In Würde altern

Autor: ehemaliges Mitglied

In Würde altern
Altsein.pngDas Gerechte ist: Wir werden alle gleichmäßig älter. Früher oder später muss sich jeder mit dem Thema Altwerden auseinandersetzen.

Der in meiner alten Heimat gebürtige Schriftsteller Hermann Hesse tat es auch. Dieses Zitat offenbart seine Ansicht über das Altern in Würde.

In einer »Aufgabe« steckt häufig die Herausforderung, etwas zu meistern. In jeder Lebensphase gibt es Dinge, die wir lernen und die wir meistern müssen, auch in der Phase des Jungseins. Dass beim Altern das Sterbenlernen dazukommt, empfinde ich als eine gewaltige Aufgabe.

Bisher war ich nicht so begeistert davon, jedes Jahr älter zu werden, aber indem Hesse die Aufgabe des Altseins als »schön und heilig« bezeichnet, erinnert er mich daran, an diese Aufgabe positiv und mit Würde heranzugehen.

Dennoch, ich finde es schwer, das Thema Altwerden ohne geheime Ängste anzugehen, was da so alles auf mich zukommen wird. Diese ganze Thematik ist hoffentlich kein Tabuthema im ST.

Wie empfindet ihr das Altwerden?
Was bedeutet es für euch, in Würde zu altern?

Bitte teilt, wie ihr diese Aufgabe meistert.
Das ist für uns alle wertvoll.

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Kommentare (19)

Donna_R

Wir sollten uns das Alter nicht schön reden, denn es ringt uns einen Verzicht nach dem anderen ab.Die Hauptsache ist, man bleibt geistig rege, denn wenn die Beine nicht mehr wollen, regt sich immer noch der Geist.

Sie seufzt und sagt:
"Nichts desto trotz-
Kirschblüten!"

ehemaliges Mitglied

 
 
 
 
Alt werden ist eine Gunst - alt sein ist eine Kunst.
 
Schattenriss Paar.png
  
An alle,
die an diesem Blog mitgewirkt haben,
die mir durch private Nachrichten geholfen haben, den einen oder anderen Aspekt besser zu verstehen,
die diesen Blog gelesen haben, weil das Thema sie gesprochen hat ...

EIN HERZLICHES DANKESCHÖN


Nach anderthalb Jahren Recherchen und Gesprächen ist mein Sachroman RELING dieser Tage veröffentlicht worden. Hier das Vorwort:

Mit RELING teile ich interessante Wissenshäppchen aus der bisherigen Altersforschung, die sowohl ein gesundes Altern als auch ein Sterben in Würde ermöglichen sollen.

Mit RELING wage ich einen Tanz mit der Zukunft. Ich stelle mir vor, wie ich in die Zukunft springe und mich dort mit meinem zukünftigen hundertjährigen Wunsch-Ich verbinde. Indem ich aus dieser Perspektive auf die Gegenwart zurückschaue, begreife ich, dass ich selbst meine eigene Zukunft erzeuge. Dieser Prozess wird von dem Zukunftsforscher Matthias Horx Regnose genannt.

Im Gegensatz zur Prognose, bei der eine künftige Entwicklung vorhergesagt wird, wenn alles so weitergeht wie bisher, geht es bei der Regnose darum, sich ein erstrebenswertes Ziel in der Zukunft genau vorzustellen, um dann - das ist der wichtige Unterschied - ganz bewusst ein Konzept für die Gegenwart zu entwickeln, mit dem dieses gewünschte Ergebnis auch tatsächlich erreicht werden kann. Es geht also nicht um den ängstlichen Blick vorwärts (pro) ins zukünftige Altern, sondern um den begreifenden Rückblick (re) aus der Zukunft, der uns mit Zukunftsmut zurück in die Gegenwart führt, in der wir die eigene Zukunft gestalten.

RELING ist daher viel mehr als ein Gedankenexperiment oder eine andere Perspektive, die Zukunft zu betrachten. Regnose führt zu innerem Wandel und vermochte bei uns zielführendes Handeln auszulösen.

