Klagen? Nein, auf keinen Fall! Es geht mir nicht schlecht. Viel, viel besser als in manchen früheren Perioden. Aber es geht mir auch nicht gut. Das stelle ich einfach fest. Dafür gibt es unwiderlegliche Hinweise.
   Alles um mich herum und in mir zerbricht, zerbröckelt, zerfällt zu Staub. Was mich gehalten hat, ist verschwunden oder löst sich ins Nichts auf, wenn ich danach greife. Was ich selbst halten wollte, verliert mehr und mehr an Wert. Woran ich mich einmal orientiert habe, hat sich so verändert, dass ich es nicht wiedererkenne.
   Mein Gleichgewicht ist so gestört, dass ich schwanke wie ein Rohr im Winde. Schwanke ich, oder schwankt die Welt? Im Bett lässt es sich einigermaßen aushalten, jedenfalls wenn die Schmerzen in den Füßen nicht sind oder langsam nachlassen. Der Schlaf deckt alles zu mit einer sanften Decke.
   Schlafen, immer schlafen, nicht mehr aufwachen - das ist der Tod. Für manche ist er ein Tabu. Ich habe ihn nie gefürchtet, obwohl ich ihm oft nahe war, bzw. er mir. Vielleicht gerade deshalb. Wir sind  Freunde geworden, und was könnte man dagegen haben, dass Freunde sich nahe sein und vereinen wollen? Er, der große Vereinfacher und Gleichmacher, ohne Wenn und Aber, kein Verhandeln, keine Diskussion. Ich war wohl nur selten ein Fan des Lebens, wie so viele, die sich daran klammern, die nicht loslassen wollen und können.
   Dann kommen die Zweifel. Die Zweifel bleiben.
   Doch morgen geht die Sonne wieder auf.
             Stockholm, den 12 September 2017

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Kommentare (1)

indeed

Guten Morgen, Silesio!

Werden - Sein - Vergehen ist ein Kreislauf, dem sich nichts und niemand entziehen kann.
Wenn man auch schwankt aber wie ein Rohr im Winde ist, ist noch lange nichts vorbei.
Die Akzeptanz der eigenen Situation ist durchaus nicht immer leicht zu finden. Wir haben doch sicherlich im hohen Alter gelernt für uns einzustehen, nicht wahr? 

Den Tod muss man nicht fürchten, denn er kann ggf. auch Erlösung sein.  Du hast ihn sehr schön in deinem Blog benannt: der große Vereinfacher. Das trifft allerdings meistens nicht auf die Hinterbliebenen zu.  Liebe bedeutet auch los lassen zu können, das meine ich in Hinsicht auf die Hinterbliebenen. Es schreibt sich leicht, ist es aber nicht zu leben.

Nun, so lange man sich über jedes Erwachen freuen kann ist das Leben doch schön, nicht wahr?
Wenn auch manche Zeiten schwierig sind, irgendwann hat man das Tal durchsritten.

Dein letzter Satz zeigt mir, dass du unverzagt bist. . . und das ist gut so.

LG indeed

 


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