Gedanken zum Tag der Deutschen Einheit


Gedanken zum Tag der Deutschen Einheit

Gedanken zum Tag der deutschen Einheit !!!

…gerichtet an alle Freunde, Mitglieder und Bekannte im ST sowie an alle, die bisher hier mit mir Kontakt hatten, Grüße oder Sympathiepunkte sendeten.
(Ich hoffe, ich habe niemanden vergessen…)


Heute schreiben wir den 3. Oktober 2017 und wir feiern in der Bundesrepublik den Tag der Wiedervereinigung zwischen den beiden Bundesländern Ost und West, zwischen denen in manchen Hirnen noch Kluften bestehen, weil diese Menschen keine Regung kennen, die sich T o l e r a n z nennt.

Ich selbst habe 44 Jahre im „Westen“ gelebt und fühle mich diesem Teil der Republik nach wie vor verbunden, ja ich bin der sogenannte „Klassenfeind“ – ein Wessi (Schande über mich…) lebe aber seit 1989 in Sachsen-Anhalt und fühle mich mittlerweile als Ossi, wozu ich auch einiges beigetragen habe.

Als ich 1989 im Raum Düsseldorf, wo ich meine Karriere nach diversen Umzügen durch die Republik wie Rheinland-Pfalz (Schule und Kindheit), Saarland (Teile der Jugend),    Nordrhein-Westfalen (bewegtes Leben mit Höhen und Tiefen) meine heutige Frau kennenlernte - kurioserweise stammt die gerade aus dem  Osten, zu dem ich nie eine Beziehung hatte außer einer alten Tante, der wir immer  Weihnachten sogenannte Care-Pakete mit Schokolade und anderem schenkten, die ich aber nie persönlich traf -  änderte sich mein unruhiges Leben schlagartig.

Obwohl noch verheiratet, zog ich mit meiner damaligen Frau (wir beide waren nur noch wie zwei Kameraden nach fast 25-jährigem Zusammenleben füreinander da) und unserer gemeinsamen Tochter Jennifer, sowie meiner neuen Lebensgefährtin und heutigen Frau Corinna, sowie dem Freund meiner damaligen Frau bei Nacht und Nebel `gen Osten.

Was sollte das werden:
Ein abgetakelter, vermögensloser Allround- Arbeitender von 44 Jahren und eine 18jährige,  zugegeben bildhübsche und ranke und schlanke Bewohnerin aus Sachsen?
Da waren die Vorurteile schon vorgegeben – in harmlosesten Fällen wie: „Das geht allein schon wegen der Sprache und des Altersunterschiedes nicht, das hält nicht lange“ oder in härteren Aussagen wie „der Pädophile und das Kind“

Nichts desto trotz ließen wir uns nicht beirren und ich bemühte mich, dem seinerzeitigen Klischee als „Ossi“ zu entsprechen.
Ich erwarb als erstes einen Trabi zum Einstand in das neue Leben in einem neuen Zeitalter, dazu natürlich den obligatorischen Anhänger und als Krönung der Anerkennung als Bewohner des neuen Bundesstaates Sachsen-Anhalt den tradionell verankerten Kleingarten  - eine sogenannte Schreber- Parzelle.

So nun war ich Ossi! (glaubte ich zumindest damals).
Die Vorurteile zwischen Ost und West, die teilweise auch noch heute in den Köpfen mancher Leute rumspuken, habe ich nie verstanden und auch zu keiner Zeit akzeptiert.

Genauso wenig, wie ich verstehe, wie man Unterschiede machen kann zwischen Schwarzen und Weißen oder anderen Rassen, Atheisten und Gläubigen, ausgenommen sie sind fanatisch und  versuchen, ihren Glauben Andersgläubigen aufzudrängen, sowie zwischen Heteros und Schwulen oder Lesben…was soll das?
Aber ehe ich zu weit abschweife:

Am heutigen Tag drücke ich tiefe Gefühle der Dankbarkeit aus, die ich noch nie anderen Menschen gegenüber erwähnt habe:

Meine Dankbarkeit gilt allen Staatsmännern, die sich vor Jahren um diese Wiedervereinigung bemüht haben – ganz besonders Hans-Dietrich Genscher und Helmut Kohl.

Dankbarkeit zolle ich allen Freunden und Bekannten in beiden Teilen unseres vereinten Landes, die mich unterstützt haben, mein leichtlebiges Dasein in äußerst seriöse Bahnen zu lenken.