Der Arbeitstitel für RELING lautete zunächst »Alterssprünge«, weil es in großen Lebenssprüngen vorwärtsgeht, denn die Buchkapitel entsprechen besonderen Hochzeitstagen.

RELING - dieser Titel macht neugierig. Was hat eine Reling damit zu tun, in Würde altern und sterben zu wollen? Ganz viel – das wird während des Lesens immer klarer.

Jeder möchte möglichst alt werden, niemand jedoch alt sein. Mit Anstand bzw. Würde zu altern, ist angesichts der Herausforderungen des Alters eine Kunst und eine der größten Lernaufgaben, die das Leben an uns stellt, die unter anderem darin bestehen kann, dem schmerzenden Körper und dem Gedanken des Sterbenmüssens tapfer gewachsen zu sein.

»Wir müssen immer lernen, zuletzt auch noch sterben lernen.«
Marie von Ebner-Eschenbach, »Aphorismen«, Gebrüder Paetel, 1911

Mit meinem autobiografischen Roman RELING möchte ich dazu anregen, euch mit dem Altsein und dem Sterbenlernen auseinanderzusetzen, denn diese Themen werden in unserem Kulturkreis viel zu oft verdrängt.

Eure
Iris Sofie Bayer

ehemaliges Mitglied

Kennt ihr das letzte Gedicht, das Hermann Hesse geschrieben hat?

Es ist betitelt »Knarren eines geknickten Astes«.

An diesem Gedicht hat er als 85-Jähriger in den letzten Wochen seines Lebens geschrieben. Am Vorabend seines Todes legte er die dritte und letzte Fassung seiner Frau aufs Bett. Als er am anderen Morgen nicht zum Frühstück erschien, fand ihn seine Frau - friedlich entschlafen - in seinem Bett.

Ob er sich am Ende seiner Lebenszeit gefühlt hat wie dieser geknickte, dürre Ast, der im Winde knarrte? Irgendwie muss er gespürt haben, dass sein Tod bevorstand.

Hesse verstarb in der Nacht zum 9. August 1962. Ich glaube, er hat die »schöne und heilige Aufgabe des Sterbenlernens« (siehe obiges Zitat unter dem Foto) gemeistert. Das möchte ich auch, irgendwann einmal - nach einem erfüllten Leben - loslassen können und mit mir selbst und der Welt im Reinen gehen können ...

ehemaliges Mitglied

Buchempfehlung

»Das Wort ›Ruhestand‹ sollten wir aus unserem Sprachschatz streichen.« - Heiko Hörnicke

Buchtitel: »Fröhlich altern - Die reifen Jahre aktiv gestalten«

Autor: Heiko Hörnicke, geboren 1927, war Professor für Biologie. Er wurde mit 51 Jahren Christ und ließ sich mit 60 beurlauben, um sich gemeinsam mit seiner Frau Christel im Bereich Gemeindeaufbau (Kleingruppen, Jüngerschaft, Glaubenskurse) zu engagieren. Heute liegt ihr Schwerpunkt darauf, Christen im dritten Lebensalter zu inspirieren.

Inhalt: Früher folgte auf ein anstrengendes Arbeitsleben der wohlverdiente Ruhestand, für den einem nur einige Jahre blieben. Heute haben die meisten Menschen nach dem Ausscheiden aus dem Berufsleben noch ein Drittel ihres Lebens vor sich. Älterwerden bedeutet Aufbruch in ein unbekanntes Land. Dieses eBook will dich ermutigen, diesen Lebensabschnitt positiv zu erleben. Denn wir dürfen die Lebensbedingungen im Alter gestalten. Und unsere Zeit braucht die Älteren als Vorbild und Helfer.

Heiko Hörnicke teilt in »Fröhlich altern« seine eigenen Erfahrungen mit dem Älterwerden. Er stellt dar, wie man sich aktiv auf das Alter vorbereiten kann und wie man gut Abschied nimmt von dem, was nicht mehr geht. Vor allem aber fordert er die Leserinnen und Leser heraus, die Möglichkeiten und Chancen zu ergreifen, die sich ihnen noch bieten. Denn das Alter steckt voller ungeahnter Möglichkeiten, die auf Entfaltung warten.

