Ich dachte, das gibt’s nicht mehr



Gestern oder vorgestern – war nun Siebenschläfer oder nicht – bin ich alleine – mein Spatz kommt erst im Juli! – ziellos ins Auto gestiegen, ließ es sich das Fernziel aussuchen. Und was meinst du, wohin er sich lenkte: ins Schambach-Tal – davon gibt’s gleich zwei – das nach Riedenburg im Altmühltal. Ein wunderschönes Tal.

Inzwischen hatte ich Riedenburg verlassen und war auf der linken Seite der Altmühl flußabwärts weiter gefahren. Mich reizte es, mal nachzusehen, wie weit die Renovierung der Burg Prunn über der Altmühl fortgeschritten war. Im vorigen Jahr hatte man die Burg verkleidet. Ich war gespannt.

Und da kam die Burg in Sicht. Links abgebogen und mit reichlichem Schlenker hinauf. Ich war nicht dazu gekommen, vor dem Anstieg noch ein Foto zu schießen, saß mir doch ein Schulbus im Auspuff. Als es dann oben auf der Höhe rechts ab zur Burg ging, brauste der Bus weiter geradeaus. Ich ließ den Wagen hinab zum Parkplatz rollen – den kannte ich ja von früheren Besuchen. Gerade zwei Autos standen da.

Ich schlenderte hinunter auf dem Fahrweg zur Burg, verliebte mich in die herrlichen Ausblicke ins Altmühltal. Mit jedem Schritt nach unten erhob sich die Burg mehr und mehr. Nur wenige Häuser standen da neben und über der Burg – man kann sie von unten, an der Altmühl nicht entdecken.

Da fegten mit lange nicht mehr gehörtem Getöse zwei Militär-Düser über das Tal hinweg. Ich dachte, das gibt’s nicht mehr. Ich versuchte, sie mit der Kamera filmisch zu erwischen, der dritte Anflug ist im Bild zu sehen und … ich habe den Lärm eingefangen. Man hatte es in BR-Fernsehen mitgeteilt, daß die Nato über der Schwäbischen Alb und Bayern übt.

Hinter der Burg gibt es ein Restaurant, etwas höher als der Eingang in die Burg. Sie lud ein, da draußen im Freien – Kinder, wir hatten Sonne pur und nix Regen! – da draußen im Biergarten Platz zu nehmen. Einen schattigen Platz konnte ich mir aussuchen. Noch war ich draußen der Erste – man räumte flugs den Wischeimer fort. Die Speisenkarten lagen schon auf den langen Holztischen. Ich rutschte die Sitzbank hin zum Geländer, um das Altmühltal nach Westen, also flußaufwärts zu beäugen.

Ich bestellte mir eine Schneider Weiße und ein Hirschgulasch mit Spätzle und Salat – ich wollte meine Wehmut im Alleinsein überspielen. Es dauerte eine Weile, bis der Hirsch erlegt und zubereitet war. Ich verliebte mich in die Schneider Weiße. Kleine Wandergruppen wagten sich in den Biergarten, teils vor der Burg-Besichtigung, teils nur zum Sitzen und Frischluft genießend.

Ein Paar, so um die fünfzig, frug, ob sie sich zu mir setzen könnten. Wir kamen ins Gespräch. Sie erkannten, daß ich kein Bayer war. Sie ließen mich raten, woher sie kämen. Ich tippte auf Thüringen und Sachsen. Beide stammten aus Dresden, waren Konzertmusiker, hatten eben mal Ferien zwischen der Arbeit. Nun kann man bei weit gereisten Menschen nicht mehr das Zuhause klar erkennen, aber um wievieles scheint doch das Dresdnerische gegenüber der Sächsisch in und um Leibzsch zu sein.

Ich sprach hier über die Landschaft, zeigte verschiedene, besuchenswerte Dinge auf. Sie waren zu Fuß von Riedenburg herüber gewandert. Ich erzählte von der „gestorbenen“ Bahnstrecke von Ingolstadt nach Riedenburg und über noch andere hier um die Altmühl herum, nicht mehr existierende Bahnstrecken. Sie waren stolz über die noch erhalten gebliebenen Schmalspur- und Normalspur-Bahnen in Sachsen und Thüringen, die ich ja vom Hörensagen bestens kannte. Und so ganz nebenbei kam heraus, daß er und ich „N-Spurer“ sind, doch darüber redeten wir sogleich nicht mehr, der lieben Frau zuliebe, die seine Ausflüge in den Keller nicht sehr liebte – wie ich das kenne …

Mein Hirsch traf ein – Gelegenheit, dem Paar mehr zuzuhören, „mit vollem Mund …“ - so bekam ich doch Tipps für die nächste Tour mit dem Spatz von Niesky aus ins Sächsische. Noch lange haben wir gequatscht, bis die Herrschaften ihre Weinschorle ausgetrunken hatten, auch mein Schneider war alle. Wir verabschiedeten uns und gingen unsere Wege, ich stieg die Treppe hinauf zum Parkplatz, sah mich immer wieder zur absinkenden Burg um.

