Kaffeeklatsch und Ofentratsch


Kaffeeklatsch und Ofentratsch

Eines hat Langebrücks Bäckermeister Henry Mueller schon vor dem offiziellen Nachmittag in seiner Backstube geschafft. Er dürfte mit seiner Wortneuschöpfung vom „Ofentratsch“ in ein Neuverzeichnis deutscher Wortprägungen gelangen, denn dieses Wort gab es bisher so noch nicht. Seit den Zeiten der Gebrüder Grimm wurden über 320000 Wortbelege gesammelt und auf 34824 Seiten für die Nachwelt gedruckt.
Und warum „Ofentratsch“? Es ist dem fünfzigjährigem Bäckereijubiläum der Familie Mueller geschuldet, denn 1966 war es Otto Mueller, der Senior des Unternehmens, der in Strehla eine solche Backstube eröffnete, ehe er nach Langebrück kam. Am dortigen Marktplatz war seit den ersten Januartagen 1966 die Feinbäckerei Mueller zu finden. Und in Langebrück öffneten sich am Standort Hauptstraße 14 am 1. August 1972 die Pforten. Und nun gibt es „Tratsch“.

Eine gelungene Wortkombination möchte ich meinen, denn den Kaffeeklatsch kennt man schon. Nicht nur einmal lud bisher das Unternehmen zu dieser im Volk beliebten und bekannten Form. Beim „Klatsch“ kann man Belanglosigkeiten austauschen, Binsenweisheiten vernehmen, unendliches Blabla erfahren, eine Endlosdebatte führen, über die Backprodukte faseln oder sogar Firlefanz erzählen. Diese Klatscherei schuf in der Umgangssprache die Klatschbase, die auch mancherorts zum Plappermaul, zum Klatschmaul, zum Klatschweib, zur Quasselstrippe, Plapperliese, Schnatterente oder Schwätzerin mutierte, ehe die Base im modernen Sprachgebrauch eher die Klatschtante ist. Das Klatschen ist eben mit Redseligkeit oder gemeinhin mit Schwatzhaftigkeit verknüpft. Doch dürfte der Kaffeeklatsch eben auch seine soziale Funktion der gesellschaftlichen Aufmerksamkeit in sich tragen.

Und der Ofentratsch? Hier wird man erst am Sonntag in der Backstube am Backofen Bilanz ziehen können. Klatschen und Tratschen liegt im deutschen Sprachgebrauch eng beieinander. Der Tratsch ist seit altersher eher das ziellose Schwatzen. Und so wird man sich wohl am Sonntag auf den Tratsch einstellen müssen. Im Sächsischen ist ja der Tratsch wortverwandt mit dem Drasch. Letzteres bedeutet „aufgeregte Geschäftigkeit, ständiges Hin und Her“.
Vielleicht ist zum Schluss der Satz zu hören: „Mer hatten tichtschen Drasch mit unserm Ofentratsch!“ Dann hätte auch das sächsische Wörterbuch wieder einen neuen Eintrag geschafft.

haweger

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Kommentare (2)

El_Lobo Sicher kann man auch heute noch im einschlägigen Stasi-Archiven nachlesen, was dort beim Bäcker damals "gedrascht" wurde.
haweger Die aktuelle Geschichte erfuhr durch den einstündigen Nachmittagsregen mit 41 Liter eine sprachliche Nuance. Während es zum Drasch wegen des Tratschens kam, dreeschte es.
Sächsisch bedeutet das Dreschen "Starker Regenfall".
Euer Geschichtenschreiber Haweger

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