Frauenschicksal - Martha


Frauenschicksal - Martha!

Martha, habe ich vor 14 Jahren kennen gelernt Sie war gerade 77 Jahre alt geworden. Es sind meine Landsleute, mit denen ich mich ab und zu treffe.Es ist immer schön, wenn man mit jemanden sprechen kann, über die Orte wo man gelebt hat und die nie in Vergessenheit geraten werden, egal wo man auch lebt.
Ich war ja damals, 14 Jahre jünger und dachte Martha sei jünger wie ich. Ich war verzaubert von dieser Frau. Ihre Gestalt ist zierlich, und ihre Ausstrahlung sehr anziehend.
Die Jahre nach unseren ersten Treffen sind so schnell vergangen. Ich bin immer glücklich, wenn sie mich mit ihren Töchtern besucht. So genieße ich ihre Gesselchaft und die Stunden mit Ihnen bereichern meinen Alltag.
Nach Ihren 90 Geburtstag sind unsere Treffen noch schöner geworden. So kam es, das wir uns von unseren Leben erzählten .Jeder Mensch hat seine eigene Geschichte Jeder hat Gute und Schlechte Zeiten .Als ich die Geschichte von Ihrer ältesten Tochter hörte, musste ich sie für ST schreiben. Es ist die Geschichte“ Wenn aus Liebe Haas wird“
Nachdem Martha die Geschichte gelesen hat, sagte sie zu mir
„ja du hast es kurz und sehr delikat geschrieben“ Die ganze Warheid war mehr als schmerzhaft und hinterließ nicht bloß ein Trümmerhaufen, im materiellen Sinn. Claudia ist nach dem damaligen Ereignis, niemals mehr glücklich geworden.Sie existierte, aber sie fühlte nichts mehr. Das ist für eine Mutter sehr schwer zur ertragen.
Ja, auch ich habe viel Schweres im Leben erlebt, aber ich musste meine drei Kinder ernähren. So verdrängte ich meine Ängste und Sorgen.
Als sie mir von Ihren Leben erzählte, da wurde in meinen Inneren ganz still. Wie oft sagt man sich, warum habe ich so schwer, oder ist unzufrieden mit irgendetwas. Wie kleinlich kam ich mir vor.
Ich sah Martha an und eine tiefe Bewunderung für diese starke, zierliche Frau wurde in mir wach. Ihre blauen Augen, glänzten und strahlten als sie von ihrer ersten Liebe erzählte.
Als ich sie fragte ob ich es auch für ST erzählen darf, erlaubte sie es.

