Flémalle III - Parcours der vielen Gesichter


Flémalle III - Parcours der vielen Gesichter
Ein erster Blick auf die Felsen, die Ziel der Wanderung sind. Rechts war mal ein wichtiges Industriegelände, aktuell erobert sich die Natur da einiges zurück. Das wird wohl was, denn die Öffentlichkeit hat keinen Zutritt zum Gelände.

Wir waren da im Ort Awirs, der zu Flémalle gehört.

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Wir kamen dem Ziel näher. In dem Gebilde rechts findet Gütertransport statt. Das Ding ist etwas mehr als 1 km lang und geht bis zum Ufer von La Meuse.

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Hier mußten wir uns entscheiden, entweder nach rechts dem Wanderweg Flémalle 03 folgen, oder zur Grotte Schmerling. Wir gingen natürlich nach links.

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Unmittelbar vor den Felsen mit den Grotten. Ich habe den nach rechts oben gehenden Pfad überprüft und fand, daß er zu den Stellen führte von denen sich Schmerling zu den Höhlen abgeseilt hat. Zu sehen gab’s da oben – ausser viel Natur – aber keine Höhlen oder deren Eingänge.

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Also nach links runter, zur nördlichen Seite der Felswand, in der die von Schmerling entdeckten Höhlen sind.

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Höhlen, aber nicht diejenigen, die Schmerling untersucht hat.

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Am Fuß der Felswand kann man auch gehen, ich hatte ein etwas "komisches" Gefühl, es war nicht sonderlich hell da unten.

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Weiter oben sind die Höhlen, für ein brauchbares Foto mußte ich erst einmal einen "Ortswechsel" durchführen. Sie werden hier noch durch das "Grünzeugs" verdeckt.

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Das sind die oberen Höhlen (Cavernes supérieures) von Schmerling, allerdings mit ziemlichem Zoom aufgenommen. Ich konnte nicht annähernd so nah ran, wie es auf dem Foto scheint. Die Abmessungen der höchsten, nach Norden offenen Höhle betragen 5 m Breite x 6 m Höhe x 17 m Tiefe, und auf der rechten Seite befindet sich eine kleine Galerie.

Die Schmerling-Höhlen, früher Trô Cwaheur für den unteren Teil, manchmal fälschlicherweise Engis-Höhlen genannt, befinden sich am rechten Ufer des Awirs-Bachs im Gebiet von Awirs in der Gemeinde Flémalle in der Wallonie. Sie wurden 1829 von Philippe-Charles Schmerling entdeckt und erforscht, der die Überreste von drei Individuen exhumierte, darunter den ersten fossilen Knochen vom Typ Neandertaler, der weltweit gefunden wurde.

Die anderen Überreste betreffen fossile Homo sapiens, von denen die einzigen anderen Fossilien vorher 1823 in Wales gefunden wurden. Der walisische Fund wurde als "die Rote Dame von Paviland" bekannt.


Schmerling nannte diese Höhlen die "Höhlen von Engis", weil er Zugang zu ihnen über das Venn-Plateau hatte, das sich in dieser Gemeinde befindet. Er konnte sie nur mit einem Seil erreichen und ließ sich gegen die Wand des sehr steilen Kalksteinhügels gleiten. Die Höhlen befinden sich tatsächlich auf dem Gebiet der Gemeinde Awirs, was erklärt, warum ihre Einstufung als außergewöhnliches Kulturerbe der Gemeinde Flémalle per Dekret vom 14. Mai 1938 zuerkannt wurde.

Die zweite Höhle, die sich darunter befindet und als "Trou Caheur" bekannt ist, hatte zwei Räume und Galerien; die Eingangshalle war 4 m breit, 5 hoch, 12 tief; die zweite war kleiner. Schmerling findet, umgeben von Tierresten, den Schädel eines älteren Individuums (bekannt als Engis 1), dem die Gesichtsknochen fehlen, und einen weiteren menschlichen Schädel, der bei den ersten Manipulationen zersplittert. Die Untersuchung seines Oberkiefers zeigt, dass die Backenzähne noch nicht durchbohrt sind: Es ist ein Kind im Alter von höchstens 5 bis 6 Jahren, das die wissenschaftliche Literatur nach dem Namen des Entdeckers Engis 2 nennt. Milchzähne, Schlüsselbein, Fragmente von Speiche und Ulna, Wirbel usw. werden auch von dem Forscher gesammelt, der der Ansicht ist, dass er die Elemente von drei verschiedenen Individuen besitzt.

