Ich hatte schon immer damit ein Problem. Auch wenn ich da nur zuschauen musste, wie es bei den Anderen manchmal verkehrt gegangen war. Wer sollte da anfangen, wie lange es dauern sollte, und wie stark sein… Früher eigentlich absolut üblich, jetzt wohl nicht nur für mich nicht mehr so ganz selbstverständlich.

Nur wenn es irgendwelche Gipfeltreffen waren, wo alles nach strickten Regeln verlief – da konnte man sicher sein, dass es zu welchen Missverständnissen, Irrtümern, oder Verwirrungen doch nicht kommen wird. Und sonst…

Egal ob im Fernsehen, oder an einer Schule, egal zum welchem Anlass: Es wurde für etwas gedankt, zu etwas gratuliert, Blumen geschenkt – und es gab da einen Händedruck eben auch… Ein Brauch, der früher als ein deutliches Zeichen galt, dass da man keinen Dolch in der Hand hält, oder so. Wieso kam so etwas nicht schon viel früher als nicht hygienisch vor? Wo sich die Menschen ja wildfremd waren, und Träger von verschiedensten Bakterien und Viren sein konnten.

Und die erwähnten Verwirrungen eben noch. Wenn nicht vorher genau festgestellt, wie so eine Veranstaltung verlaufen sollte, kam es dann oft zu Situationen, die sowohl für die auftretenden Personen selbst, als auch für die Beobachter ein wenig unangenehm sein konnten: Eine Hand wartet in der Luft, die andere kommt nicht; oder der Druck sichtbar zu stark gewesen; und ob man eine Damenhand dabei vielleicht auch noch küssen sollte (hier und da bis auf den 13. März 2020 sehr populär)…

Und die Berührung selbst. Ich erinnere mich zum Beispiel an die Studienprüfungen, die man gut bestanden hatte, und da stand zu Ende der Herr Professor oder die Frau Dozentin auf, um der armen, gestressten Studentin ihr kaltes, feuchtes Händchen zu drücken. Eine Ehre, die ich mir sehr hoch schätzte, schämte mich aber immer, dass meine Hände nicht warm und trocken waren. :)

Und nun ist die Pandemie gekommen, alles wurde anders, und wahrscheinlich verschwinden manche Erscheinungen nicht nur für die Monate oder Jahre der Isolierung, sondern für immer. Zum Beispiel der Händedruck.

Was natürlich die Nähe zwischen verwandten, oder zusammen lebenden Personen nicht ausschließen muss.

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Kommentare (8)

Pan

Christines Beitrag hier hinterlässt diverse Eindrücke bei allen Lesern, schon interessant, die verschiedenen Eindrücke zu lesen.
Wer vergibt sich etwas, wenn er auf eine Umarmung oder einen Händedruck, verzichtet?
Welche Freundschaft geht daran zugrunde? In jenem Fall nämlich wäre es überhaupt keine.

Natürlich ist es gar nicht so einfach, ein Ritual plötzlich bedacht auszulassen, das bei uns bis dato üblich war und in der zwischenmenschlichen Kommunikation große Bedeutung hat. Es prägt den ersten Eindruck, gilt oft als Schlüssel für einen guten Start und ist vor allem in westlichen Kulturen verbreitet.
Für mich jedenfalls ist es die einfachste Art des Schutzes, für mich und mein Gegenüber, wenn ich auf direkten Körperkontakt verzichte!
Warum sich nicht einmal  auf die japanische Art begrüßen mit gegenseitigem Verneigen?

Wenn ich die Hygiene-Maßnahmen bei uns betrachte, kann ich nichts Unrechtes daran finden!  (In Großbritannien ist beispielsweise das Händeschütteln bei der Begrüßung eher unüblich und wird meist nur im engen Verwandtenkreise gepflegt.)
Was haben wir bei uns nicht alles im Verlauf der letzten fünfzig Jahre dazugelernt? Es würde ein ganzes Buch füllen, das alles zu erwähnen. Zum Beispiel all die angelsächsischen Begriffe und Handlungen, von denen viele bei uns schon als Tradition angesehen werden, es aber nie waren ...

Nein, Ihr Lieben, nehmt doch alles so, wie es nun mal ist!
Warum nicht erkennen, dass Verordnungen nun mal für das Verhalten der Menschen untereinander gemacht werden? Alles andere würde in einem Chaos enden. Und das - das will doch bestimmt niemand, oder ?
 

werderanerin

Ich gebe ganz ehrlich zu, dass ich mich an das "Nichthändedrücken / Nichtumarmen" nur sehr schlecht "gewöhnen" kann...natürlich tue ich es (meistens)... meine Enkel samt der Großen waren am Heiligen Abend nun schon, entgegen aller Gepflogenheiten , gegen Mittag bei uns. Alles fand draußen auf der Terrasse statt. Dennoch haben wir uns umarmt..., zwar anders mit abgewandtem Gesicht aber umarmt. Da kann ich nicht anders !!!

Ich merke, wenn wir unterwegs sind, egal ob einkaufen oder auch beim wandern, dass die Menschen sich anders verhalten..., man schaut mehr hin, springt zur Seite...als wenn alle ansteckend daher kommen.

Ist alles "gut" so aber ehrlich, liebe Christine, ich bin so froh, wenn das Abstandhalten endlich ein Ende hat, man sich wieder frei und fröhlich treffen und begegnen kann, wenn man sich wieder in die Armen nehmen kann...wenn man so sein darf, wie jeder es möchte , ohne nachdenken zu müssen, gar ein schlechtes Gewissen zu haben !

Mir es fehlt wirklich - wir Menschen können doch ohne Berührungen, Nähe, Liebe gar nicht wirklich sein, es gehört zu uns, wie das trinken, essen. Es ist wichtig !

