Hat mein Leben eine Bedeutung?




Gegen den Willen des Himmels
kein noch so harter Zwang
menschlicher Kräfte siegen kann.
Das Leben fließt wie ein Fluss
in vielen Windungen.
Nicht aus eigener Laune
wählt es seinen Lauf,
unbekannte Gesetze
schaffen ihm Hindernisse,
sie lenken es hierhin und dorthin,
streng väterlich.
O Narr, der du gegen den
Willen des Schicksals
deine eigene freie Wahl
behaupten wolltest.

(John Knittel, Via Mala)



Nun, das ist so ein Gedankenweg, der auch in die Irre führen kann.
Mein Leben: Ein erfülltes Leben? Oder ein umsonst gelebtes Leben?
Meine eigene Sicht kann ja nur relativ sein.
Niemand kann sich selbst bewerten, niemand sein eigenes Leben zur Abstimmung stellen, weil alle Unwägbarkeiten nicht zur Sprache kommen könnten.

Ich gehöre zu der Generation von Kindern, die herausgerissen wurden aus einer behüteten Kindheit in die Wirren der letzten Kriegstage, die eine Flucht aus der Heimat im Osten Deutschlands mit all den grausamen und schrecklichen Erlebnissen über sich ergehen lassen mussten. Im Hinterkopf stets den Gedanken an die damalige Sieger-Mentalität der Roten Armee und ihrer Nachfolger. Die damalige Ankunft im Westen des »Deutschen Reiches« trug auch nicht unbedingt dazu bei, dass man sich heimisch fühlen konnte, dass man sich nun aufgehoben wusste bei den eigenen Landsleuten. Im Gegenteil!

Wir waren unerwünscht, wir Menschen aus Ostpreußen, Pommern, Schlesien, die wir die ganze Gräuel des Krieges erlebt hatten, uns hätte man am liebsten zum Teufel gewünscht!
Wir waren schuldlos schuldig gewordene Kinder, die noch nicht wussten, worum es eigentlich ging, die jedoch plötzlich feststellen mussten, dass alles, was sie bisher gelernt hatten, womit sie indoktriniert waren, grundsätzlich falsch war. Kinder, die ihren Vater, ihre Mutter im blühendsten Alter dann verloren, als sie sie dringend nötig hatten.
Entwurzelt aus dem heimatlichen Boden, weggeworfen als Unkraut auf den Komposthaufen der Geschichte zusammen mit Millionen Anderen, die auch ihre Jugend, ihre Kindheit dabei verloren und den Zusammenhalt einer Familie niemals kennenlernten.
Diese Entwurzelung hat mich persönlich mein ganzes Leben begleitet, hat mich stets voller Unrast durch die Welt ziehen lassen, immer auf der Suche nach einem Halt, nach Liebe und Vertrauen, nach einem Boden, in dem ein Wachsen möglich sein könnte.

Ich habe mein Leben ausgefüllt, mit Erfolgen und ebenso mit schlechten Ergebnissen. Deshalb kenne ich das Auf und Ab des Lebens zur Genüge.
Meine Kinder sind erwachsen und sehen ihren Vater sicher ganz anders als ich selbst. Ist auch ihr gutes Recht. Und manch negatives Verhalten hat sicher auch seine Auswirkungen gezeigt. Und trotzdem war ich immer für meine Kinder da, als sie mich brauchten und darauf bin ich auch stolz.

Bin ich heute, nach fast 80 Jahren, ein anderer Mensch als seinerzeit 1945?
Mit Sicherheit. Alles ist veränderbar, die Low’s und High’s im Ablauf meiner Zeit haben mich geprägt.
Ich denke anders, ich fühle anders, ich empfinde anders. Viel intensiver, einprägsamer. Ich habe festgestellt, dass ich mich mit mehr Einfühlsamkeit in den anderen Menschen hineinversetzen kann, mitfühlen, mitleiden!
Habe ich das als junger Mensch auch schon gekonnt? Ich weiß es nicht. Die Zeit war eine andere. Ob sie besser war, wird die Geschichte zu beurteilen haben. Für uns Menschen war es stets früher besser. Seltsam.
Ich habe alles mitgenommen, was ich bekommen konnte. Es war sicher nicht allzuviel, das lag auch daran, dass mir die Rücksichtslosigkeit fehlte, die Erfolgsmenschen produziert!
Aber ich habe auch immér die Hand zum Schenken und Teilen ausgestreckt.
Oft voller Vorurteile und Ressentiments, musste ich später dann feststellen,
dass diese Vorverurteilungen stets irgendwann auf mich selbst zurückfielen.
Heute bin ich sehr viel toleranter, und doch ist mein Abscheu gegen
Ungerechtigkeit immer noch der gleiche wie vor einem halben Jahrhundert.
Immer wieder habe ich Fehler gemacht, immer wieder und immer wieder.
Auch heute noch. Aber niemals die gleichen Fehler ein zweites Mal !!

