Jede Frau hat ihr kleines Geheimniss



geschrieben nach der Erzählung meiner Freundin Michaela

Vor Jahren als Michaela nach München zog, beschloss sie, nicht mehr älter zu werden. Ihre neuen Kolleginnen im Büro fragten sie Anfangs wie alt sie sei, da sagte sie nur
"Ratet mal" - und wurde ein paar Jahre jünger geschätzt als sie war.
"Nicht schlecht" sagte Michaela dann - mehr nicht.
Auch in ihrem Yogaklub dem sie sich anschloss, gingen die Meinungen über ihr Alter auseinander. Und Yawar ihr grosse Liebe, erfuhr erst
kurz vor ihrer Heirat dass seine Liebste die Dreissig schon überschritten hatte. Zu ihren 40. Geburtstag schenkte er ihr 40 rote Rosen. Bevor die ersten Gäste kamen nahm Michaela 16 Rosen aus der Vase und stellte sie in ihr Schlafzimmer.
Amüsiert betrachtete sie ihre Nachbarin Gunda Weber, die verstohlen die Rosen zählte.
"Den vierundzwanzigsten feiern Sie wohl zu zweiten Mal", flötete sie.
Mit den 24 roten Rosen beweisst mir mein Mann seine innige Liebe, beste Frau Weber. Aber man tut sich manchmal doch schon schwer, die Geburtstagsrosen oder - kerzen zu zählen, um damit das genaue Alter des Geburtstagskinds zu erfahren.
"Bei Ihrem letzten Wiegenfest wollte ich auch die Lichter auf ihrer Geburtstagstorte zählen, aber die Hitze der Kerzen machte es mir unmöglich" .
Frau Weber schnappte beleidigt nach Luft.
Wenige Tage später musst Michaela zum Arzt. Am Empfang standen Frau Weber und Rosi Mültner aus Michaelas Betrieb. Da stehen die grössten Ratschtanten Münchens zusammen, dachte Michaela und grüsste beide kurz. Dann wandte sie sich an die Sprechstundenhilfe.
"Ich bin Michaela Chautry und habe eine Termin um 9.30 Uhr beim Herrn Doktor."
"Wann sind sie geboren?"
" Am 4. Dezember."
" Nein, welcher Jahrgang sind Sie?"
Aus dem Augenwinkel heraus sah Michaela wie Frau Weber und Frau Mültner vor Neugier die Luft anhielten. Jetzt, jetzt kommt es raus, jetzt würde das Geheimniss gelüftet werden.
Frau Mültner schaute auf ihre Uhr und überlegte , wie vielen Nachbarinnen sie heute früh noch ihr Wissen übermitteln konnte.
Aber Michaela kämpfte:
" Müssen Sie denn jedesmal nach meinem Geburtsjahr fragen? Jede Frau hat doch ihr kleines Geheimniss."
Die Sprechstundenhilfe, lächelte und zeigte Verständniss, Sie legte einen Zettel hin und einen Bleistift dazu.
"Unsere Patientenkartei wird nach Geburtsjahren geführt
, aber sie können Ihr Geburtsjahr ja hier aufschreiben."
Michaela schmunzelte zufrieden und schob den ausgefüllten Zettel zurück. Dann drehte sie sich triumphierend zu den Tratschtanten um.
In diesem Augenblick öffnete sich die Tür und ein gutaussehender
Mann betrat die Praxis.
"Das ist doch...." rief er," mein Gott, Michaela von der Grünewald Realschule.
Wir haben uns ja schon eine Ewigkeit nicht mehr gesehn, aber du siehst prima aus.
Weisst du noch wie lustig wir es immer fanden, dass wir am gleichen Tag Geburtstag haben? Dir würde man die 40 aber nie und nimmer ansehen.
©MB

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