Andere Forscher werden später den Hügel ausheben und zwei weitere Höhlen entdecken, darunter eine sogenannte Grabhöhle, in der neolithische Skelette gefunden wurden.
Weizenkörner wurden auch in der ‘Höhle von Engis’ gefunden

Die Höhle von Engis 2 ist nun aufgrund des Einsturzes ihres Gewölbes verschwunden.

In der unteren Höhle wurden noch gefunden :
Knochen von Bären, Hyänen, Nashörnern, manchmal ganz, manchmal gebrochen, mit Spuren entstanden durch den Transport im/auf dem Wasser.

Allgemeine Informationen, leider nur in französischer Sprache, von Wikipedia über die Grotten Schmerling.


Informationen zu den Funden in deutscher Sprache : Klick

Wobei mich dabei vor allem dieser Abschnitt fasziniert hat :

Für Engis 2 war zunächst ein Alter von rund 30.000 Jahren berechnet worden; im Jahr 2021 ergab eine Neubestimmung hingegen ein Alter von mindestens 40.000 Jahren.

Wikipedia über Philippe Charles Schmerling auf deutsch.

Auch die Gemeinde Flémalle informiert über Philippe Charles Schmerling, aber auch nur auf französisch.

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Noch eine Höhle. Da die aber ohne Kletterei erreichbar ist, gehört sie wohl nicht zu den "Grottes Schmerling".

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Das Schild entdeckte ich erst spät. Es gibt einige Trampelpfade dort, aber ich wäre nicht auf die Idee gekommen, die insgesamt als Promenade zu bezeichnen. Im hiesigen Französisch werden schon mal auch schwierigere Wanderungen nicht als Randonnée sondern als Promenade bezeichnet. Spazieren gehen kann man dort jedenfalls nicht.

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Ansicht der Felsen aus südlicher Richtung, Höhlen sind dort keine zu erkennen.

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Aus östlicher Richtung (nach Westen blickend) kann man schon eher meinen eine Höhle zu erkennen. Möglicherweise eine von den anderen Höhlen, die andere Forscher nach Schmerling gefunden haben.

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Etwas näher dran, an dieser Höhle. So kann ich mir schon eher vorstellen, wie dort vor langer Zeit Menschen reingekommen sind.

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Sieht aus wie weitere Höhlen, aber das scheint mir doch reichlich unsicher zu sein.

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Nach dem Schmerling-Abenteuer, und tatsächlich in Engis, eine Kapelle.

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Und da steht, warum diese Kapelle etwas besonderes ist. Der Jesus am Kreuz wurde, nachdem er gestohlen worden war, im Jahre 1982 im Wald bei Awirs wiedergefunden. Er wurde restauriert und 1986 wieder am Kreuz in der Kapelle angebracht. Pfingsten 1997 wurde er wieder geklaut und ist bis heute verschwunden.

 

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Kommentare (21)

Songeur


Herzlichen Dank für ein 💗 an :
 

reflex
 

ladybird

Lieber Hubert,
da hätte ich aber wirklich etwas verpasst, wenn ich diesen Bericht von Deiner "Höhlenforschung" nicht gelesen hätte...ich habe mir das ganze Gebiet gegoogled und Deine Fotos dazu sind direkt gigantisch. So kann ich nur danken, dieser Besonderheit durch Dich "näher" gekommen zu sein...ich hätte mich nie getraut, weder an die steilen Felsen, noch  näher an oder in die Höhlen zu kommen.....
und auf die Weise des Lesens bin ich auch auf meine "Kosten" gekommen...
den Dieben von Jesus am Kreuz der kleinen Kapelle in Engis, müßten die Hände abfaulen...
mit Freude gelesen
herzliche Grüße
Renate.

Songeur

@ladybird  

Liebe Renate,

ganz herzlichen Dank für Deinen Kommentar und das 💗.
Ich freue mich sehr, daß Dir diese Wanderung und der Bericht darüber doch gefallen.