Martha ist in einem kleinen Dorf in Oberschlesien geboren.
Ihre Eltern waren die Besten Eltern die man sich wünschen kann.Mit Stolz erzählt sie, wie sich die Familie gegenseitig in schweren Zeiten unterstützte. Aber eins hat sie bis heute nicht vergessen, dass die Guten Eltern ihr den Jungen, für den ihr junges Herz geschlagen hatte, ausgeredet haben. Als sie 17 Jahre alt war, sah sie ihn auf den Feuerwehrball, wo das ganze Dorf sich jedes Jahr traf.
Er war so attraktiv, hoch gewachsen. Als er sie zum Tanz bat, da schwebte sie in seinem Armen und wollte, das der Tanz niemals ein Ende haben wird. Sie traf sich bloß noch zweimal mit ihm. Ihr Bruder erzählte den Eltern, das er arbeitslos ist.Das waren damals die Zeiten der ersten großen Weltkrise. Auch in Oberschlesien, wo immer Arbeit da war, machte sich die Armut breit. Also wollten die Eltern nicht, dass sie sich mit ihm weiter trifft. Heute, sagt sie würden es die jungen Leute nicht verstehen. Wenn man sich mit einem Jungen getroffen hat, da mussten es schon Heiratsabsichten sein. Drei Monate später traf sie aus dem Nachbarsdorf Ihren Mann. Die Familie war finanziell gesichert, sagten die Eltern. Sie haben einen großen Hof und eine gut gehende Schreinerei. Sie mochte in, aber ihr Herz schlug nicht so wild, wie bei diesen ersten, der mit ihr tanzte.
Aber es war eine andere Moral damals. Man gehorchte den Eltern, denn sie wollten doch bloß ihr Bestes?
Aber schon am Anfang der Ehe, war sie sehr traurig. Sie zog in den Klan wie sie sagte und wurde zur Magd. Ihr Vater war im Forstamt tätig, sie wohnten im Forsthaus. Sie hatten keine Felder, und auch keine Tiere die man betreuen musste. Von Anfang an musste sie aber Arbeiten verrichten, die sie nicht konnte. Dazu war sie zierlich und die Anstrengung bei Feldarbeiten oder bei melken der Kühe waren für sie zu schwer. Die Schwiegermutter regierte mit der ganzen Familie und Martha war für sie immer ein Dorn im Auge gewesen.
Sie war jung, hatte immer ein Lächeln im ihrem Gesicht. Sie darf doch ihren Mann nicht zeigen wie schwer es für sie ist.!
Dann kam ihr erstes Kind, ein Sohn Nach drei Jahren kam Claudia auf die Welt. Der zweite Weltkrieg hatte schon sein Unwesen getrieben und tausenden von Menschen mussten ihr Leben opfern. Ihr Mann war einer der ersten in ihren Dorf der eingezogen wurde. Diese 6 Jahre waren die schlimmsten erzählt Martha. Alles wurde schlimmer, denn ihr Mann konnte ihr nicht beistehen, Immer wenn sie ihre Eltern mit den Kindern besuchte, hatte sie ein Lächeln und keine Beschwerde kam über ihre Lippen.
Der Krieg war zu Ende, aber für die Dorfbewohner, am anderen Ufer der Neiße kam das Ende ihrer Ruhe.Die polnische Regierung hielt Einzug und für die Deutschen Familien begann eine schlimme Zeit.
Wer die polnische Staatangehörigheit nicht unterschrieb wurde vertrieben.Die Mutter hatte das sagen, also sie ist hier geboren sagte sie und hier wird sie sterben. Sie verlässt ihr Anwesen und ihre Tiere nicht. Dazu sind noch zwei Söhne aus dem Krieg nicht zurückgekehrt. Wo werden sie uns in der Welt finden. Sie weiß, sie kommen Nahause. Egal wer regiert, das ist meine Heimat. Sie blieben, es wurde still um sie. Ihre Nachbarn und auch Verwandtewurden abtransportiert.Unzufriedenheit über das Dasein machte sich breit. Aber Mutter blieb hart.
Erst im Jahre 1949 kam ihr Mann aus der russischen Gefangenschaft zurück.
Das Leben sollte sich jetzt für Martha endlich positiv ändern.
Aber aus der Gefangenschaft kam ein verstörter Mann zurück.Er war depressiv geworden. Jeder kann es nachvollziehen, was die jungen Männer damals erleben mussten. Die russische Gefangenschaft war die Hölle, erzählte er manchmal.
Mit Arbeit wollte ihr Mann die schwere Zeit vergessen. Aber er konnte nicht aus seiner Haut und fing an Alkohol zu trinken.
Am Anfang war es nicht so erkennbar erzählt Martha. Es war nicht viel Geld da, aber ihr Mann hatte goldene Hände .In seinem Beruf als Schreiner, galt er als der Beste in der ganzen Umgebung. So kamen alle Nachbarn und Freunde zu ihm. Es war ja so viel zu tun.
Geld war knapp,also brannten die Menschen aus Kartoffeln Schnaps. So fing der Alkoholismus an. Nach der Geburt ihrer jüngsten Tochter im Jahre 1954, konnte man diese Krankheit schon nicht mehr überwältigen.
Tränen flossen jetzt Martha über die Augen. Niemand der es nicht erlebt hat, kann sich dieses Leben vorstellen. Wenn er wieder mal tobte nahm sie die Kinder und ging zu Ihren Eltern. Aber, wenn er dann um sie kam und auf Knien um Verständnis bat, ging sie wieder in die Hölle zurück .Als er erkrankte musste sie eine Arbeit annehmen um bei den knappen Geld den Haushalt irgendwie zu organisieren.
So vergingen die Jahre Kein Urlaub, keine Fahrten, kein Tanz oder Freude, bloß Arbeit und Angst.Die Kinder hatten Angst, wenn der Vater trank. Aber auch im diesen Zustand war er noch immer ein brillanter Schreiner geblieben. Er brachte sein Talent seinen Sohn bei und wenn sie heute noch über die damalige Zeit reden, sagt ihr Sohn immer wieder, dass er seinen Vater viel zu verdanken habe. „Ja, weißt du Mama, Vater hat die Gefangenschaft in seinen Inneren nicht verarbeitet.“ Dieser unselige Krieg zerstörte nicht bloß Länder, er zerstörte den menschlichen Glauben.
Wir sind aber eine Familie und das ist doch das wichtigste im Leben.
Dann kam die Tragödie mit Claudia und sie verloren wieder ihr Zuhause. Alles verbrannte und Vater erholte sich nicht mehr.
Erst als ihr Mann starb, übersiedelte Martha mit Ihren Töchtern nach Deutschland.
In dem schönen Rheinland-Pfalz fand sie ein Neues Zuhause
Sie war Jahre lang noch sehr aktiv, half ihren Töchtern bei der Erziehung der Enkelkinder .Ich bin so glücklich erzählt sie, ich habe so talentierte Enkelkinder. Sie haben mit Ausdauer und Talent ihr Studium mit Bravur beendet. Die Söhne von der jüngsten Tochter sind Architekten, die Tochter von Claudia ist im höheren Lehramt.
Also sagt sie, mein Leben ist erfühlt. Ich habe 5 Enkelkinder und 4 Ugroßenkelkinder. Solche Freude zur erleben ist schon ein großes Glück.

