in Trauertränen stehe oder sitze.
Es war noch eine schlimme Nacht, in der ich regelrechte Alpträume hatte und nicht zur Ruhe fand.
Langsam hat es sich gebessert, nur das Hundespielzeug konnte ich noch nicht wegräumen - ich lasse mir Zeit....alles in einem Weidenkorb im Wohnzimmer.
Das Finchen hat ihren "Schlafplatz" direkt im Garten des Gutes gefunden und der Graf kümmert sich um die Pflege.
Die Gräfin hatte einen Nervenzusammenbruch und mußte in die Klinik...........
Ja, das Dackel-Finchen hat eine Lawine ausgelöst, eine der Trauer und Tränen.
So ist das Leben im Allgemeinen.
Seid herzlich gegrüßt und gedankt
Euer Moni-Finchen
ehemaliges Mitglied musst du deine erinerungen so schreiben das mir die tränen kommen.
helmut
indeed Deine hier niedergeschriebene Erinnerung berührt mich. Gott sei Dank ist es für jeden Bürger heute frei, Familienzusammenführung unkompliziert wahrzunehmen, sich gegenseitig besuchen können ohne staatliche Grenzen.

Ich empfinde selber es auch so, dass man ab einem gewissen Alter zu seinen Wurzeln gern zurück kehren möchte.

Schönen Wochenanfang und liebe Grüße an dich von
Ingrid

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