Über die religiösen Elemente (Augustinum) im Buch mag jeder denken, wie er möchte. Ich fand, dass Heiko Hörnicke schön kompakt die Aspekte zusammenfasst, die zu überdenken sind, um die Übergangszeit der Entberuflichung gut zu schaffen und dabei nicht in ein Loch zu fallen. Jedes Kapitel beginnt mit einem prägnanten Zitat, gefolgt von einem anregenden Denkanstoss. Am Ende jedes Kapitels findet sich eine provokante Frage und ein praktischer Handlungsimpuls. Damit ihr euch das besser vorstellen könnt, hier ein Beispiel:

»4.5 Trotz Einschränkungen

Unser Alter verläuft in drei Abschnitten:

1. In der vitalen Phase sind wir voll leistungsfähig, haben viel Kompetenz und Lebenserfahrung. Da stellt sich die Frage nach unserer Berufung.

2. In der eingeschränkt vitalen Phase spüren wir körperliche und geistige Grenzen, können uns aber im geistlich-seelischen Bereich weiterentwickeln und unsere Angelegenheiten ordnen.

3. In der unterstützungsbedürftigen Phase sind wir auf Hilfe angewiesen, machen Verlusterfahrungen, stehen vor den existenziellen Fragen nach Leid und Sterben.

Die einen bleiben bis ins hohe Alter fit, andere müssen schon früh mit Einschränkungen leben. Bei Hilflosigkeit kannst du wenig an deiner Lage ändern, aber viel an der inneren Einstellung dazu. Dankbarkeit ist der Schlüssel zu einem zufriedenen Leben. Statt zu jammern, über das, was nicht mehr geht, danken für das, was noch möglich ist. Der menschliche Körper ist ein Wunderwerk! Wer die Zumutungen des Alters bejaht, lebt besser. Alte Menschen, auch wenn sie krank und gebrechlich sind, strahlen oft Zufriedenheit und Weisheit aus. Wir können viel von ihnen lernen, bekommen Mut zu altern. 

Betrachten wir den Menschen als Geschöpf Gottes, so behält er Wert und Würde unabhängig von der körperlichen und geistigen Situation.
Diese Würde ist unantastbar.
Dafür lohnt es sich, immer wieder einzutreten.


Denk mal
In welcher Phase bist du? Wie erlebst du sie?

Mach mal
Liste einmal alles auf, für das du danken kannst.«

ehemaliges Mitglied

Buchempfehlung

Zwischenzeitlich habe ich mich bei meinen schriftstellerischen Recherchen mit einem sehr interessanten und informativen Buch beschäftigt, das gut zu dem obigen Hesse-Zitat passt, auf das ich mein neues Buch stützen möchte.

Buchtitel: »Über das Sterben - Was wir wissen. Was wir tun können. Wie wir uns darauf einstellen​​​​​.​​«

Autor: Dr. med. Gian Domenico Borasio und gilt als einer der führenden Palliativmediziner Europas. Ihm ist es maßgeblich zu verdanken, dass sich heute jeder Medizinstudent in Deutschland in seiner Ausbildung mit der Begleitung Sterbender und ihrer Familien auseinandersetzen muss. Seit vielen Jahren steht er für eine Medizin am Lebensende, die das Leiden lebensbedrohlich Erkrankter lindert, ihre Lebensqualität und die ihrer Angehörigen verbessern will – statt künstlich den Sterbeprozess zu verlängern.

Inhalt: Gian Domenico Borasio beschreibt, was wir heute über das Sterben wissen und welche Mittel und Möglichkeiten wir haben, unsere Angst vor dem Tod zu verringern sowie uns auf das Lebensende vorzubereiten. Dabei geht er auf Fragen ein wie: Warum haben wir Angst vor dem Tod? Wovor fürchten wir uns? Was ist der Tod überhaupt? Was passiert, wenn wir sterben?

