Inselkind

Autor: ehemaliges Mitglied

Inselkind

Die Straßen im Dorf trugen noch keinen Asphalt, kaum jemand hatte ein Auto, einen Fernseher oder den unverzichtbaren Thermomix der heutigen Jugend. Unser Spielzeug bestand aus einem Ball, Tonmurmeln, einem Seil ( Seilspringen ), das später um ein Gummi erweitert wurde für Gummitwist. An sonsten galt es, die eigene Fantasie einzusetzen. Es war eine sorglose Kindheit - gemeinsam mit allen Kindern unterschiedlichen Alters im Dorf.
Wenn ich mir da heute das Spielregal des kleinen Sohnes meiner Nichte anschaue, frage ich mich, wie soll der arme Zwerg ( 2 ) sich gegen diesen Überfluß zur Wehr setzen. Ist die Neuzeit wirklich besser ?

Keike


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Kommentare (14)

ehemaliges Mitglied

War es denn wirklich besser, schöner? Ich bin Jahrgang 1953, meine Schulzeit war nicht schön, Lehrer durften noch schlagen und hatten offen ihre Vorurteile, je nach Elternhaus wurden wir Kinder in soziale „Schubladen“ gesteckt. In Holland wurde ich als Achtjähriger als Nazischwein beschimpft und das hat mich sehr getroffen denn zu Hause sprach man ja noch nicht mit den Kindern über  die Gräultaten  unserer Eltern. Heute habe ich drei Enkelkinder und beneide sie darum im „Heute“ aufzuwachen. Hier in Deutschland haben sie alle Möglichkeiten in Freiheit und der besten Demokratie aufwachsen zu können. Ja, sie leben im Überfluss und ich bin froh das es so ist, sie wachsen zu umweltbewussten und verantwortungsvollen Menschen heran, weil wir es ihnen ermöglichen. 
Wenn ich Berichte über kirchlichen Missbrauch und Folter in Kinderheimen unserer Zeit lese überkommt mich eine große Wut. Die Obrigkeiten und Honoratioren unserer Zeit waren schlimmer für unsere Entwicklung als jedes Internet, Handy oder überfrachtetes Spielzimmer heute.

ladybird

Liebe Keike,
Du hast ein wichtiges, interessantes Thema angesprochen ..... unsere Generation erinnert sich gerne an die Kindheit mit den bescheidenen Spielsachen. Und Weihnachten nähte die Mutter ein neues Kleidchen für die einzige Puppe.....
In einem Loriot -Sketch "Weihnachten bei Hoppenstedts" sieht man wie das Kind im Papierwust fast erstickt..das ist die Realität?
Oftmals kaufen Eltern Spielsachen als Trösterchen......
sie sollten ihrem Kind mehr Zeit schenken,
und statt CD -Hören mal wieder selber etwas vorlesen?..
Für mich ist diese "Neuzeit" NICHT besser....sie verführt eher zur Phantasielosigkeit ?
Auch in unserer Familie wurden die Geschenke für die Kinder immer abgesprochen und unbedingt gut dosiert.......
Mit einem ganz reinen Gewissen
grüßt Dich herzlichst
ladybird.

 

ehemaliges Mitglied

@ladybird  
Hallo ladybird
Danke für Deine Zeilen. Ich erinnere mich noch gut daran, dass ich mir sehnlichst einen roten Pullover gewünscht habe und es dann hieß, wenn Du 13 wirst, dann. Ewig wurde ich nicht 13 - ewig nicht.
Mit 13 bekam ich meinen Selbstgestrickten in rot, den ich getragen habe, bis...
Der Grund für die Wartezeit : ich habe 3 jüngere Brüder, die haben meine brauen, blauen und grünen Pullover nach mir aufgetragen.
Heute kenne viele Kinder die Markenfirmen.Aber so ist das nun mal.

liebe Grüße
Keike

ladybird

@Keike  

und ich denke, aus dieser, Deiner Erfahrung des Warten müssen, enstand auch Deine Wertschätzung?
Kein Kind kennt heute das Warten.....schon garnicht auf eventuell Weihnachten, welches eigentlich im August schon beginnt, wenn die Schokoladenmänner langsam die Regale füllen...?

Mit einem Schmunzeln und Gruß
ladybird

ehemaliges Mitglied

@ladybird  

ja, das kann ich bestätigen. So ist es geblieben. Erst sparen, dann kaufen. Während man spart wächst entweder die Vorfreude oder man stellt auf dem Weg zum Ziel fest - muß doch nicht wirklich sein.
Dir eine schöne Woche Keike

werderanerin

Man sieht es ja letztlich fast in jeder Familie..., als ob es zwischen den Eltern eine Art Konkurrenzkampf geben würde....wer ist der Beste, kann die Wünsche der Kids nicht nur befriedigen, nein vor allem bezahlen...

Noch unsere Kinder sind doch mit einfachen Dingen aufgewachsen und waren glücklich...aber heute sind es doch genau unsere Kinder, die all das bezahlen....für das vermeintliche Glück der Kids...

Was ist geschehen, könnte man fragen...nicht viel, nur ist das Internet heute eben das "Spielzeug" schlechthin...das, was wir noch kannten, die so einfachen Dinge, sind fast verschwunden. Den Kids reichte oft Sand und Wasser oder Mamas Töpfe, die so schön klapperten...heute unvorstellbar!