Ich fuhr nicht den Aufstiegsweg hinunter, ich fuhr nach rechts, dahin, wo der Schulbus weiter gefahren war. Die Straße blieb lange auf der Höhe. Vor mir tauchte der Ort Painting auf – ich knipste ihn so aus dem Auto heraus. Es ging allmählich bergab. Und so nahe Kelheim durchquerte ich zum letzten Mal das Altmühltal, fuhr stracks nach Ingolstadt zurück. Es war bannig heiß geworden.

Immerhin eine schöne Tour, die gut in Erinnerung bleibt.
Samstag, 26. Juni 2010


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Kommentare (5)

ortwin Der Rhein-Main-Donau-Kanal kommt von Nordwesten zur Altmühl. Bevor er bei Beilngries sein Wasser mit dem der Altmühl vermischt, kam er teilweise an dem alten Ludwig-Kanal (Nünberg - Neumarkt/Oberpfalz, der war für heutige Verhältnisse viel zu klein) vorbei, muß bei Berching eine Schleuse passieren, läßt den Blick rechter Hand hinüber zum Kloster Plankstetten (das dem Bistum Eichstätt den neuen Bischof lieferte, als Bischof Mixa nach Augsburg durfte [nu isser nich mehr in Amt und Würden]). Eine "kleine" Dampferfahrt von Beilngries nach Berching bringt das Problem im Schleusen mit sich, wo es den Fahrplan immer etwas durcheinander bringt. Aber das Warten bietet Zeit zum Blick ringsum zu Flora und Fauna. Und besonders schön ist eine Abendfahrt mit genüßlichem Essen und Trinken - paß auf, wenn du am Oberdeck stehst: du mußt den Kopf einziehen, wenn es unter den Brücken hindurch geht. Sogar am Abend begleiten das Schiff Radfahrer am Ufer. Gibt es etwas Friedlicheres?
Wir haben zuletzt die Befreiungshalle über Kelheim besucht - bislang hatte ich den Weg dahin gemieden, aber jetzt ... zum Abschied von Bayern ... ich muß langsam ans Einpacken denken - die Bilder passieren Revue. Adieu

ortwin

NB: ich fahre bestimmt noch einmal alleine hin (nur ca 40 km weg von Ingolstadt).
ortwin
omasigi Lieber Ortwin,
so war es kurz vor unserer Auswanderung.
Bei dem letzten Besuch in der Naehe von Gunzenhausen,
habe ich gesehen, das dort das Altmuehltal als
Naherholungsgebiet einiges zu bieten hat.
Alles hat halt seine zwei Seiten
und manchmal bin ich sicherlich nicht so aktuel.
Danke Dir fuer Deine Antwort.
omasigi
ortwin Liebe omasigi,
ich hatte damals die Querelen um die "Flußbegradigung" mitgehört, da und dort auch noch die Roharbeiten erlebt. Doch wenn du heute von Feuchtwangen bis Kelheim fährst...
drei Karten 1:35000 brauchst du für diesen Weg entlang der Altmühl. Da fehlt eben auch manche in den Jahren abhanden gekommene Eisenbahn, ob Regel- oder Schmalspur, dafür dürfen die Radler auf den Trassen der Bahnen mit mancher schwachen Steigung durch das Tal fahren, dürfen halten an den Altarmen der Altmühl und den Schiffen aus Ost- bis Westeuropa zuschauen, wie sie auf dem Rhein-Main-Donau-Kanal fleißig, aber ohne Hast von Schleuse zu Schleuse schippern. Und da gehören Reiher, Enten, Gänse, Schwäne und Biber genauso dazu wie Geißen und Rinder.
Die Altmühl hat durch den Umbau viel gewonnen. Immer wieder hat es meinen Spatz (wenn er aus Berlin bei mir zu Besuch war) und mich dorthin gezogen. Ein Erlebnis.

ortwin
omasigi Das Altmuehltal

vor 2 Jahren war ich das letzte Mal dort als wir unseren Deutschlandurlaub machten.
Nun meine Tochter lebt seit 7 Jahre in der Naehe.

Aber auch schon frueher als Deutschland noch unser zuhause, war das Altmuehltal immer wieder ein Ausflugsziel. Damals war die Altmuehl noch nicht begradigt.

Mir geht es wie Tilli, Du erzaehlst so schoen von Deinen Ausfluegen, da kommen die Erinnerungen ganz automatisch.

Wuensche Dir, dass Du Dein Wohnungsproblem bald loesen kannst.

gruessle
Sigrid
tilli Also Ortwin!
Ich lese immer wieder deiner Geschichten.Nicht immer habe ich gleich Zeit um einen Kommentar zu schreiben.
Aber, das weißt du ja schon lange, das du uns Usern mit deinen Wanderungen und Beschreibungen deiner Fahrten wirklich immer wieder erstaunst.
Also schreib weiter so.Hoffentlich wirst du bald eine Wohnung in Berlin bekommen,damit du nicht solange von deiner Partnerin getrennt wirst.Ja,jeder Tag mit jemanden zu sein ist doch was wunderschönes.
Ich vermisse es sehr und die Einsamkeit macht mich traurig.
Viele Grüße Tilli

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