Für viel Geld hatten wir uns in Berlin internationale Führerscheine ausstellen lassen, da die Frau vom Reisebüro gesagt hatte, dass diese in Kanada Pflicht seien.
Als wir bei der Autovermietung Hertz nun diese Dokumente vorlegten, konnte der Angestellte gar nichts damit anfangen. Er fragte, ob wir keine nationalen Führerscheine hätten. Die hatten wir und er war glücklich, denn damit kannte er sich aus.
Wir bekamen ein ziemlich großes Auto, das aber keine Klimaanlage hatte.
„Macht nichts“, dachte ich. „Die haben wir in unserem Mitsubishi daheim auch nicht.“
Mehr Sorgen machte mir, dass der Leihwagen ein Automatikgetriebe hatte. Damit kannte ich mich noch gar nicht aus.
Ich fragte noch, wie wir zu unserem Hotel kämen, welches ich wohlweislich so gewählt hatte, dass es sich in der Nähe des Flughafens befand.
Die verbale Wegbeschreibung, die ich erhielt, war sicherlich exakt, enthielt aber so viele Informationen, dass ich am Ende nur die Richtung wusste, in der wir die Fahrzeughalle verlassen sollten.
Als ich den Motor angeworfen hatte, versuchte ich den Hebel auf „D“ wie Drive zu stellen, was nicht gelang. Ich musste einen der Mitarbeiter bitten, mir zu zeigen, wie man das Auto in Gang setzte. Er sagte mir nur: „Push the break!“
Als ich die Bremse trat, ließ sich tatsächlich auch ein Gang einlegen und das Auto begann zu rollen, nachdem ich das Bremspedal freigegeben hatte. Nach dem Verlassen der Garage gab es eigentlich keine Möglichkeit, sich zu verfahren, denn überall waren Schilder mit den Wörtern „Exit” und „Sortie“ zu sehen. Man konnte den Ausgang eigentlich gar nicht verpassen.
Dann aber kam die eigentliche Herausforderung. Plötzlich waren wir auf einer Autobahn und hatten keine Ahnung, wie wir weiterfahren sollten. Ich wusste nur, dass unser Hotel direkt am Flughafen sein musste, weshalb ich bei der nächsten Gelegenheit die Autobahn wieder verließ.
Das automatische Getriebe irritierte mich sehr. Immer, wenn wir anhalten mussten, wollte ich den linken Fuß zum Kuppeln einsetzen und mit der rechten Hand einen anderen Gang einlegen, was beides nicht ging.
Eine Klimaanlage hätte uns sicher gutgetan, denn das Bordthermometer zeigte 36°C an.
Nachdem wir eine Viertelstunde gefahren waren, tauchte vor uns eine Tankstelle auf. Das war die Rettung!
Wir traten ein und ich bat um einen Stadtplan von Toronto und eine kalte Coke. Zu meiner Verwunderung sagte die Dame an der Tankstellenkasse anscheinend: „This is Missis Sauga.“
Ich dachte, sie nennt ihren Namen und überlegte schon, ob es wohl üblich sei in Kanada, dass man sich an der Tankstelle vorstellt. Sie bemerkte mein Unverständnis und zeigte mir eine Karte von Mississauga. Ich kapierte jetzt, dass wir Toronto verlassen hatten und in dem Vorort Mississauga gelandet waren.
Wir bekamen unsere Cola und eine Karte von Toronto, auf der auch Mississauga eingezeichnet war. Nun mussten wir den ganzen Weg wieder zurückfahren und sahen, dass wir uns vorhin an einem Autobahnkreuz für die falsche Richtung entschieden hatten. Eigentlich war der Weg vom Flughafen zum Flughafenhotel ein Katzensprung.
„Warum einfach, wenn es auch kompliziert geht?“, hätte meine Oma gesagt.

Aus dem Buch "Reisehusten" von Wilfried Hildebrandt


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Kommentare (3)

hockey

Bin ueberrascht das Hertz dir ein Auto ohne Klimaanlage gibt. In 40 Jahren regelmaessig Autos in Canada gemietet (aber bei Avis) nie eins ohne AC bekommen. Haette es auch nicht genommen. Hoffe Ihr habt einen schönen Urlaub in Canada gehabt
Cheers Hockey
Vancouver

Wilfried

@hockey  hatten wir trotzdem. Lies meine weiteren Blogs.
Viele Grüße
Wilfried 

Rosi65

This is Missis Sauga.“

Oh, lieber Wilfried, ich hätte es sicher auch so verstanden, und dann sicher noch mit einem freundlichen „Good to meet you“, geantwortet. 😂
Was für ein herrliches Missverständnis!

Herzliche Grüße
    Rosi65


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