Ja, wir halten uns fast alle an Regeln aber nicht gerne !

Die Hoffnung stirbt zuletzt - es wird alles wieder gut - nur WANN ?

Liebe Grüße

Kristine

Christine62laechel

@werderanerin  

Liebe Kristine,

ich muss gestehen, dass ich mich auch nicht hundetrprozentig an die Regeln halte, obwohl man es schon ein wenig leichtsinnig finden muss... Und so besucht mich mein Sohn regelmäßig, obwohl er ja Kontakt mit anderen Leuten hat, und ich stecke ja auch nicht 24/7 zu Hause allein. Egal aber ob mit meinem Sohn, oder mit meinen Bekannten, wenn mal auf der Straße oder im Laden begegnet - Umarmungen und Händedruck gibt es bei mir nicht. Ohne Maske gehe ich nicht aus, alle Einkäufe werden sorgfältig desinfeziert, wenn nach Hause gebracht... Ob ich mich dadurch auch wirklich schützen können werde, schwer zu sagen. Ich verzichte aber lieber auf das schöne Umarmen, als dass ich denken müsste: Da war meine, oder jemandes Erkrankung zu vermeiden...

Wie lange noch? Diese Frage ist für uns besonders wichtig. Regeln beachtet - und vielleicht werden wir bald wieder frei!

Das wünsche ich dir, mir, und uns allen.

Mit Grüßen
Christine
 

Manfred36


Das hätte ich mir eigentlich nicht gedacht nach deinem bisherigen Erscheinen hier, liebe Christine, dass du ein nasses kaltes Händchen hast. Mach mal konkrete Vorschläge, womit man den Händedruck künftig ersetzen soll, etwa durch rangelhaftes Armschubsen, das mich noch mehr an die Angst vor dem verborgenen Messer erinnert ? Oder etwa so wie Paul Klees Männer (einander in höherer Stellung vermutend)

Oder durch die Küsse und Liebesgesten, die vor der Pandemie bei Politikern eingerissen waren?



 

Christine62laechel

@Manfred36  

Ich hatte kalte Händchen, lieber Manfred, wie es üblich für die meisten jungen Frauen war; jetzt natürlich nicht mehr. Der Körper wollte das so. Viele junge Leute waren, wohl auch nicht nur hier, auch so erzeugt: Entweder war man ganz schüchtern und unsicher, oder galt man als "frech". Kennst du das nicht, dann warst du glücklich...

Ich darf natürlich nur meine Meinung dazu äussern, ob es ratsam wäre, jemandes Hand zu drücken. Und ich finde eher so etwas:

ukłon.jpg:)

Manfred36

@Christine62laechel  
Habe ich mir gedacht, aber das grenzt ein Bisschen an Buddhismus oder Fürstenverehrung.

Syrdal

Vor etwa vier Jahrzehnten hieß es in dem Land, in dem ich damals lebte: „Vom Ich zum Wir!“ Es sollte mit diesem Aufruf bewirkt werden, dass ein jeder nicht nur und immer nur an sich allein denken soll, hingegen eines jeglichen Menschen Kraft und Leistung selbstlos dem Allgemeinwohl, also der Menschengemeinschaft dienen soll – ein durchaus hehrer Gedanke, der selbst im einst „real existierenden Sozialismus“ eine gehörige Portion christlicher Nächstenliebe beinhaltete…

Heute heißt die rundum lautstark propagierte Devise: „Abschottung um jeden Preis!“. Also Abstand halten, mindestens 150 cm! Ohne Maske im Gesicht nicht sprechen, schon gar nicht singen! Im Büro Plexiglas-Trennwände um den Arbeitsplatz anbringen! Keine direkte Berührung, kein Händedruck, keine Umarmung, höchstens ein Flirt auf Distanz und dann… schnell weg, weit weg! Jede gemeinschaftliche Aktion meiden und auf keinen Fall irgendwelche Veranstaltungen organisieren oder besuchen, kein Konzert, kein Theater, kein Kino, keine Lesung, kein Gottesdienst, kein Restaurant, keine Geburtstagsparty, kein… kein… kein…
Kurz gesagt:
N I C H T S !!!

Was bei aller medizinisch empfohlenen Hygienemaßnahme einer temporären Notwendigkeit zugeordnet werden kann, stellt mir dennoch die bange Frage, was das alles bestimmende Einigelungsgebot letztlich mit uns, mit unserer Kultur, mit unserer in Jahrtausenden gewachsenen Lebensgemeinschaft macht…? Ach, habe ich derzeit kein gutes Gefühl…

...konstatiert
Syrdal

Christine62laechel

@Syrdal  

"Von Ich zum Wir" - wie gut kenne ich das... Ich lebte ja in einem Land, wo es die Bewegung "Solidarność" gab. Und jetzt muss ich hier so etwas erleben, wie ein Gemisch vom Sozialismus eben, und von einer falschen Nächstenliebe, von falschen Priestern und falschen Gläubigen allen anderen präsentiert.

Dafür finde ich die medizinischen Maßnahmen, lieber Syrdal, doch sinnvoll, egal wie lästig sie uns im Moment vorkommen könnten. Mit der Hoffnung, dass es bald vorbei ist; da beginnt man ja zu impfen europaweit.

Es ist für uns, ältere Menschen, besonders schwierig, denn man möchte doch nicht so viele Veränderungen in so einer kurzen Zeit erleben müssen. Beständigkeit wäre angesagt... Darauf hoffen wir doch. Nicht nur für uns selbst, auch für die junge Generation. Ohne ein Händedruck mal, ohne Umarmungen - wie werden sie liebevolle Menschen, Lebenspartner, Eltern...?

Bleiben wir gesund und zuversichtlich.

Mit besten Grüßen
Christine


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