Hier noch ein paar interessante Einzelheiten aus dem Buch,
die auch gern von euch kommentiert werden dürfen:

Fast alle Menschen wünschen sich, zu Hause zu sterben. Realität ist, dass in Deutschland die meisten in Krankenhäusern sterben.
Gian Domenico Borasio ist der Ansicht, dass 90 % aller Sterbefälle in Begleitung von Hausärzten problemlos zu Hause stattfinden könnten, da es einen natürlichen Sterbeprozess gäbe, den man nicht unnötig stören solle.
Für 10 % sei spezialisiertes, palliatives Fachwissen notwendig (zum Beispiel durch SAPV-Teams - Spezialisierte Ambulante Palliativversorgung),
von denen nur 1 bis 2 % so gravierende Probleme hätten, dass sie auf einer Palliativstation behandelt werden müssten.

Im Kapitel über Sterbebegleitung schreibt er, dass am Lebensende neben Schmerzfreiheit am meisten Liebe und Zuwendung gebraucht würden. Doch eine solche psycho-soziale Geborgenheit - eingebettet in ein soziales System bei würdigem Respekt der eigenen Identität - setze eine intakte Familienstruktur voraus, und daran mangele es leider häufig.

Offene und ehrliche Kommunikation sei das A und O in jedem Arzt-Patienten-Verhältnis. Fürsorge heiße nicht Bevormundung. Man brauche Respekt vor der Selbstbestimmung des Menschen, um eine würdevolle, friedliche Sterbephase zu ermöglichen. Die Hoffnung auf ein würdiges Lebensende würde allerdings für immer mehr Menschen Realität.

Also ich habe viel aus diesem Buch mitgenommen, das realistisch über das Thema Sterben in Deutschland aufklärt, auch darüber, welche Fehler man am Lebensende vermeiden sollte, vor allem auch, wie man sie am besten vermeiden kann. Mehr Einzelheiten möchte ich nicht nennen, denn nicht jeder möchte so detailreich über das Sterben informiert werden.

Für viele von uns ist die Frage viel wichtiger, wie man möglichst gesund und fit altern kann. Die diesjährige Winterzeit haben wir jetzt größtenteils überstanden, hoffen wir, dass wir mit Frühling und Sommer auch Corona- und andere Viren hinter uns lassen können.

Ich wünsche euch allen ganz, ganz viel Gesundheit!

ehemaliges Mitglied

Wie würdigt man einen Menschen?

… indem man ihn als ganzen Menschen wahrnimmt.
… indem man ihm wirklich zuhört.
… indem man auf wertschätzende Weise mit ihm umgeht.
… indem man auch mal ein aufrichtiges Lob ausspricht.
… indem man ihn achtet und respektvoll behandelt.
… indem man ihn angemessen berührt.
… indem man ihm gegenüber ehrlich ist.
… indem man ihn und seine Sorgen ernst nimmt.

… 



Ich würde mich über Ergänzungen freuen.

ehemaliges Mitglied

@Zwergohreule
Dankeschön für deinen Beitrag. Meine Worte sollten nicht so klingen, als ob man wählen könnte, welches Schicksal einen im Leben trifft.

Schwere Krankheit kann jeden treffen. Oft reißt der Tod unsere Lieben ganz plötzlich von unserer Seite. Da haben wir dann - wie du sagst - keine Wahl. Damit müssen wir dann irgendwie fertigwerden, jeder auf seine Art, und der, der in solchen Situationen eine gute Freundin/einen guten Freund hat oder helfende Hände findet, um die Krise zu überwinden oder sie wenigstens erträglicher zu machen, der kann sehr, sehr froh sein.

Vielleicht denkt man jedoch, man habe keine Wahl, als »bis zur Selbstaufgabe« zu pflegen. Es wird ja auch oft von »aufopfernder Liebe« gesprochen. Doch es heißt: »Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst.« Ich glaube daher nicht, dass Liebe zum Partner/Eltern - wen auch immer man liebevoll pflegt - bedeutet, dass man bis zum eigenen Umfallen pflegen muss. »Wie dich selbst« - wir dürfen uns auch (damit meine ich nicht ausschließlich) selbst Liebe/Freundschaft und Entlastung/erholsame Pausen schenken, ohne schlechtes Gewissen. Jedes Leben ist gleich viel wert.

