Hummel Hummel – (nix Mors Mors)


Da wurde sie, mein Spatz, genau siebzig Jahre alt. Sie hatte schon Monate vorher gefiebert, wie und mit wem sie dieses besondere Datum feiern wollte. Sie bastelte Einladungen, so mit Bildchen, ganz lieb anzusehen – da konnte niemand „Nein“ sagen, wo doch Alles rechtzeitig verschickt wurde. Ich habe keine Einladung bekommen: ich mußte rechtzeitig das 29 Euro Ticket bestellen und ganz selbstverständlich dem Spatz beistehen, z.B. bei Heranschleppen der Fourage.
Spatzens Schwiegertochter bastelte wunderschöne, kulinarische Leckereien, gestaltete die Tische so nett. Der Sohn war so ganz nebenbei der Bugsierer, der die zwei Treppen hoch Alles hochschleppte. Der große Tag konnte kommen.
Spatz hatte das Feiern auf mehrere Tage verteilt, gerade so, wie es die Regierenden gerne tun. So kamen zum Brunch am Geburtstag Leutchen und liebe Freunde. Alle fanden Platz im uns Allen unter „Q3A“ bekannten Wohnzimmer. Es gab doch so viel Gesprächsstoff, bei manchem eben mit Hörgerät-Verstand, der manchmal zu Lachern anregte. Am späten Nachmittag löste sich die Versammlung auf.
Nun wurde flugs neu aufgedeckt: jetzt kam die Familie dran. Alle, aber wirklich Alle kamen. Und bis Mitternacht wurde gefeiert. Die Familie hatte zusammengelegt und dem Geburtstagskind einen dreitägigen Aufenthalt für zwei Personen in Hamburg mit Besuch des Musicals „Ich war noch niemals in New Yorck“ geschenkt. Eine wahre Überraschung.
Wie schon gesagt: es wurde gefeiert und gefeiert, Da war ja noch ein Geburtstag zu feiern: einen Tag vor dem Spatz wollte doch der Geburtstag der Tochter gefeiert werden. Das konnte man schließlich nach eintägiger Pause.
Und danach wieder ein Tag Pause. Aber dann an dem Samstag trafen sich die Familie, verstärkt durch Bruder und Schwägerin und noch alles, was Rang und Namen um Spatz herum hat, an der Dampferanlegestelle in Köpenick. Der Spatz hatte zu einer Fahrt rund um die Müggelberge eingeladen. Schönstes Wetter machte die Stunden lange Fahrt zu einem Erlebnis. Aber nicht genug: da wurde zum Abschluß in Köpenick noch gemeinsam in einem Restaurant an der Spree gespeist, bis die Autos Alle wieder heim brachten. Die Familie blieb zum Austrinken noch eine ganze Weile zusammen.
Und nun noch der Sonntag. Mit der angereisten Bruder-Familie wurden die „Gärten der Welt“ in Marzahn-Hellersdorf besucht. Wieder bei schönstem Wetter. Am Nachmittag wurde schließlich der „rote Teppich“ eingerollt. Ausatmen, Verschnaufen, Rückschau halten. Spatzens Ideen waren zu schönstem Erfolg geworden.
Eine Woche danach, an einem trübe erscheinenden, kühlen Sonntagmorgen, machten wir Beide uns auf dem Weg. Für die Fahrt nach Hamburg hatten wir uns für’s Auto entschieden. Je weiter wir nach Nordwesten rollten, desto gnädiger wurde das Wetter. Die vielen Windräder wühlten sich durch den kräftig blasenden Wind, Kaum ein Landstrich ohne Windpark.
Unser „Werner“ hatte uns drei Stunden Fahrzeit vorher gesagt. Und sonst hatte er nach dem Verlassen der Berliner Straßen erst einmal nicht viel zu sagen. Er war so nett und regte uns zu PP an, lotste uns dann wieder auf die Autobahn zurück. Nach dem Gehoppele beim Einfahren nach Hamburg bekam er das absolute Kommando. Ja solange, bis man uns nach links von der Route umlenkte: beim „Michel“ fand gerade ein Byker-Gottesdienst stand, da durften eben nur die „Mopeds“ mit lautem und leisem Getöse, mit oder ohne Beisitzer, geradeaus fahren. Aber „Werner“ fand schnell die Lösung. Und dann standen wir vor dem Hotel, das die Kinder für uns ausgesucht hatten. „Wahnsinn!“: direkt über den Landungsbrücken.
Mit dem Einchecken war es man noch’n Büschen früh, es war gerade man zehn Uhr, als wir landeten. Aber herrlich: auf der gegenüberliegenden Straßenseite zum Hotel fanden wir einen kostenfreien Parkplatz. Und den gaben wir über die drei Tage einfach nicht mehr her.
Das Gepäck ließen wir im Wagen. Wir zogen, bewaffnet mit Kameras und einer Flasche Wasser, hinunter zu den so bekannten Landungsbrücken. Wir wollten da mit so ’nem Sightseeing-Bus auf Entdeckungsfahrt gehen. Doch wegen der Feiern am Michel war da keine gescheite Rundfahrt zu haben. Also nahmen wir eine Hafenfähre und ließen uns Elbe abwärts bis nach Finkenwerder und zurück bei kräftigem Wind aber ab und an auch etwas Sonne friedlich durch ein Stück Hafen schippern.
