James Joyce - Ireland III


James Joyce - Ireland III

 
Liebe ST-ler*innen, wieder stelle ich ein Buch vor, das ich bereits 2005 auf meiner damaligen Seniorenhomepage vorgestellt hatte. Es handelt sich um die Dublin Stories von James Joyce, die er 1904 verfasste. Sie sind in dem vorgestellten Taschenbuch zweisprachig, deutsch und englisch, zu finden. Das fand ich zur damaligen Zeit besonders reizvoll: Einen englischen Text zugleich in der deutschen Übersetzung vorzufinden und zwischen dem Originaltext und der Übersetzung mich hin- und herbewegen zu können. Ich hatte dann eine Erzählung herausgegriffen und - auf Deutsch, mit englischen Einsprengseln - nacherzählt. 

Dies alles finden Sie ein Stückchen weiter unten. -

Mir war es jetzt ein Anliegen, auch zu dieser Literatur etwas Musikalisches beizufügen. Ich wurde – wieder bei You Tube – fündig. Es handelt sich um ein Dubliner Lied aus den und über die 60er Jahre des vorigen Jahrhunderts.

 2016 von dem Dubliner Senior Dominique in seiner Wohnstube hervorragend vorgetragen; sowohl seinem Gitarrenspiel als auch seinem Liedvortrag hört man sehr gerne zu! Den Link hierzu setze ich ans Ende der jetzt folgenden Buchvorstellung.

Im Februar 2019 
 

 
James Joyce
 
"Dublin Stories -Erzählungen aus Dublin"
 
Übersetzung und Anmerkungen von Harald Raykowski in Zusammenarbeit mit Betty Wahl

 
Inhalt:

 The Sisters * Die Schwestern
 An Encounter * Eine Begegnung
 Eveline * Eveline
 The Boarding House * Die Pension
 A Little Cloud * Eine kleine Wolke
 Clay * Erde
 A Painful Case * Ein betrüblicher Fall

  
Meine Gedanken zum Buch:

Es sind Geschichten kleiner Leute aus Dublin in der Zeit um die Jahrhundertwende des vorigen Jahrhunderts. Es  verwundert, dass die Verlage damals zunächst die Geschichten nicht druckten, da sie eine "Zensur durch die Krone fürchteten", wie unten im Lebenslauf von James Joyce ausgeführt wird.

Die Geschichten wirken auf mich zeitlos, obwohl die Gestalten in ihrer genauen physiologischen und psychologischen Beschreibung der damaligen Zeit und dem Ort ohne weiteres zugeordnet werden können. 

Ich hatte beim Lesen den Wunsch, dass heutige Dichter und Schriftsteller in der Lage wären, ihren Figuren in einer ähnlich einfühlenden und solidarischen Weise zum Leben zu verhelfen! Und es  ist auch diese Übersetzung ins Deutsche, durch die sich mir einige Bilder aus den Erzählungen besonders einprägten. Allerdings gibt es auch Stellen in den Erzählungen, die besser im Original gelesen werden. James Joyce's Sprache ist spannend; eben Irisch, wie es wohl zu Beginn des 20. Jahrhunderts in Dublin von den Leuten gesprochen wurde - und bestimmt heute noch wird.
Eine Erzählung greife ich heraus und erzähle sie auf der Inhaltsseite nach.

Im Juni 2005
 
Über den Autor:

"Geboren wurde James Joyce am 2. Februar 1882  als ältester Sohn einer kinderreichen Familie. Die Eltern befanden sich in ständigem Geldmangel, weshalb sich die Fortbildung zumeist etwas schwierig erwies. Seine schulische Ausbildung fand in verschiedenen von Jesuiten geführten Schulen statt. Jedoch führte diese Ausbildung  immer wieder zu Konflikten, da er sich vom Katholizismus abwandte. 

Joyce studiert 1898-1902 Sprachen und Literatur am University College, Dublin. Dort lernt er auch norwegisch, weil es ihn bestrebte, Henrik Ibsen in der Originalsprache zu lesen. Er war ein Bewunderer der Gedichte von William Butler Yeats, sowie auch ein außerordentlicher Kenner der shakespearschen Werke. 