Ja, und das große Fest zur Ihren 90 Geburtstag war die Krönung ihres Lebens .Mit Stolz erzählt sie, dass der Bürgermeister und auch der Pfarrer ihrer Gemeinde zu den vielen Gratulanten gehörten.
Die Kinder und Enkelkinder haben ein wunderschönes Fest organisiert, das die Familie noch lange in Erinnerung behalten wird.

Heute mit bald 91 Jahren ist sie immer noch eine attraktive ältere Frau. Sie liest jeden Tag ihre Zeitung und weiß über das Geschehen in der Welt bescheid. Mag Volksmusik und kennt alle Prominenten die sich in der Branche einen Namen machten.
Ihr Gesicht hat keine Falten und als ich ihre Haut bewunderte sagte sie, ich brauche kein Puder und keine teure Creme.Das ganze Leben nahm ich bloß NIVEA.
Man könnte in den Moment lachen und sagen, das wäre doch eine tolle Reklame für diese Firma.

Es waren die ersten Sonnenstrahlen an einen Frühlingstag dieses Jahres, als sie sich vor dem Hause ein kurzes Sonnenbad erlaubte. Sie wuße nicht wann ihr Enkelsohn sie fotografierte. Mit Lächeln und Humor präsentierte Er der Familie –„ Das ist unsere Donna Martha.“
Sie lachte und bewies großen Humor, als sie sagte, ja Tilli dieses Foto kannst du in die Geschichte einstellen.
Sie erzählte nicht, was für schwere Krankheiten sie im Leben hatte, dass sie vielmals operiert wurde usw.Das erzähle mir ihre Tochter. Sie geht wenn auch langsam mit Stock, aber sie geht. Dann sagte sie“ Ich bin so dankbar meinen Töchtern, dass sie sich so liebevoll um mich kümmern und betreuen. So bin ich in meinem Alter glücklich und zufrieden“

Das Leben von Martha wird für mich immer ein Beispiel bleiben,und die Gewissheit,dass man alles meistern kann, auch wenn man nicht auf Rosen gebettet ist.


Ich habe drei Frauenschiksale geschildert.

Die dritte Geschichte von Martha soll für uns alle ein Wegweiser sein,dass
unseres Leben bloß für ein Bruchteil der Zeit ist.Jeder Tag den wir geschenkt bekommen ist schön, wenn wir zufrieden mit unseren Schicksal sein können, auch wenn es weh tut.

Tilli



















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Kommentare (10)

tilli In deinen Kommentar, hast du das gesagt,was ich in meinen Unterbewußtsein allen Frauen der heutigen Zeit sagen möchte.Lasst Euch niemals unterkriegen. Keine Gewalt, und wenn die Leidenschaft vorbei ist, so bleibt doch die Verantwortung für die Familie.
Das ist der Sinn. Kinder sind nicht schuldig,wenn die Eltern sich scheiden,aber
die Ehre der Frau muss immer beschützt werden.
Danke Ashara Tilli
ehemaliges Mitglied Da ich sehr selten im Forum bin habe ich Deine Geschichten, Frauenschicksale erst heute gelesen!
Es sind sehr tragische und traurige Geschichten!!
Ich weiss dass es auch heute noch traurige und tragische Geschichten gibt. Alkohol, Schläge und Unterdrückung.
Die Frauen früher, konnten damals, oder mussten, Schweres ertragen und haben doch nie aufgegeben, sie haben sich durchgeschlagen mit dem wenigen das sie hatten.
Ich bewundere sie.
Schreib weiter liebe Tilli, Du schreist so eindrücklich, dass man fast mitten drin in der Geschichte lebt!!
Alles Liebe wünscht Dir mit viel Mut
Deine Freundin
Silvy
ehemaliges Mitglied ich glaube, dass diejenigen, die es immer leicht gehabt haben im Leben, zu den unzufriedensten Menschen gehöre, die ständig jammern und klagen. Nur wer schon Schweres erlebt hat, weiß wirklich zu schätzen, wie schön das Leben ist.