Was also ist das Fazit?
Plus / Minus ”0”. Aus meiner Sicht.
Aus der Sicht meiner Mitmenschen könnte ich kein Urteil fällen.
Muss ich auch nicht.
Wozu?
©by Pan~

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Kommentare (4)

indeed Lieber Horst, hat nicht jedes Leben, egal ob kurz oder lang gelebtes Leben, seine Bedeutung?
Unsere eigene Bewertung spielt dabei doch überhaupt keine Rolle, der Dirigent ist ein anderer und er schreibt das Stakkato oder Piano in Dur oder Moll.
Manchmal bemerkt man selber nicht, wie wichtig man für einen anderen Menschen ist.
Auf einiges haben wir keinen Einfluss, auf anderes wohl, nämlich, was wir aus der jeweiligen Situation machen.
Also, wenn man glaubt dass alles weg gebrochen sei, ist doch die logische Folge dass man selber noch steht (wenn auch evtl. von der Last gebückt).
Das m u s s doch seinen Grund haben! Daran glaube ich fest.

Liebe aufmunternde Grüße von
Ingrid
stefanie heute morgen entdeckte ich im Wald winzig kleine blaue Blüten,die mir noch nie aufgefallen waren.Die Lichtung sah-der Blüten wegen-wunderschön aus.Früher hatte ich mehr die auffallenden Blumen im Blick,diese kleinen wären mir vielleicht gar nicht aufgefallen.
Aber sie hatten heute die Bedeutung für mich,dem Schöpfer zu danken für immer neue Überraschungen in der Natur.
stefanie
anjeli auch, wenn du auch nur einen Menschen glücklich gemacht hast, ist deine Leben bedeutend.
Du hast bestimmt mehr als einem Menschen geholfen, ohne Gut
und Geld zu erhalten.
Du hast aber einen persönlichen Nutzen daraus gezogen und dich selbst glücklich gemacht.
Hast du einem Menschen geholfen, auch wenn du wußtest, du hast durch deine Hilfe Nachteile zu erwarten?

Es klingt für mich so, als hättest du manchmal als Vater anders gehandelt.
Du hast aber so und nicht so gehandelt. Du solltest deine
Handlungen akzeptieren und nicht im Nachhinein verschieben wollen.
Blick nicht zurück, sondern nach vorn und geniesse die restliche verbliebene Zeit deines Lebens, so wie du möchtest.
Du solltest gut zu dir selbst sein, dann finden dich auch andere Menschen positiv.
Vielleicht, wenn du an der Schwelle des Lebens steht und du ziehst nochmals Bilanz, vielleicht fällt dann dein Urteil über dich selbst mit Pluspunkten aus.

Auf jeden Fall hat jedes Leben eine Bedeutung. Auch ein Leben in Armut kann sehr wertvoll sein und damit bedeutend.

anjeli

anjeli
Traute Wenn wir die Antwort auf die Frage, war mein Leben umsonst,nutzlos, wertlos oder gar wirkungslos,philosophisch beantworten, dann meine ich müsste man die Auswirkungen auf die Umwelt,Mitmenschen Wirtschaft und den Nachwuchs sehen.
Dann allerdings kann man mit fug und recht sagen, ganz und gar nicht.
Dein/unser, Ankommen hat einen großen ökonomischen Anschub auf die bisher still verträumten Dörfer und Städte ausgeübt. Ein Aufschwung von dem man heute noch mit erstaunen erzählt kam in Schwung,Ludwig Erhardt.
Handwerker, Landwirte und viele andere Gewerke kamen in Gegenden, die dadurch einen Aufschwung erlebten.
Ein besonders aufgefallener Bereich war dort, wo sich die Gablozer Schmucksteinfabrikanten ansiedelten und ihr Wissen und Können auf die Gegend projizierten.
Das ging sogar bis über die Grenzen. Die Deutsche Raketenwissenschaftler"befruchteten" in den USA und in der UDSSR die Wissenschaft und die ehemals Alliierten veranstalteten ein Wettrennen um den Bau von Atomwaffen und die Vormachtstellung in der Welt.
Eine unheilige Befruchtung. Das was die Alliierten bekämpften und vernichten wollten, haben sie genutzt und der Kalte Krieg wurde geboren.
So wie im Großen wirkte es im Kleinen Umfeld, als wir da zu kamen.
Auch hier hat es noch Auswirkungen und beinflusst Lebensweisen, was wir zu erzählen hatten, wie einmal alles begann. Wie es endete und wer Gewinn und wer Verlust machte und wer wie immer die Rechnung bezahlt, die die Gierigen verursachen.
Aber es hat auch eine lange Friedenszeit gebracht. Die Menschen, auch die vom Krieg nicht berührt worden waren, waren gewarnt. Es gab mit den neuen Waffen, keine Garantie, dass es wieder nur die Einen trifft.
Denn die Atomwaffen und die neuen Waffen, sind nicht für Front und Grabenkämpfe da, sie sind gezielt hergestellt um Massen von Bevölkerung und ihre Lebensgrundlagen,ökonomisch,kostengünstig, zu vernichten.
Alles steht bereit auch
Roboter am Boden und in der Luft und kein Sparprogramm zieht da die Bremse.
Auch das sind die Auswirkungen. Man sieht dem "FEind nicht mehr in sein Gesicht und seine blauen Augen, man drückt Knöpfe und der GRund ist immer noch der Alte. Gier.
Mit freundlichen Grüßen,
Traute



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