Da wir ja für die Fahrt uns ein Tagesticket zu zweit haben andrehen lassen, konnten wir auch die Busse und Bahnen in ganz Hamburg benutzen. Wir ließen uns von der Haltestelle „Michel“ bis zum Rathausmarkt mitnehmen. Wir schlenderten zum „Jungfern ssstieg“, hatten den Blick auf die Außenalster. Schrittgeschwindigkeit: man gerade so ein Kilometer pro Stunde – so viel wollte doch mit der Kamera eingefangen werden.
Es war Nachmittag, nun konnten wir unser Zimmer in Besitz nehmen, uns frisch machen. Nur ein großer Baum erlaubte sich, unseren Ausblick aus dem vierten Stock etwas zu teilen. Aber man sah flußabwärts die Landungsbrücken, da auf der anderen Uferseite dir Docks von Blohm & Voß, ja hinüber bis zu Köhlbrandbrücke (wenn man weiß, daß es die da gibt). In einem Dock faulenzte gerade die „Deutschland“ – also keine Kreuzfahrten z.Zt. möglich.
Und man sah flußaufwärts hin zur Hochbahnhaltestelle „Landungsbrücken“, die Züge pendelten mit reichlichem Geräusch um die enge Kurve zur Stadt hinein. Und da unten liegt die „Rieckmer Riekmers“, ein Dreimaster, im abgetrennten Museumshafen.
Schließlich wurde es Zeit, sich für den Musical-Besuch in Schale zu schmeißen, also „die erste Geige“ zu montieren. Die Stadt feierte schon seit Stunden ein ganz wichtiges Ereignis, das gerade zu der Zeit in Südafrika ablief, wo wir uns Udo Jürgens‘ Musical ansahen. Die Leute, jung und alt, strömten zu den Plätzen, wo es Public Viewing gab, natürlich mit viel Firlefanz und Getöse. Auto Corsos bildeten sich.
Uns nahm das Musical für Stunden ganz gefangen (obwohl das doch gar nicht mein Metier war). Ich ging so ganz mit meinem Spatz und seinem Erleben mit. Es war richtig toll. Mal so einen Querschnitt durch das Schaffen von Udo Jürgens, eingewickelt in eine Story. Als wir dann aus dem Theater herauskamen, gingen kräftige Knaller los: Deutschland hat doch gewonnen. Und nun wurde gefeiert.
Der nächste Tag war ein Montag. Also ging die Stadt in ihrem Treiben wieder zur Tagesordnung über. Nach dem selbstgewählten Frühstück stiegen wir die Treppen zu den Landungsbrücken hinab. Heute sollte die Stadtrundfahrt genommen werden. Wir kletterten hinauf zum Oberdeck, fanden vorne in der ersten Reihe einen passablen Platz. Wir fuhren die Große Rundfahrt. Die Bilder wechselten im Bus viel zu schnell, doch das Alles zu Fuß oder mit dem Rad zu bewältigen, hätten wir mehr Zeit im Köcher haben müssen.
Wieder zurück bei den Landungsbrücken holten wir uns ein neues Tagesticket. Wir kletterten in die U3, die im Augenblick nicht Elbe aufwärts fahren kann, und ließen uns nach Barmbeck hinausfahren. Nicht alle Strecke ist unterirdisch, man kann vieles beobachten. Von Barmbeck aus ließen wir uns von der S-Bahn bis zu „Planten und Blomen“ bringen. Wir fingen manch schönen Naturblick ein.
Mit einem Bus ging es durch St.Pauli hinaus nach Blankenese. Den S-Bahnhof fanden wir nicht. So nahmen wir einen Bus nach Wedel und der fuhr durch Wedel kreuz und quer, bis wir am S-Bahnhof umsteigen konnten, wieder reinfuhren nach Altona. Weil uns Altona nicht sonderlich gefiel, fuhren wir weiter zum Hauptbahnhof in Hamburg. Den Bahnhof sollte man immer besuchen.
Es ging zur Mönkebergstraße. Wir wechselten schnell zur Parallelstraße, weil uns der Busverkehr zu viel war. Wir pilgerten durch die Kolonaden, wurden so reichlich mit Eindrücken beschert. Wieder landeten wir vor dem Rathaus, tippelten wieder die Jungfernstiege entlang. Man kann sich nicht sattsehen.
Ganz schön müde – noch ohne Mittagessen (keine Zeit!) – suchten wir eine Möglichkeit zum – endlich einmal – Fischessen. Es war acht Uhr abends, als wir schnell noch ein Fischfilet mit Remouladensoße zwischen einem Rundstück ergattern konnte. Auch ein Bier gab’s dazu. Müde, reichlich müde landeten wir in unserem Zimmer. Ein prallgefüllter Tag wartete nur noch auf sein handelsübliches Ende.
Am letzten Tag, ein Wochentag, Dienstag, wachte ich mit dem ersten Dämmerlicht (wir blickten nach Südwest), um vier Uhr auf. Spatz schlief noch fest und ruhig. Ich holte Kamera und WebCam hervor und knipste und filmte in den werdenden Tag. Allmählich kam Betrieb auf an den Landungsbrücken. Die Hochbahn schickte ihre erste Garnitur in Richtung Baustelle und ließ sie danach mit ihrem Gerumpel wieder nach Barmbeck rollen. Nach ein und einer viertel Stunde. Kroch ich wieder ins Bett, hatte ich doch einige interessante Bilder einfangen können.