Im Alter von 22 Jahren traf er Nora Barnacle, eine junge, schöne Frau mit kastanienfarbenem Haar, der er sein Herz vom ersten Augenblick an verschrieb. Sein späteres Werk „Ulysses“ sollte seine Handlung zur Gänze an dem Datum stattfinden lassen, an dem er sie zum ersten Mal wiedersah. Zwischen dem Paar fand ein reger Schriftwechsel über viele Jahre hinweg statt, auch wenn ihre räumliche Trennung zumeist nicht in besonderem Maße groß war. Er war ein sehr emotionaler Mensch, wie man aus den Briefen eindeutig erkennen kann. Seine Liebe zu Nora, wie auch seine Eifersucht, gehören in sehr intensiver Weise zu Gegenständen dieser intimen Zeugnisse. 

1904 schreibt er auch die Dubliner Kurzgeschichten, für die er so schnell jedoch keinen Verleger finden sollte, da diese eine Zensur durch die Krone befürchten. 

Joyce zieht aus Dublin aus und lebt zeitweise in Österreich, Italien und Frankreich. Zumeist verdient er sich mit Englischunterricht sein Brot, wie auch übergangsweise während einer Anstellung in einer Bank in Rom. Nora begleitet ihn stets, abgesehen von gelegentlichen Heimreisen, die sie wohl aus Ermangelung an Geldmitteln nur selten zusammen unternahmen. In Paris lernt Joyce einen illustren Freundeskreis kennen, darunter Ezra Pound, F. Scott Fitzgerald und auch Ernest Hemingway.
“Ulysses”, sein meist gerühmtes, doch hochkompliziertes Werk, wird schließlich 1922 zum ersten Mal in Buchform in Paris veröffentlicht. Näheres zu diesem Buch finden sie unter den Buchtips dieser Seite. 
Sehr spät erst, nämlich 1931, heiratet James Joyce seine Nora Barnacle, aus deren Beziehung bereits zwei Kinder Gorgio und Lucia hervorgingen.
Der Zweite Weltkrieg bewegt ihn dazu, mit seiner Familie zurück nach Zürich zu ziehen,  wo er 1941 am 13. Januar  verstirbt. Nora Barnacle verstirbt zehn Jahre später ebenfalls in Zürich. 

Quellen: “Briefe an Nora”, Suhrkamp Verlag, cg"

 Entnommen aus: 

www.Der-Poetische-Zirkel.de
   

Hier befindet sich auch ein sehr schönes Foto von James Joyce. Klicken Sie dazu den Link "Große Dichter" an. Sie kommen dann zur James-Joyce-Seite.

Anmerkung: www.Der-Poetische-Zirkel.de habe ich jetzt, im Februar 2019 nicht mehr finden können! Er existiert offenbar nicht mehr. Ich übernehme jedoch den obigen Lebenslauf von James Joyce, den ich 2005 dort vorgefunden hatte. – Das Foto von James Joyce wird sich nun allerdings nicht mehr finden lassen.


 
Mehr zum Inhalt


Meine Nacherzählung von:


"A Little Cloud * Eine kleine Wolke"

..."Immer wieder sah er von seiner ermüdenden Schreibarbeit auf und starrte durch das Fenster des Büros nach draußen. Das glühende Licht der untergehenden Spätherbstsonne lag auf Grasflächen und Wegen. Es senkte sich in einer Wolke freundlichen Goldstaubs auf ungepflegte Kindermädchen und gebrechliche Greise, die auf Bänken vor sich hindösten; es flimmerte auf allem was sich bewegte - auf den Kindern, die lärmend auf den Kieswegen umherrannten und auf allen, die durch die Anlage gingen. " (S. 77 u. 79) 