Herzliche Grüße nach Köln,
Hubert

Songeur

Herzlichen Dank für 💗 💗 💗 an :
 

Xalli
WurzelFluegel
Boeuf
Juttchen

ehemaliges Mitglied

ich finde es sehr interessant, dass du dich immer wieder auf "Abwege" begibst Hubert - dein Bericht fasziniert mich!

Möglicherweise waren die Höhlen früher etwas leichter zu erreichen, wie zB. über ein Felssims - vielleicht gab es im Laufe der Jahrtausende Felsstürze oder starke Auswaschungen, die heute den Zugang nur mehr per Seil möglich machen -
das müßten die Geologen heute doch feststellen können!?

ich liebe Felsen und Höhlen, 
vielleicht geht auch nur meine Fantasie mit mir durch 😉

danke dir jedenfalls herzlich fürs Teilen

🌻lieben Gruß
WurzelFluegel

 

Songeur

@WurzelFluegel  

Danke für Deinen Kommentar und Dein Interesse an meinen "Abwegen". 😃

Als wir diese Wanderung begannen waren wir nicht sicher, daß es uns möglich sein würde, relativ nahe ran zu kommen an die Höhlen. Für uns ist "dieser Fall" noch nicht erledigt, spätestens Ende dieses Monats gehen wir wieder hin.

Bislang habe ich noch keine Hinweise auf Felsstürze oder Auswaschungen finden können. Oft gibt's detailierte Aufzählungen der gefundenen Knochen, aber wie es dort ausgesehen hat, vor 5000 oder 40000 Jahren hat scheinbar keiner bisher herausgefunden. Wäre in der Folge wohl auch nicht so ohne weiteres zu beweisen. Und dann hätte "man" die Konkurrenz unerbittlich am Hals.

Wir haben inzwischen erneut Höhlen gefunden, diesmal stehen u.a. Fledermäuse zur Diskussion. Auch da müssen wir noch wieder hin, denn der Anstieg war so kompliziert, daß brauchbare Fotos viel zu kurz gekommen sind.

Liebe Grüsse
Hubert

 

ehemaliges Mitglied

@Songeur  
sehr gut, dann kann ich mich schon auf eine Fortsetzung freuen

lieben Gruß
WurzelFluegel

Boeuf

Hallo Hubert
Wieder einmal ist dir ein faszinierender Bericht gelungen. Ich habe deine Schilderungen mit großem Vergnügen gelesen und anhand deiner Bilder war ich bei eurem Ausflug ja fast dabei.
Danke an Dich und Maite
Peter 😊

Songeur

@Boeuf  

Hallo Peter,
Danke für Dein Interesse und Deinen Kommentar. Maite hat sich sehr gefreut, daß Du an sie gedacht und sie erwähnt hast. 😉

Herzliche Grüße
Hubert

Songeur

Herzlichen Dank für 💗 💗 💗 an :
 

Jil
Muscari
Rosi65
Komet
Christine62laechel
Manfred36
Syrdal

Muscari

Lieber Hubert,

wieder hoch interessant und vor allem abenteuerlich !
Wenn ich ehrlich bin, bewundere ich Dich/Euch immer mehr.
Du scheinst Dich sogar zu einem zweiten Schmerling zu entwickeln. 😄


Sehr beeindruckend auch die Tatsache, dass dieser Schmerling sogar Überreste von fossilen Knochen vom Typ Neandertaler entdeckte und erforschte. Werde mich mal weiter informieren und danke Dir auch für den entsprechenden "Klick".
Zwar bin ich heute nicht mit gewandert, weil viel zu anstrengend, aber danke Dir wieder sehr für diesen tollen Beitrag.
Andrea
👍

 

Songeur

@Muscari  

Herzlichen Dank, liebe Andrea, für Dein Interesse und Deinen Kommentar.

Das Lob mit dem zweiten Schmerling habe ich aber wohl doch noch nicht verdient, ich bin ja nicht in die noch vorhandene Höhle reingekommen. 😊
Im Klettern bin ich nämlich völlig unerfahren, daß wäre vermutlich höchst gefährlich, wenn ich da was versuchen würde.