Eigentlich wollte Spatz noch einmal in die Stadt, wollte doch unbedingt in die Speicherstadt. Ich hatte vor der Anreise die Rückfahrt über Schwerin und Güstrow vorgeschlagen. Nach dem Frühstück und dem Auschecken gaben wir „Werner“ den Plan nach Ratzeburg vor. Wir ließen den Wagen hinüber in Richtung Mecklenburg rollen. Da es mittlerweile schon elf Uhr war, als wir hinter Plön in Ratzeburg am See landeten, da die Fischerstuben entdeckten, zogen wir das Mittagessen (das erste nach zwei „hungrigen“ Tagen) vor. Zweimal Zanderfilet und zweimal Alster(wasser). Das da draußen im Freien mit Blick auf den See. So wunderbar, ja eine regelrechte Erholung. Wir hatten ja Zeit.
Und weiter ging’s mit „Werner“ nach Schwerin. Wir stellten beim Schloß den Wagen ab. Wir pausierten beim Umrunden des Schlosses. Dieses Verspielte in Architektur und Parkgestaltung nahm uns Heimreisenden gefangen. Das ersetzte nun das Hamburger Bild, das uns noch immer gefangen gehalten hatte.
Und dann ging’s eben wieder zurück zur Autobahn. „Werner“ bekam den Maulkorb um. Die Heimfahrt war bestens bekannt. Für mich als Beifahrer Gelegenheit zum Filmen. Nicht mit dem CamCorder, nein mit dem Fotoapparat (der war mit beiden gestützten Armen ruhiger zu halten).
Spatz hat nicht gemerkt, was ich da zum Film an Ton mitschneiden konnte. Wir unterhielten uns über unser so fantastisches Erlebnis zu zweit. Jeder von uns Beiden war schon in Hamburg gewesen. Aber sooo, so hatten wir es noch nicht erfahren, sahen, wie kurz doch mancher Weg war – die Füße haben tapfer durchgehalten.

