Es war einmal - eine Nazisau?


Es war einmal - eine Nazisau?
Animiert von Pan's Blog Worte, die oft nicht ankommen!

Durch die zweite Heirat meines Vaters wurde unsere Familie auch durch die Geschwister unserer Stiefmutter bereichert – wie auch immer.


Aus ihren Erzählungen erfuhr ich, dass ihr erheblich jüngerer Bruder begeistert war, als er mit 16 Jahren zum Kriegsende 1945 „eingezogen“ werden sollte. Endlich sollte auch er den Feind bekämpfen dürfen – und die Familie war nicht nur sprachlos, sondern auch entsetzt.

Die Eltern, die Geschwister versuchten mit allen Mitteln den Jungen dazu zu bringen, sich nicht freiwillig zu melden. Das Kriegsende war doch bereits eingeläutet, viele Bürger hielten weiße Tücher aus den Fenstern, um der Siegermacht ihre Bereitschaft zur Kapitulation zu zeigen – aber der Halbwüchsige holte zornig die „weiße Fahne“ seiner Eltern wieder ein, wollte seinen Kampfgeist präsentieren. Das hätte vermutlich die ganze Familie das Leben gekostet.


Ich erlebte diesen Mann dann später in der zweiten Hälfte der 1950er Jahre als menschlich sehr friedlich, freundlich. Sein Beruf (Schriftsetzer bei der heimischen Zeitung) und sein Hobby (für die Zeitung fotografieren) führte ihn Ende der 1950er Jahre schon bald in die Schweiz und von dort wanderte er aus nach Windhuk.

Das Foto zeigt meinen Enkel in einem benachbarten Bereich der Firma meiner Tochter an einer alten Druckmaschine der vormaligen Zeitung.


Mein Onkel lernte seine Frau in Windhuk kennen, wurde wie sie Friseur, sie bekamen zwei Söhne und mussten gemeinsam Mitte der 1960er Jahren aus Windhuk fliehen: ihr erster Mann jagte sie quer durch Afrika mit dem Gewehr davon … Wieder in der Heimat eröffnete er mit seiner Frau in unserer Heimatstadt einen Salon.

Aber der ältere Sohn hatte Heimweh nach Windhuk. Die Sehnsucht nach Namibia, in den 1950er Jahren noch Südwestafrika genannt, führte alle vier wieder nach Windhuk, wo der Onkel Jahre später verstarb. Ein Sohn lebt noch heute dort. Von Naziansichten habe ich aus dieser Richtung nie gehört.

In diesem Mann, der als Jugendlicher noch so unmenschlich von der damals herrschenden Politik in der H-Jugend „verzogen“ heranwuchs, steckte keine NAZISAU. Weder lebte er dieses Anerzogene noch erzog er seine Jungs in diesem Sinne. Er hatte wohl Glück im Unglück, dass es ihm gelang, diese Gemeinschaftserziehung der Hitlerjugend im Erwachsenwerden nach dem Krieg wieder abzustreifen. Auch er hätte es nicht verdient, diesen bösen „Titel“ an den Kopf geworfen zu bekommen ...

 

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Kommentare (11)

nnamttor44

Auch allen "Herzchen-Gebern meinen Dank für Eure Zustimmung.

Uschi

Manfred36

Solch eine Druckmaschine stand in meinem damaligen Schlafzimmer. Ich konnte sie sogar schon bedienen, zusammen mit der alten Schreibmaschine, die mein Sohn heute noch hat und auf der ich autodidaktisch das 10-Finger-Schreiben lernte ("asdf-jklö").

nnamttor44

@Manfred36  
Die Schreibmaschinen, auf denen ich das "Tippen" gelernt habe, waren schon ein wenig moderner, aber der Anschlag war immer noch mit Kraft zu erledigen. Allerdings lernten wir - stets mit jeder Hand mit dem kleinen Finger beginnend - asdf - ölkj

Die obige Maschine steht immer noch in den restlichen Drucker-Räumlichkeiten des Besitzers und wird tatsächlich für Buch- oder Kalenderdrucke noch verwendet.