Wohin führt das alles aber noch...werden unsere Enkel und weitere Generationen überhaupt noch mit "einfachen" Dingen zufrieden sein können...und wie soll das gehen...?

Eine Entwicklung, die einem manchmal Angst machen kann.
Ich sehe schon die zukünftigen Babys auf die Welt kommen, in der Hand ganz fest ein Handy haltend....😫

Kristine

ehemaliges Mitglied

@werderanerin

Hallo Kristine,

ja, wohin soll das führen ? Man kann nur beten und hoffen, dass die Welt friedlich bleibt. Wir haben alle genug, was es zu tun gibt. Ob man dazu diese hochgezogene Technik braucht, die den Menschen die Arbeit nimmt - ich kann es nicht beurteilen.

Wenn ich die Tagesschau ansehe, graust es mir. Nur grausige Neuigkeiten.
Wir versuchen Tag für Tag wenig Müll zu produzieren und Plastik zu meiden.

Keike

werderanerin

Die Entwicklung ist wohl nicht aufzuhalten, damit müssen wir uns abfinden. Da nützt auch kein Blick zurück.
Es bleibt uns nur, sie zu beeinflussen, so gut es eben geht, damit das Leben noch lebenswert bleibt.

Kristine 

ehemaliges Mitglied

@werderanerin  

Hallo Kristine
ja, das stimmt. Sich für jeden Tag ein kleines Highlight ausdenken und das Leben mit Leben füllen.

eine sonnige Woche ( mit ein wenig Regen in der Nacht für die Bäume )
Keike

Manfred36

Ich habe vor, während und nach dem Weltkrieg intuitives Spielen mit einfachsten Mitteln gelernt, auch Dank einem älteren Bruder. Als die Spielsachen danach technisch immer versierter wurden, folgte das der zeitlichen Entwicklung, wo man bereits vorhandene Baustoffe und Module braucht, um etwas technisch zeitgemäßes zu Stande zu bringen, und darum ging es uns ja. Wir haben zum Teil noch Wehrmachtsreste eingesetzt, z.B. um zu telefonieren und zu morsen oder Blei und Zinn zu gegossen, und uns später um Fischertechnik und Transformatorchen und Gleichstrom-Motorchen gerissen.  Auch die Mädchen. Gebrauchspuppen und Möbelchen waren zum großen Teil in Eigenproduktion erstellt und dienten als Avatare. Wenn heute komplizierte Ausgangsprodukte bis hin zu IT verwendet werden, muss das nicht schlecht sein; es kommt ja darauf an, die Lebensparallelen zu zeigen. Das Spielen im Freien wird ein Kind in der entsprechenden Lebensumgebung selbst erobern. Und wenn ich daran denke, was Technik dem Kind für akrobatische Sportarten auf Skaterbahn, Trampolin usw. ermöglicht, ist das doch positiv. Negativ ist hingegen, wenn die Schenkenden gedankenlos zukaufen, auch wo das Kind keine Kreativität daran aufbauen kann und wenn ein Kind meint, es könne nach einem Erst-Eindruck alles haben. Masse statt Klasse und Konsum statt Überlegen. Klar ist auch, dass da im Fortschritt eine Menge zurückbleibt, ein Pferdefuß der Konsumgesellschaft.

 

ehemaliges Mitglied

@Manfred36  

Ja, alles hat seinen Preis. Es ist schade, dass viel Dinge heute nur noch produziert werden für den Müll. Man kann sie nicht mehr reparieren oder erweitern.
Meine Oma hat vor 60 Jahren immer gesagt : "Oh, wie sollt ihr nur in dieser neuen Welt klarkommen."
Und jetzt bin ich die Oma - und siehe da...
Keike

ehemaliges Mitglied

😊

Syrdal


„...denn sie wissen nicht, was sie tun!“ Dieses an ganz anderer Stelle als bittenden Notruf geäußerte Wort könnte man hier in völlig anderer Situation zitieren, denn viele Eltern überschütten heute ihre Kinder im Irrglauben Gutes zu tun mit einer Überfülle von Spielsachen und sonstigem Kram, nicht wissend oder nicht bedenkend, dass sie damit die selbständig zu ertastende und durch eigenes Ausprobieren zu erlernende überaus lebensnotwendigen Kreativität des heranwachsenden Kindes bereits im Keim ersticken und damit irreversiblen Schaden für die Lebensgestaltung des noch so jungen Lebens setzen. Nur mal ein wenig nachdenken würde vielleicht helfen… aber daran mangelt es eben sehr oft. Und es ist ja doch so bequem, ein um Aufmerksamkeit quängelndes Kind mit all dem unnützen grellbunten Plunder ruhig zu stellen, um ungestörte Zeit für das eigene Herumspielen mit dem Smartphone zu haben…

...meint
Syrdal
 

ehemaliges Mitglied

@Syrdal

Ja, so sehe ich ds auch. Sicher kann man sich der Technik, die heute den Tag bestimmt nicht entziehen, aber alles zu seiner Zeit und in Portionen. Kaum in der Schule angekommen, geht es ja schon los.
Bin ich froh und glücklich, dass ich die anderen Zeiten noch erleben durfte.
Keike


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