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 Sie war hart, mit Tintenfass,
Die Volksschulbank, auf der ich saß.
In einer Ecke: Bollerofen -
Ein Kleinod nach den Katastrophen.
 
´46 war´s, schon lange her.
Mein Lehrer hieß . . . – ich weiß nicht mehr.
Wohl, dass streng er war in Deutsch und Mathe,
Und auch noch einen Rohrstock hatte . . .(!)
(Bei einer 5 – sogar schon 4,
spielt´ auf dem Südpol der Klavier).
 
Auf  dem Zeugnis war zu lesen:
„K. ist sehr still und hier gewesen“.
Mutti ist ganz ruhig geblieben,
Und hat es wortlos unterschrieben. *)
Den Enkeln zeig ich´s  heut sehr gerne,
Jetzt, im Schutz der Zeitenferne.
 
Schiefertafel, Griffel, Schwamm,
Und - da vonnöten: Läusekamm.
Geflickte Hosen, Holzpantoffeln,
So manches Mal nur Pellkartoffeln.
Wie gern würd´ ich der Mutter sagen:
„Unerträgliches hast du ertragen!“
 
Die Väter vieler: Hingerafft.
Meiner: In Gefangenschaft.
Ich stimme ein: Nie wieder Krieg!
Weil: Tote gibt es selbst bei Sieg.
 
Die „Altentage“ sind gekommen,
Erinnerungen längst verschwommen.
Vorbei sind jene fernen Zeiten.
Doch auch die heut´gen Stress bereiten.
 
*) Fröhlich schreib ich mein Gedicht.
. . . Muttis Tränen sah ich nicht.
K.


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Kommentare (10)

ehemaliges Mitglied

Ein paar Jährchen habe ich wohl mehr vorzuweisen - trotzdem kann ich mich an die erste Schulstunde meines Lebens noch sehr gut erinnern: während die Mutter mit den anderen draußen wartete, hatten wir nur ein "Lernziel" uns gründlich anzueignen: den "deutschen Gruß" mit sehr gerade ausgestrecktem Arm!
elbwolf

protes

hallo calsu,
 kann nur unterschreiben
was du so schön und kurz
zusammen gefasst hast

herzliche grüße
hade

Tulpenbluete13

Lieber K.

Das Gedicht kann ich voll unterschreiben. ja so war es damals. Wenn ich das immer meinen Enkel erzähle (12.11.10.9)dann kännen sie es nicht glauben und lächeln mitleidig....

man wundert sich selber, daß trotzdem "was" aus uns geworden ist.

Das Gedicht war dem Morgenschmunzler des Tages. Ich habe es gern gelesen.

Einen schönen TAg wünscht Dir
Angelika

HeCaro

 1946 ist mein Geburtsjahr und in meiner Schule war
es fast genau so wie in Deinem Gedicht . Aber meine Erinnerung an die Kindheit ist nicht so schmerzhaft, wie die Deine.  Du hast Deinen Vater ja leider Krieg verloren. 

Du hast die Erinnerung an eine Zeit aufleben lassen,  Die sich ein Kind von heute nicht mehr vorstellen kann. 
 
Liebe Grüße
Carola 






 

ehemaliges Mitglied

Lieber Klaus,

ich kenne das nur aus den Erzählungen meiner Eltern aber die sich darum rankenden Geschichten und Gefühle habe ich bis heute nicht vergessen.

Meine erste Lehrerin hieß Fräulein Pfennigschmidt und sie war sehr lieb. Im ersten Schuljahr habe ich auch noch meine ersten Schreibversuche auf einer Schiefertafel gemacht aber dann folgte das Schreibheft.

Danke, dass ich Dein gelungenes Gedicht lesen durfte.

Liebe Grüße
Brita 

Muscari

Herrlich.
Dieses Gedicht gibt perfekt die alten Zeiten wieder.
Ich danke Dir.

"Die „Altentage“ sind gekommen,
Erinnerungen längst verschwommen".

Hier gestehe ich, dass trotz meiner "Altentage" die Erinnerungen hell wach werden.
Mit herzlichem Gruß
Andrea


 

ladybird

Hallo Calsu,
Du hast auch meine "Schulvergangenheit" wieder in meine Erinnerung gebracht,
danke für dieses berührende Gedicht
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herzlichst grüßt ladybird

ehemaliges Mitglied

Ein Stück Zeitgeschichte! Etwas, was sich heute kaum noch jemand vorstellen kann. Du hast es berührend in Worte gebracht.
Liebe Grüße
Elbstromerin

Willy

Stimm APet voll zu.

Anmerkung zu damals; Nach dem verlorenen Krieg waren sich die geschundenen Menschen einig; "Nie wieder Krieg und wer wieder eine Waffe in die Hand nimmt, dem soll sie abfaulen!"
Was geschehen ist bekannt …
b.G.
Willy

ehemaliges Mitglied

machen betroffen, deine Zeilen.
Schön in Worte gefasst. 

Lieben Gruss, Agathe 


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