Meine Tochter hofft, in nächster Zeit von dem Zubehör Einiges als Ausstellungsmaterial in ihrem Schaufenster zu bekommen. Dürfte auch so manch Interessierten stehen bleiben lassen, um diese Teile genauestens in Augenschein zu nehmen ...

Dann kennst Du das ja auch denkt sich

Uschi

ehemaliges Mitglied

Danke für diesen Beitrag.
Ich hatte gehofft, dieses "unsägliche Wort" nicht mehr lesen zu müssen, doch du machst auf etwas so wichtiges aufmerksam!
Es ist furchtbar, was Kindern und Jugendlichen weltweit, durch Indoktrinierung und Manipulation aufgezwungen wurde und wird. Teilen wir die Erfahrungen und das Wissen, das nützlich ist, so etwas zu durchschauen mit ihnen. Ich halte das für außerordentlich wichtig.
Friedliche Grüße
WurzelFlügel

nnamttor44

@WurzelFluegel  
Danke für Dein Lesen und Deine Zustimmung

Uschi

Federstrich

Genauso ist es, liebe nnamttor, und zwar in jeder Diktatur. Pauschale Aburteilungen greifen zu kurz, denn die politisch-ideologische Indoktrination verfängt bei weitem nicht immer und bei allen gleich. Zum Tango gehören zwei. Zu unterschiedlich sind die Biografien, ist das jeweilige Umfeld, ist die individuelle Disposition und folglich die Tiefe und Dauer von vermeintlichen oder realen Prägungen. Die formelle Mitgliedschaft in einer Organisation allein ist keine notwendige Bedingung für eine entsprechende politisch-ideologische Signatur.

Was Klaus Hildebrand über das Dritte Reich notierte, gilt auch für die andere Diktatur auf deutschem Boden. In beiden gab es  "Begeisterte und Überzeugte, Opportunisten und Mitläufer, ‚innere Emigranten‘ und stillschweigende Abweichler sowie eine Mischung aus aller dieser Motive in einem...“. Soviel Differenzierung, auch wenn sie Mühe macht, muss schon sein.
Die Verrohung und Pervertierung der Sprache ("Judensau")  war schon unter den Nazis zu Recht ein Tiefpunkt des Denkens, der Sprache und der Ideologie. Wer heute von "Nazisau" und "Umweltsau" spricht, lässt die notwendige politische Hygiene vermissen.
Grüße von Federstrich
 

nnamttor44

@Federstrich  
Es ist wohl immer dem Menschen gegeben, seine Überzeugungen auch verbal zu vertreten. Aber niemand sollte seinen Verstand diesbezüglich außen vor lassen, wenn er sich festlegt und verbal damit an die Öffentlichkeit tritt.

Leider gibt es aber viele, die sich "mitziehen" lassen, wenn sie auf andere treffen, die vermeintlich die gleich Gesinnung haben und das Bedürfnis, auch weitere von ihrer vermeintlich berechtigten Ansicht zu überzeugen.

Wir können nur hoffen, dass das Gros der Bevölkerung sich nicht erneut von solcher Hetze, von irre geführten Hassgedanken einfangen lässt.

Ich wünsche allen, dass sich die Politik dieser Sachlage mehr bewusst wird ...

Gruß von Uschi

werderanerin

Ja, so ist es wohl, damals wie heute, denke ich, liebe Uschi..., schau dir doch nur mal die heutige Zeit an, wie schnell ist man "rechts, links, blöd, dumm, asozial....

Das geht ja heutzutage noch viel, viel schneller aber wie oft ist es falsch...wer weiß das schon, man kann nie hinter die Stirn schauen.

Kristine

nnamttor44

@werderanerin  
Ja, liebe Kristine, das geht sehr schnell. Mein Enkel ist Legastheniker, d. h., diese Wahrnehmungsart = keine Störung, keine Krankheit - wurde ihm in die Wiege gelegt. Man spricht heute gerne von LRS. Das aber ist nicht das Gleiche, es ist eine Störung oder Schwäche, die irgendwann, manchmal schon im Kleinkindalter ERWORBEN, ist aber mit viel Übung in den Griff zu bekommen. Es gibt kein bildhaftes "Wortsehen" wie bei den Legasthenikern.