Mein großes Vorbild war meine Mutter, die ihre große Liebe, ihre Jugend, ihre Heimat und ihr erstes Kind im Alter von drei Jahren verloren hat. Sie war bis zu ihrem plötzlichen Tod immer sehr optimistisch und fröhlich, sie hat mir Liebe und Kraft für ein ganzes Leben gegeben.

Das wäre vielleicht auch mal ein Beispiel in Deiner Serie "starke Frauen".

Und dann noch eine: TILLI!!

Auch diese Geschichte muss noch geschrieben werden. Vorerst schreib Du aber bitte weiter für uns!

Alles Liebe
Deine Beate
tilli Ich schätze sehr deine Kommentare.Du gibst allen Useren, die Blogs schreiben, das Gefühl gut zu sein.Das motiviert, denn für jeden ist doch der ST eine Oase
wo man die Freude und Lebensmut wieder findet.
Zu Martha muß ich noch ergänzen, dass sie wirklich nicht leicht im Leben hatte und trotzdem mit Lächeln und nicht mit Jammern ihr Leben geht.
Viele Grüße Tilli.
ehemaliges Mitglied Liebe Tilli,

nach zwei traurigen Geschichten nun diese schöne, Mut machende Geschichte von Deiner Freundin Martha! Ob sie wohl noch 100 wird?

Es ist gut, wenn wir uns an denen orientieren, die so alt werden. Wir selber können dankbar sein, schon so alt geworden zu sein!

Danke und alles Gute für Dich!
Liebe Grüße
Deine Beate
tilli Ja, Alenka,das Leben schreibt Geschichten, die
können berühren, oder auch nicht.Jeder empfindet anders.
Ich wollte,das Menschen jeden Tag daran denken, das wir bloß
ein Bruchteil auf dieser schönen Erde sind.
Mein Motto lautet "Lebe jeden Tag so, als würde es der letzte sein"
Ich grüße dich Tilli.

ehemaliges Mitglied Liebe Tilli,schon wieder habe mich Deine Geschichte berührt.Ich lese gerne was Du schreibst.Macht weiter so. Alenka.
tilli Lieber Henryk, liebe Birgit!
Das Alter ist für jeden Menschen nicht einfach. Es kommen
nicht bloß Krankheiten, aber es kommen Sorgen,die nicht immer
einfach zur bewältigen sind.
Martha lebt, beendet bald ihr 91 Lebensjahr.Trotz vieler
schweren Mommente ist sie jetzt glücklicher als jej zuvor.
Das kann nicht jeder im diesen Alter so ehrlich sagen.Darum
war es für mich ein Bedürfnis nach diesen zwei so tragischen Geschichten ,
eine positive zur erzählen die uns Hoffnung gibt.

Dann lieber Henryk ist auch Schlesien ein Thema,über das ich schreiben möchte.
Nicht über Politik, die das Land geteilt hat,aber über Menschen die mit vielen
Vorurteilen zu kämpfen hatten.Die aber durch ihre Kraft,Disciplin und vor allen ihrer
Liebe zu Ihren Land bewiesen haben,das sie ehrenhafte Bürger sind, die Anerkennung verdiennen.
Viele Grüße Tilli

piggi nach einer schicksalshaften Vergangenheit, lebt Deine Freundin heute ein zufriedenes Leben. So ist ihr doch noch ein wenig Glück beschert, besonders mit einer so liebevollen und vertrauten Freundin, die sie durch Dich gefunden hat.
In Dir lebt die Vergangenheit, liebe Tilli, schreibe bitte so einfühlsam weiter.

Liebe Grüße
Birgit
henryk ..ich freue mich ,dass Du weiter so schoen schreibst....besonders ,dass Du uebers Schlesien schrieb....ich habe auch die Schlesier in Rheinland-Pfalz kennengelernt...Wir muessen mit dem Schicksal zufrieden sein....Du hast Recht....Jezt die Rosen in meinem Garten(henryk)


Jezt die Rosen in meinem Garten(henryk)



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