Vielleicht denkt man oft, dass man im Leben keine Wahl hätte. Doch manchmal ist einem einfach nur der Preis zu hoch, den man für eine bestimmte Entscheidung zu zahlen hätte. Möglicherweise etwas zum Nachdenken.

Ich bin in diesen Tagen auf einen schönen Spruch des chinesischen Philosophen Laotse gestoßen (zitiert nach: aphorismen.de), den ich hier gern mit euch teilen möchte. Es geht um die Liebe.

Pflichtbewusstsein ohne Liebe macht verdrießlich. 
Verantwortung ohne Liebe macht rücksichtslos. 
Gerechtigkeit ohne Liebe macht hart. 
Wahrhaftigkeit ohne Liebe macht kritiksüchtig. 
Klugheit ohne Liebe macht betrügerisch. 
Freundlichkeit ohne Liebe macht heuchlerisch. 
Ordnung ohne Liebe macht kleinlich. 
Sachkenntnis ohne Liebe macht rechthaberisch. 
Macht ohne Liebe macht grausam. 
Ehre ohne Liebe macht hochmütig. 
Besitz ohne Liebe macht geizig. 

 

ehemaliges Mitglied

@WurzelFluegel
Meine neuesten Recherchen ergaben, dass in unserem Gehirn nur etwa 0,1 Prozent bewusst ablaufen, 99,9 % erledigt das Unterbewusstsein. Aber du meinst bestimmt, dass wir grundsätzlich ja nur 10 bis 20 Prozent unser mentalen Kapazitäten nutzen. Na ja, sind alles Zahlenspielereien, aber zeigen dennoch - wir haben noch viel Potenzial nach oben. Ich stimme dir voll und ganz zu, dass Stressfreiheit (damit meine ich negativen Dauerstress) ein wichtiger Faktor ist, nicht nur für das Gehirn, für den ganzen Körper. Ansonsten ist positiver Stress, damit meine ich immer wieder kleine mentale Herausforderungen, sicher ganz nützlich, wenn wir im Kopf klar und fit bleiben wollen. Hier passt vielleicht gut der folgende Spruch:

»Was benutzt wird, entwickelt sich.
Was ungenutzt bleibt, verkümmert.«

Hippokrates von Kós zugeschrieben, zitiert nach: gutezitate.com

Zur WÜRDE - Definition Online-Lexikon
1a.
Achtung gebietender Wert, der einem Menschen innewohnt, und die ihm deswegen zukommende Bedeutung
"die menschliche, persönliche Würde"
1b.
Bewusstsein des eigenen Wertes [und dadurch bestimmte Haltung]
"eine steife, natürliche Würde"

Sehr gut gefallen hat mir diese Beschreibung:
Dem Begriff der Menschenwürde liegt die Idee zugrunde, dass jeder Mensch allein schon durch seine Existenz wertvoll ist.

Ich finde, Würde ist ein schwer zu beschreibender Begriff. Wahrscheinlich ist es einfacher zu schreiben, was menschenunwürdig ist als umgekehrt. Interessant ist bei obiger Online-Definition auch, dass es einerseits die Würde ist, die einem Menschen zugeschrieben wird, einfach weil er Mensch ist, und andererseits das Gefühl oder Bewusstsein der eigenen Würde, was dann wieder ein bisschen mehr mit dem Selbstwertgefühl zu tun hat.

Du hast aber damit recht, dass Würde angeboren ist (und deshalb unantastbar) und ein mehr oder weniger intaktes Selbstwertgefühl (hauptsächlich in der Kindheit) erworben wird und verändert werden kann.

Sehr tiefgehend fand ich auch deinen Gedanken, dass durch eine liebende Tat (zum Beispiel Pflege eines Angehörigen) Selbstwert gewonnen werden kann. Eine schöne Sichtweise und bestimmt eine sehr wertvolle Aussage für viele im ST.