Seit ca. 100 Jahren ist es bekannt, dass wenigstens 5 % der Menschen diese Wahrnehmungsart für sich in Anspruch nehmen dürfen bzw. müssen! Es ist bekannt, dass es mit wenig Hilfe möglich ist, dass Betroffene ganz normal lesen und schreiben lernen können. Aber bis heute wird es den Lehramtskandidaten frei gestellt, ob sie sich während des Studiums darüber ausreichend informieren. Die meisten Lehrer wissen nicht einmal, wie sie es an der Art eines Kindes feststellen könnten - sie mahnen die Erstklässler bereits im 1. Schuljahr, nicht zu tändeln, nicht aus dem Fenster zu schauen, besser aufzupassen ...

Wenn unsereins einen Text lesen soll, bei dem nur halbe Buchstaben zu sehen sind, obwohl natürlich ganze da stehen, wie soll man das dann buchstabieren?? Dann schaut man nach einer Weile garantiert woanders hin, um sich von diesem nicht zu identifizierenden Zeichensalat zu erholen ...

Max bekam am Ende des 1. Schuljahres einen Vermerk, dass er wohl das 2. Schuljahr nicht schaffen würde. Dumm nur, dass seine Mama Wege fand, ihm seine Orientierung beim Lesen und Schreiben möglich zu machen!?!?! Heute fragen die Lehrerinnen: "Wie haben Sie das nur gemacht??? Er liest inzwischen sinnerfassend teilweise schneller als seine Mitschüler.

Die Mobbing verursachenden Lehrerbemerkungen wurden zum Glück eingestellt. Es wäre wünschenswert, dass sich endlich jeder Lehramtsanwärter im Studium auch diese Wahrnehmungsarten genügend bekannt macht. Natürlich ist es nicht nur Aufgabe der Lehrer, sondern auch der Eltern, so ein Kind ausreichend zu unterstützen und auf den richtigen Weg zu bringen. Max jedenfalls geht immer noch gern zur Schule, macht seine Hausaufgaben selbstständig und in der vorgegebenen Zeit. Trotzdem wird er wohl während der nächsten Schuljahre immer wieder darauf stoßen, dass sich ihm etwas nicht sofort erschließt, weil ein Wort oder ein Bild ihm sich sogleich wie in einer Rundumaufnahme von allen Seiten anbietet, so dass er sich erst darauf orientieren muss, den Gegenstand oder das Wort nur als Text oder NUR von vorn zu sehen, zu lesen.

Auch das ist etwas, was für Betroffene lebenslang genauso schlimm sein kann wie eine politische Ausrichtung, die andere Meinungen ausgrenzt.

LG Uschi

Pan

Siehst Du - so schnell kann es gehen. Abstempeln ist ganz leicht,
Wenn jemand ein wenig anders denkt - oder aussieht - als das allgemein
üblich ist, steht er schnell außen vor der Tür.
Du hast das gut beschrieben.!
Mit einem Lächeln,
Horst

nnamttor44

@Pan  
Ja, lieber Horst, nur etwas anders aussehen, genügte im "Dritten Reich", dass man den Verdacht äußerte, es könnte ein Jude sein, mit allen Repressalien, die daraus erwachsen konnten.

Als mein Vater, ein sehr dunkelhaarige Mann mit fast schwarzen Augen unsere Mutter heiraten wollte, musste er erst in einem möglichst umfangreichen Abstammungszeugnis seine deutsche, für die Ämter einwandfreie nichtjüdische Abstmmung darstellen. Sein Aussehen entsprach so gar nicht den genannten Merkmalen der "Herrenrasse", der Vorstellung eines Hitlers.

Seine Verpflichtung hatte allerdings den Vorteil, dass wir Töchter heute unseren väterlichen Stammbaum bis ins 17. Jahrhundert nachweisen können. Aber wie beschämend, erniedrigend muss das für ihn gewesen sein?!

Danke für Deine Meinung, Deinen Kommentar sagt

Uschi 


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