Little Chandler, ein Büroangestellter in den King's Inns in Dublin, wird seinen alten Freund Ignatius Gallaher treffen, der vor 8 Jahren aus schäbigen, armseligen Dubliner Verhältnissen nach London gegangen und dort eine glanzvolle Persönlichkeit der Londoner Pressewelt geworden war. Talent hatte Gallaher nie jemand abgesprochen, aber es wurde auch geredet, dass er damals nach London geflüchtet sei, weil er in zweifelhafte Geldgeschäfte verwickelt gewesen war. Wie auch immer: Gallaher hatte das gewisse Etwas, und wenn er nicht mehr weiter wusste, sagte er (so erinnert sich Little Chandler): " Eben ist Halbzeit, Jungs, ... wo habe ich denn meine Denkkappe?"  - "Half-time now, boys, ... where ist my considering cap?"(S. 80/81)
 
Little Chandler freut sich auf das Treffen und denkt mit Melancholie über sein - und allgemein über das - Schicksal nach und über die Gedichtbände, die zu Hause die Bücherregale füllen. Er hatte sie als Junggeselle erstanden und war nach seiner Heirat versucht gewesen, seiner Frau daraus vorzulesen. Aber er war zu schüchtern, und so blieben die Bücher an ihrem Platz. Nun - auf dem Weg zum Treffen mit Gallaher - denkt er daran, ob er selber nicht fähig wäre, etwas Einzigartiges zu schreiben? Ihm kommt in den Sinn, dass. wer erfolgreich sein wollte, woanders hingehen müsse; weg aus Dublin, da konnte man nichts erreichen.  Vielleicht konnte ja Gallaher das von ihm Gedichtete in einer Londoner Zeitung drucken lassen? Er träumt sich so stark in die Situation eines Dichters hinein, dass er an einer Abzweigung vorbeiläuft und umkehren muss.
Er trifft Gallaher bei Corless; eine Bar, die er noch nicht kennt, aber von der er weiß, dass man dort nach dem Theater hingeht, um Austern zu essen und Likör zu trinken. Die Kellner - so hatte er gehört - sprächen dort Französisch und Deutsch.

Little Chandler und Gallaher begrüßen sich herzlich, und Gallaher bestellt zwei Whisky. Nun reden sie über alte Zeiten und die Kameraden in Dublin: Während einer in die Politik gegangen ist und es ihm finanziell sehr gut geht, ist ein anderer auf den Hund gekommen (gone to the dogs) und säuft (booze) - "unter anderem", wie Little Chandler kurz sagt. Gallaher spricht von sich und dem Zeitungsleben und wie einen das mitnimmt: " 'It pulls you down,' he said. 'Press life. Always hurry and scurry, looking für copy and sometimes not finding it and then, always to have something new in your stuff.' " (S.86)  Sie tauschen sich über die Orte aus, an denen sie gewesen sind. Little Chandler war nur einmal verreist, und zwar auf der Insel Man, wogegen Gallaher viel von London, aber auch Paris und den dortigen Verderbtheiten zu erzählen weiß. Little Chandler fühlt sich durch Gallahers Art recht ernüchtert. Er findet Gallahers Gehabe großspurig. Auf der anderen Seite beneidet er ihn darum, etwas von der Welt gesehen zu haben. Sie kommen auf die Ehe zu sprechen. Little Chandler erzählt, dass er geheiratet und einen kleinen Sohn hat. Gallaher muss zugeben, dass er bis jetzt unverheiratet geblieben ist. Wenn er jedoch heiraten wird, dann nur Geld. ("I mean to marry money." S. 100) Und großspurig fügt er hinzu, dass er nur ein Wort zu sagen brauche und morgen könne er die Frau und das Bargeld kassieren!