Auf jeden Fall lässt sich festhalten, dass jedes menschliche Leben äußerst kostbar ist (und ich würde sogar für jedes Lebewesen auf dieser Erde sagen wollen, da werden Tierfreunde sicher zustimmen). Denn Leben ist einzigartig. Ich schätze jeden einzelnen Tag, den ich leben darf.

ehemaliges Mitglied

Ich bin ganz neu beim ST, liebe WurzelFluegel, mir ist der Unterschied zwischen Forum und Blog noch nicht so ganz klar. Ich fand einfach, dass mein Thema unter der großen Überschrift PHILOSOPHIE am besten aufgehoben wäre. Doch ich bin immer bereit, dazuzulernen.
Noch bin ich ja offiziell noch nicht alt 😏 ...
und überall geistert ja jetzt das Wort »Neuroplastizität« herum.
Ich habe gerade »Das ABC des inneren Elefanten« fertiggestellt, und darin habe ich über die Neuroplastizität Folgendes geschrieben:

»Mit Neuroplastizität wird die Fähigkeit des Gehirns bezeichnet, sich selbst zu ändern. Neuronen sind Nervenzellen. Plastisch bedeutet formbar. Insbesondere die synaptische Plastizität, die die Signalübertragung an den Synapsen (Kontaktstrukturen) der Neuronen verbessert, ermöglicht effektive Lernprozesse und Gedächtnisbildung bis ins hohe Alter. Sogar ganze Hirnareale können verändert werden und neue Funktionen übernehmen, wenn beispielsweise nach einem Schlaganfall ein Hirnareal zerstört wird. Ist also die Bereitschaft zur Veränderung vorhanden und der Mut, aus deiner Komfortzone herauszutreten, kannst du vieles in deinem Leben verändern.«

Ich beschäftige mich viel mit der Positiven Psychologie. Für mich ist im Alter das Wichtigste, dass man sich eine positive Lebenseinstellung erhält. Ich hab da zwar auch ganz konkrete eigene Vorstellungen, wie das geht, aber natürlich haben viele im ST einen zeitlichen Vorsprung und deshalb freu ich mich über jeden guten Tipp, den ich von denen unter euch, die schon länger jung sind, erhalte.

Menschenwürde - nicht umsonst heißt es im deutschen Grundgesetz: »Die Würde des Menschen ist unantastbar.« Aber hier gilt auch: Papier ist geduldig. Und: Die Praxis sieht oft anders aus. Ich danke denen unter euch, die mir eine private Nachricht darüber geschrieben haben. Ich glaube, es ist deshalb so schmerzlich für Menschen, wenn ihre Würde missachtet wird, weil damit das Selbstwertgefühl verletzt wird, der zentrale psychische Kern eines jeden Menschen.

Um auf deine Frage einzugehen, WurzelFluegel - ich meinte damit, dass Pflegende oft sehr überlastet sind, ihre eigenen Bedürfnisse über lange Zeit oft komplett zurückstellen müssen. Am Anfang pflegt man seinen Angehörigen sicher aus Liebe oder innerer Verbundenheit, aber unter dem Dauerstress wird dann vielleicht doch eines Tages Pflichtgefühl daraus. Es ist natürlich ehrenvoll, den Partner mit Würde zu behandeln, indem man ihn zum Beispiel ermöglicht, in seiner gewohnten Umgebung zu bleiben und von einer nahestehenden Person gepflegt zu werden, aber was ist mit der Würde (ist hier vielleicht nicht ganz das richtige Wort) der pflegenden Person?

Wenn Würde viel mit dem Wert einer Person zu tun hat, kann man dann von Würde sprechen, wenn sich die pflegende Person auf Dauer aufreibt und dadurch sozusagen selbst entwertet wird, egal aus welchen Gefühlen heraus sie das tut. Ich weiß nicht, ob ich das jetzt verständlich rübergebracht habe ...? Ich denke einfach, dass viele Personen von sich selbst zu viel verlangen und sich selbst nicht genug Wert beimessen (gibt es natürlich auch umgekehrt).

Doch vielleicht ist - jemanden, der einem nahesteht, zu pflegen - immer noch besser als voller Trauer und allein zurückzubleiben. Manfred Spitzer bezeichnet in seinem Buch »Einsamkeit - die unerkannte Krankheit« die Einsamkeit als Todesursache Nummer eins in den westlichen Ländern. Das gibt schon zu denken ...