Herzliche Grüße
Hubert

Rosi65

Lieber Hubert,

diesmal hast Du eine hoch interessante archäologische Stätte, ein richtiges Naturwunder, besucht. Dadurch habe ich jetzt auch über den wagemutigen Forscher Schmerling erfahren, der vor über 200 Jahren diese Höhlen erforscht hat. Ob man vielleicht auch versucht hat, den Fund der Weizenkörner mal einzupflanzen?
Danke, für den tollen Beitrag!

Viele Grüße
   Rosi65

Songeur

@Rosi65  

Liebe Rosi,

ich weiß seit gut 20 Jahren, daß es diese Höhlen dort gibt, habe aber erst vor etwa 4 Wochen festgestellt/erfahren, daß ich ihnen dort so nahe kommen kann. Es schien verboten, sich den Höhlen zu nähern. Danach gab's dann kein Halten mehr.

Ob man mit den Weizenkörnern Versuche gemacht hat, weiß ich leider nicht. Ich habe die deshalb erwähnt, weil ich 1978 im Ägyptischen Museum in Cairo gelesen habe, daß es dort auch Grabbeigaben von Getreidesaatkörnern schon vor vielen Tausend Jahren gab. Und dort war dazu angegeben, daß Versuche damit gemacht wurden und daraus tatsächlich noch Pflanzen gewachsen sind.

Danke, liebe Rosi, für Dein Interesse und Deinen Kommentar.

Liebe Grüße
Hubert
 

Komet

Ich habe einmal die Höhlenwohnungen in Graufthal besucht. War auch interessant, aber kein Vergleich zu Deiner Wanderung.

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Herzliche Grüße und noch eine gute Woche
Ruth


 

Komet

Lieber Hubert,
das war mal wieder eine interessante und informative Wanderung.
Sicher waren diese Höhlen nicht so einfach zu erreichen. Wie mögen wohl die damaligen Bewohner da hinauf gekommen sein.

Für mich war Dein Bericht hoch interessant.........Danke sagt mit lieben Grüßen
Ruth.

 

Songeur

@Komet  

Liebe Ruth,
die spannende Frage, wie dort vor zig-tausenden Jahren die Menschen in diese Höhlen gekommen sind, hat mich ebenfalls sehr interessiert. Eine Antwort, die belegbar wäre, habe ich darauf nicht.

Sicher scheint mir aber zu sein, daß diese Höhlen seinerzeit um so sicherere Unterkünfte waren, je schwerer sie zu erreichen waren. Und wohl auch besser zu verteidigen, gegen wen auch immer.

Danke, liebe Ruth, für Dein Interesse und Deine Kommentare. Und Danke auch für den Hinweis auf Graufthal. Das liegt ja quasi an der A4 Metz - Strasbourg und da kommen wir immer vorbei, wenn wir in den Breisgau fahren und zurück nach Liège.

Herzliche Grüße
Hubert

 

Christine62laechel


Also, den Jesu zu klauen, da muss man wirklich keine Ahnung von den Gottes Geboten haben. :)

Songeur

@Christine62laechel  

Ich gehe davon aus, Christine, daß Du mit Deiner Bemerkung richtig liegst. Die Empörung über einen vom Kreuz geklauten Jesus habe ich schon einmal gelesen, bezüglich eines Wegkreuzes im Hohen Venn. Ein Einzelfall ist das hier in Belgien damit nicht, Gott sei Dank aber auch nicht "üblich".

Danke für Deinen Kommentar und das Interesse an meiner Wanderung.

Beste Grüße
Hubert

Syrdal


Wie immer hochinteressant…
Man muss wohl eine ausgeprägte „Pfadfindernatur“ sein, um solche „Pfade“ zu entdecken. – Danke, lieber Hubert, für diesen tollen Beitrag mit dem Blick in die Frühzeit der Menschen...

...sagt – mit Grüßen zum Abend
Syrdal

Songeur

@Syrdal  

Herzlichen Dank, lieber Syrdal, für Dein Interesse an meiner Wanderung und Deinen Kommentar.

Interessanterweise war ich als Kind/Jugendlicher nie bei den Pfadfindern, bin da offenbar ein "Spätberufener". 😊

Beste Grüße zum Abend sendet Dir
Hubert


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