Little Chandler kommt sehr spät nach Hause, zu spät zum Abendessen und obendrein hat er auch noch vergessen, für seine Frau das Päckchen Kaffee mitzubringen. So geht sie selber noch einkaufen und legt ihm das schlafende Kind in die Arme und sagt ihm, dass er dieses nicht aufwecken soll. Little Chandler - das Kind auf dem Arm - schaut sich in seinem Haus um und findet nun - nach dem Treffen mit seinem Freund Chandler - alles irgendwie engherzig ; hübsch zwar, aber spießig. "Ein dumpfer Groll auf sein Leben erwachte in ihm. Could he not escape from his little house? Was it too late for him to try to live bravely like Gallaher? Could he go to London?... Wenn er nur ein Buch schreiben und veröffentlichen könnte, würde ihm das den Weg ebnen." (S. 104/105) Er liest in einem Band mit Byrons Gedichten, der auf dem Tisch vor ihm liegt, das schlafende Kind immer noch in seinen Armen. Das Kind wacht nun auf und beginnt zu schreien. Mit seinen Gedanken ist er bei dem melancholischen Gedicht Byrons und prüft zugleich, ob es ihm wohl gelingen könne, etwas Ähnliches zu schreiben? Das Kind schreit lauter und will sich nicht beruhigen lassen. Er wiegt es schneller und liest weiter im Gedichtband. Aber: "It was useless. He couldn't do anything. The wailing of the child pierced the drum of his ear. It was useless, useless! He was a prisoner for life." (S. 106) Little Chandler schreit das Kind an: "Hör auf!" (S. 107) Nach einer kurzen Schrecksekunde fing dieses an zu brüllen - und ließ sich überhaupt nicht mehr beruhigen, bis seine Frau zurückkommt und ihm das Kind abnimmt. "What have you done to him?" she cried, glaring into his face." (S. 106)  Little Chandlers Herz zog sich zusammen, als er den Hass in den Augen seiner Frau erkannte. "He begann to stammer: "It's nothing ... He... he began to cry... I couldn't ... I didn't do anything...What?" (S. 108) Seine Frau beruhigt das Kind. "Er konnte hören, wie das krampfartige Schreien schwächer und schwächer wurde, und Tränen der Reue traten ihm in die Augen." (S. 109)

Ende der Nacherzählung.
 
 

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Und nun zum oben schon angekündigten Dubliner Lied von der You Tube Seite:
 
Guitar: Dublin Town In 1962 (Including lyrics and chords)


At our Sunday night concert after we had our Christmas dinner, my friend Eddie Rough sang this song which I had not heard before. (Eddie's name may be Rough, but his singing is smooth as velvet!)
As a seventeen year old, I was in Dublin in 1962 taking part in a folk festival as a dancer, so this song brought back pleasant memories to me.
The song was written and performed by Dermot O’Brien a top Irish folk musician from the 1960s right through until his death in 2007.
Here is my own interpretation of this lovely song.


Google Übersetzung ins Deutsche:

Bei unserem Sonntagnachtkonzert nach unserem Weihnachtsessen sang mein Freund Eddie Rough dieses Lied, das ich vorher noch nicht gehört hatte. (Eddies Name mag rau sein, aber sein Gesang ist glatt wie Samt!)
Als Siebzehnjähriger war ich 1962 in Dublin und habe als Tänzer an einem Volksfest teilgenommen. Das Lied brachte mir also angenehme Erinnerungen zurück.
Das Lied wurde von Dermot O’Brien, einem irischen Top-Volksmusiker von den 1960er Jahren bis zu seinem Tod im Jahr 2007, geschrieben und aufgeführt.
Hier meine eigene Interpretation dieses schönen Songs.
 
12 string Guitar: - Dominique
Veröffentlicht am 23. Dezember 2016.

 
Und hier nun der Link zu diesem wunderbaren Lied:


https://www.youtube.com/watch?v=1aqsje2qEr0
 

 
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Bild oben: Buchumschlag des von mir gelesenen Taschenbuches

 
Liebe ST-ler*innen, ich wünsche viel Freude und Vergnügen beim Lesen des Buch-Blogs, und auch beim Anschauen und Anhören des Dubliner Liedes darin.
 
Angeli44Rose

 
 


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Kommentare (2)

Maslina

Ich lese immer gerne deine Beiträge.
lieben Gruß, Maslina

Angeli44

LächelnGuten Morgen Masina, das freut mich natürlich sehr! - Ja James Joyce' Geschichten sind schon anrührend.

Hast du denn auch Dominique aus Dublin  mit seinem Gesang und Gitarrenspiel dir angeschaut und angehört?

Einen schönen Tag,

Angeli


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