Es ist gut, dass es zum Beispiel den ST gibt, um Einsamkeit zu mildern. Aber ob jeder Mensch so viel Antrieb hat, um in dieser Hinsicht aktiv zu werden?

Zwergohreule

@Iris Sofie  
"Doch vielleicht ist - jemanden, der einem nahesteht, zu pflegen - immer noch besser als voller Trauer und allein zurückzubleiben."

Das klingt, als ob man wählen könnte. Jemanden bis zur Selbstaufgabe zu pflegen wird dich nicht davor schützen, in der nächsten Phase voller Trauer und allein zurückzubleiben.

ehemaliges Mitglied

@Iris Sofie  
Neuroplastizität ist eine ziemlich spannende Geschichte - wir verwenden ja eigentlich nur einen kleinen Teil unseres Gehirns, da ist noch viel Kapazität frei, denke ich, aber wir wissen auch, dass der Mensch vor allem dann effektiv lernt, wenn es in einer entspannten, positiven Atmosphäre lernt, das ist wesentlich. Ich sehe deshalb im Alter auch gute Chancen noch dazu oder neu zu lernen, weil man nicht mehr um jeden Preis erfolgreich sein muss und das ergibt relative Stressfreiheit.

Möglicherweise gehen wir von sehr unterschiedlichen Standpunkten an das Thema Würde heran. 
Eine Begriffsstimmung wäre nützlich.

Selbstwert: Auch das wird unterschiedlich sein. Ich kenne zB. auch pflegende Partner, die aus dieser aufopfernden Pflege sehr viel Selbstwert gewinnen. Ich kenne pflegende Kinder, die ihr ganzes restliches Leben daraus Selbstwert beziehen, dass sie die Eltern gepflegt haben.
Ich beobachte das und bewerte es nicht. Es ist wie es ist.
Selbstwert in diesem Sinne kann ich selber beeinflussen, Würde eigentlich nicht.
Würde ist mir angeboren.
Aber ich mag die Bezeichnungen Selbstwert nicht allzu gerne, denn sie impliziert, dass man mehr oder weniger wert sein kann. Damit bin ich persönlich genauso wenig einverstanden, wie mit mehr oder weniger Würde.

Gruß von
WurzelFluegel

ehemaliges Mitglied

Ich möchte es mal so sagen Sofie:
Würde ist eine Eigenschaft des Menschseins.

Jeder hat Würde.
Es ist äußerst schmerzlich für Menschen, wenn ihre Würde missachtet wird,
egal ob es ein anderer tut oder sie selbst. 

Würde ist mMn. nicht verhandelbar, im Sinne von wann ist es noch Würde und wann nicht.

Du stellst unten die Frage, ob Pflege aus Pflichtgefühl oder moralischen Gründen der Würde des Menschen gerecht wird. 
Den Zusammenhang mit der Würde verstehe ich nicht. Wie meinst du das?

Gruß von
WurzelFluegel


PS ein kleiner Hinweis: im Blog ist eine Diskussion eher schwer möglich, dafür gibt/gäbe es das Forum 

 

JuergenS

@WurzelFluegel  

stimmt, aber dort verkehrt nicht eine identische Mitglieder-Gruppe, insofern erreicht man natürlich hier und dort insgesamt mehr als nur im Forum oder nur bei blog.

😏

ehemaliges Mitglied

Ab wann gilt man offiziell als ›alt‹?

Mit dieser schwammigen Zeitbestimmung des Altseins - wie JuergenS schreibt - habe ich mich auch schon beschäftigt.

Laut WHO bin ich gerade (57) ein ›alternder Mensch‹ und gelte als ›alt‹, wenn ich das 65. Lebensjahr vollendet haben, was ich reichlich früh finde. Es wird allerdings noch ein kleiner Unterschied gemacht: 66- bis 75-Jährige werden als ›junge Alte‹ oder ›ältere Menschen‹ bezeichnet. Erst ab 76 Jahren ist man definitionsgemäß ›alt‹, danach ›betagt‹, ›hochbetagt‹ und schließlich ab 91 sind wir ›sehr alt‹ und sogenannte ›Höchstbetagte‹. Ab 100 heißen wir ›Langlebige‹. Und es gibt wohl immer mehr Menschen in der Welt, die dieses Alter einigermaßen fit erreichen.