Hummel Hummel – (nix Mors Mors)



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Kommentare (3)

ortwin Eigentlich ist eine solche Aufnahme heute kein Problem mehr. Selbst die preiswerten Klein-Digis können da schon mitmachen.
Ich habe - mein Schatz schlief noch - ohne Licht im Zimmer Stativ und Kamera miteinander verbunden, das Bild anvisiert, durch Sucher oder LCD, dann auf Nachtaufnahme geschaltet und dann mal probiert, noch ein paar Wiederholungen und - eigentlich hätte ich auch den CamCorder nehmen können, um das Einsetzen des Lebens an dem frühen Morgen festzuhalten. Na und der Standort war ja auch nahezu optimal, es störte nur ein Baum vor dem Fenster, sonst hätte ich ein Panorama zusammen geknipst.
Nur Mut zum Knipsen. Was nichts geworden ist kann man löschen, wo du Zweifel hast, nimm die Bilder mit nach Hause, manches Bild bekommt später noch eine Chance.

ortwin
ehemaliges Mitglied meine Güte Ortwin, nachdem ich bei dir reinschaute, glaube ich dir die eigene Aufnahme von Hamburg, Bin gerade in einen Photokurs eingestiegen, ob ich jemals solche Aufnahmen hinkriege? Die deine ist aus meiner Sicht einfach "GUT"!
Wie positiv du meine Stadt beschreibst, DANKE.
Deine Aktivitäten sind imposant, sie werden mich sicher als Lektüre noch lange beschäftigen.
Liebe Grüße von
@Alwite

ortwin Diesen Kommentar schrieb ich Paddel zu seinem Fähren-Gedicht:

Die noblen Fähren ham’s uns angetan.
Bei Wind und Wellen sind wir rausgefahr’n,
durften erleben die Elbe ab ein ganzes Stück
bis Finkenwerder und dann wieder zurück.

Ihr Haar war ganz wild vom Wind gekämmt,
erlebte mit mir an Deck, nicht eingezwängt,
das Treiben, den Trubel von Schiffen und Booten,
die dicken Pötte geführt von Lotsen.

Für drei Tage nach Hamburg durften wir reisen.
Bilder nahmen wir mit von diesem Treiben.
Da war es wohl klar auf’s Wasser zu gehen,
die Stadt auch einmal so zu sehen.

Vom Fenster des Hotels an den Landungsbrücken,
ob tags, ob nachts, wann immer aus dem Fenster blickend,
die Hochbahn quietschend in die Kurve ging.
Das Tagesticket zu mehr Erleben zwingt.

Wir war’n noch niemals in New York,
St.Pauli zeigt man Dir‘s in einem fort.
Und läufst du durch die Stadt zu Fuß:
da winkt der Michel mit einem Gruß.

Du verliebst dich in die schöne Stadt,
in Alles, was sie zu bieten hat.
Zu schade, dass wir weiter müssen.
Hamburg lass‘ dich herzlich grüßen.


ortwin

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