Dank auch an alle Freunde im Seniorentreff, die mir seit Beginn meiner Mitgliedschaft Nachrichten, Sympathiepunkte oder unzählige Bildgrüße gesendet haben – ich habe mir jeden Beitrag sorgfältig angesehen, wenn ich auch längere Zeit keine eigenen Beiträge dazu verfasst habe oder  manch fälligen Geburtstag versäumt habe (mea culpa, mea culpa…)

Dank auch an alle Ärzte, die sich hier um mich äußerst sorgfältig bemüht haben und dazu beitrugen, dass es mir als 71-jährigem so gut geht, wie man es erwarten kann.  (Damals hätte ich nicht geglaubt, dass ich überhaupt so alt werden könnte…)

Mein ganz besonderer Dank gilt jedoch meiner Frau, die an meiner Seite stand, in vielen Unbillen des Lebens stets unterstützend da war und mich manchmal auch gegen unsinnige Anfeindungen wie eine Löwenmutter verteidigte.
Eine Frau, die mich noch  n i e  einen einzigen Tag betrogen hat, was in der heutigen Zeit gar nicht so selbstverständlich ist…wie auch, wenn wir 24 Stunden am Tag zusammen sind?
Danke für die 27 Jahre, danke für unsere Kinder, danke für die aufopfernde Zeit in den Bemühungen für meine Gesundheit (…wenn mir dein fanatisches Bemühen um gesunde Kost auch manchmal ganz schön auf den Wecker geht.)
Danke dafür, dass ich alter Sack soviel Anteil an deinem Leben haben darf – was unser gemeinsames ist -  Ich liebe dich mehr als man in lapidaren Worten ausdrücken kann.
So, das sind nun erste ernste Gedanken zum heutigen Tag, mit denen ich schließen mag.
(Mehr sinnlose Äußerungen in meinen kompromisslosen, teils auch schockierenden, aber nicht so ernst gemeinten satirischen Erinnerungen, die in Kürze als Buch bei Amazon erscheinen und auch hier für alle Freunde des ST veröffentlicht werden)
Ich grüße alle im Seniorentreff herzlichst und wünsche einen ruhigen, beschaulichen Tag, natürlich auch Herausgeber Karl und seiner Frau Margit.

Bis bald mal wieder……

Hartwig 1901
 

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Kommentare (4)

werderanerin

Es ist doch schön, wenn hier eine gute und gelungene Geschichte aus dem eigenen Ost/Westzusammenfinden geschildert wird, zeigt es doch, dass es funktionieren kann, auch wenn es sicher nicht immer einfach war/ist aber..., wo ein Wille ist, ist immer auch ein Weg !

Ich persönlich habe die Wendezeit 1989 ist Ostberlin hautnah auf dem Alex miterlebt und weiß noch heute, dass Allen die Tränen in den Augen standen als die Grenzen nach Westberlin geöffnet wurden...das vergißt man nie !!!

Das alles ohne Blutvergießen abging, war wohl das Größte.
Ich bin heute noch froh über die Einheit, auch wenn sie auch für mich nicht immer einfach war aber jammern kannte ich nie.

Kristine wünscht alles Gute

Vivit

Sehr beeindruckend, unbekannter Weise... lieber Hartwig.
Du hast genau zu solch einem Tag das gesagt, was uns Menschen eigentlich prägt.

Ich habe fast mein ganzes Leben in der Region um Leipzig verbracht und meine besten Freunde bzw. Freundinnen wohnen am Rhein und im Sauerland.
Ich kenne sie auch erst seit den 90-iger Jahren.

Und in unseren Köpfen gibt es kein Ossi-Wessi- Gehabe mehr.
Auch ich bin dankbar, dass es 1989 eine friedliche Revolution gab und  ich werde nie vergessen, dass Toleranz und ein Miteinanderreden immer wichtiger ist, als eigene Befindlichkeiten.

LG
Vivit

 

ehemaliges Mitglied

Dein persönliches Schicksal, @Hartwig, nehme ich mit Respekt zur Kenntnis - sonst aber von dem, was Du gesagt hast und was die Kommentatorin unten beipflichtend stützt - so gut wie nichts.
Ich las heute in einer westdeutschen überegionalen Tageszeitung den Leitartikel mit der Überschrift "Zur deutschen Einheit wird es nur in ganz kleinen Schritten kommen".
Oft habe ich den Eindruck, wir sind immer noch beim allerersten (Schritt) - es sind ja auch bloß 27 Jahre bislang vergangen.
Und  mit "Toleranz" und mit "alten Mustern" hat das m. E. überhaupt nichts zu tun.
elbwolf (mein Name sagt's)

indeed

Es dämmert mir, du musst der Hartwig sein, der einen Schlaganfall überstanden hat. Als du dich damals danach wieder hier für kurze Zeit gemeldet hattest, fand ich deinen Mut und deinen Willen hin zum Leben gerichtet einfach wunderbar. Mit deinem Felsen in der Brandung (deine Familie) hast du es geschafft.
Wie erfreut bin ich nun über dein heutiges Statement. Ich habe gerne gelesen. 
Es ist schon schön zu erfahren, wenn es Menschen gibt, die in Dankbarkeit das Danke-sagen-können praktizieren. Es gibt eben auch jene, die es nach überstandenem Schicksalsschlag (wie der auch immer gewesen sein mag) zum alten Muster zurück kehren. 
Alles Gute weiterhin und noch viel Freude im Leben wünscht
indeed


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