Auf keinen Fall möchte ich an meinem Lebensabend alt, krank und hilflos ausgeliefert - womöglich über Jahre hinweg - von Apparaten künstlich ernährt und beatmet am Leben erhalten werden oder - womöglich vollständig sediert - in einem Altenheimbett als Demenzkranke dahinvegetieren. Das wäre in meinen Augen kein menschenwürdiges Leben mehr.

Um auf Juttchens Kommentar einzugehen - ich empfände geistigen Verfall als schlimmer als körperlichen.

So schön der medizinisch-technische Fortschritt auch ist - mir macht vor allem die Apparatemedizin unserer westlichen Welt Angst, die darauf angelegt ist, das Leben alter Menschen mit allen zur Verfügung stehenden technischen und medizinischen Mitteln um jeden Preis zu verlängern. Das geht in meinen Augen an der Menschenwürde vorbei und hindert alte Menschen oftmals daran, eines natürlichen Todes sterben zu dürfen, wenn sie das möchten.

Also mir persönlich ist Lebensqualität sehr wichtig und die Freiheit, den Zeitpunkt meines Todes notfalls selbst bestimmen zu dürfen, wenn meine Lebensqualität nicht mehr meinen Vorstellungen entsprechen sollte. Das geht zum Teil über eine Patientenverfügung.

Solche Gedanken gehen sicherlich unter die Haut. Aber lieber mache ich mir jetzt schon darüber Gedanken, wo ich vielleicht doch noch einiges in die richtige Richtung lenken kann.

In dem Gedanken von JuergenS, dass es auch zum Teil andere Menschen sind, die uns Würde verleihen, steckt viel Wahrheit. Ich möchte gern weitere Fragen in die Runde geben:

Was geschieht mit einer glücklichen Liebe, wenn einer der Partner zum Pflegefall wird? Vielleicht für Jahre?
Was bleibt dann von Gefühlen der Liebe und des Glücks übrig?
Nur noch so eine Art Pflicht- oder Moralgefühl?
Hat das dann auch noch etwas mit Würde zu tun? Für beide Partner?

JuergenS

@Iris Sofie  

diese WHO-Definitionen finde ich sinnvoll, zugleich erheitern sie mich, weil ich sie nicht kannte und mir nur noch die letzte Kategorie fehlt, die mit der nach offen obenen "Richterskala".

Eine beklemmende Vorstellung, zunehmend, ist für uns, dass auf jeden Fall einer von uns beiden übrig bleiben wird, keiner will es sein, Würde-Grenzbereich? ???

ehemaliges Mitglied

Danke Maslina für das gespendete Herzchen.💛 LG Jutta

JuergenS

Geht schon unter die Haut, was du schreibst, ich müßte darüber nachdenken, ob nicht die Würde wesentlich durch das Umfeld, also die anderen Menschen um uns herum, mitbestimmt wird, also sie Würde "uns" zugesteht?

Für mich ist alt werden, ich bin es ja schon, eine schwammige Zeitbestimmung.

Naja.😃

ehemaliges Mitglied

Altern finde ich persönlich an sich gar nicht so schlimm, wenn nur die körperlichen Einschränkungen und vielen Erkrankungen nicht wären. Das ist bei jedem selbstverständlich anders, der eine erschrickt bei körperlichem Verfall, ein anderer vielleicht bei geistigem. Was ist nun schlimmer? Das kann nur jeder selbst für sich entscheiden. Und wer hat schon behauptet, dass das Altern eine leichte Aufgabe ist? Jeder sollte sich früh genug Gedanken machen, über das WAS, WO und WIE, sich umfassend informieren.
Und gute Ärzte finde ich auch wichtig zu haben, bzw. zu kennen, dann kann man auch in Würde altern.
Ich wünsche allen einen würdevollen Lebensabend,
Jutta

Zwergohreule

@Juttchen  
Was verstehst du denn unter "Altern an sich", das du gar nicht so schlimm findest?
Für mich bedeutet es genau das: "körperliche Einschränkungen und viele Erkrankungen"!


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