Ich hatte mich so gefreut: Mein Sohn (30) hatte sich zum Weihnachtsbesuch bei mir angesagt. Seit Jahren konnten wir nun das Weihnachtsfest gemeinsam verbringen. Ich bin ziemlich fertig, hatte er bei dieser Ankündigung noch gesagt, und muss unbedingt mal ne Pause einlegen. Ist doch kein Problem, kündigte ich nun meinerseits an, Bett und Couch und Kasten Bier stehen jederzeit zur Verfügung. Kommt denn Pia auch mit, war meine ergänzende Frage. Also Pia ist seine Lebensgefährtin, mit der er seit einiger Zeit zusammen lebt, und mein Sohn ist, das muss ich noch erklären, so das, was man als Jungmanager versteht - in der IT-Branche, also irgendwas mit Computer. Er hat, das muss ich ihm lassen, schon zig-mal den Versuch unternommen, mir zu erklären, was er eigentlich so "macht" - bis er es aufgegeben hat mit dem Satz: Papa, es geht mir gut.
Nee, Pia kommt eher nicht, sie muss im Januar ihre Diplomarbeit abgeben und ist im Moment ziemlich verpeilt deswegen. Mensch Junge, sagt ich noch - und fand mich furchtbar witzig - wir Männer haben doch unsere Peilstäbe, also bring sie doch mit.
Er fand das gar nicht so witzig, und kam alleine. Es war eine wirklich schöne Zeit und schöne Tage bei mir, sofern ich ihn gesehen habe. Schlaf ist ja an und für sich gesund - aber soviel Schlaf?
Nun denn, an einem Nachmittag "zwischen den Jahren" fand ich ihn lesend auf der Couch und machte den -wirtschftlich - sicher guten Vorschlag, gemeinsam die Garage aufzuräumen, wir sollten die Regale mal umstellen.
Wieso wir, kam die Frage wie ein Bungee-Seil zurück. Weil die so schwer sind, war die eigentlich logische Antwort von mir. Mein Sohn verließ die Liegeposition, schaute mich an und sagte, Papa, ich weiß ja, dass du Rentner oder so was bist, ich mache aber zur Zeit, und das hat mir mein Psychiater und meine Firma empfohlen, work-life-balance. Häh? WAs ist das denn - kenne nur den world-life-fund. Papa, das ist der Ausgleich zwischen Leben und Arbeit. Ja, ist ja schön, sagte ich, so was kann nur vom Arbeitgeber kommen. Schau mal, beim Regalerücken, das kann doch auch ein Leben sein. Ja, sagte mein Sohn, ist aber anstrengend. Das stimmt, murmelte ich, scheiß Leben, immer anstrengend. Meine Mutter, erklärte ich ihm noch, hat immer gesagt, wenn ich denn mal so faul darum lag, du sollst dem lieben Gott nicht den Tag stehlen.
Ach Papa, kann es sein, dass du alt wirst, waren dann seine Worte, als er sich wieder in die Liegeposition begab. Die Regale habe ich aber dann doch umgeräumt.




Anzeige

Kommentare (2)

Traute so sollte man solche Sachen hinnehmen und keinesfalls vergnazt sein.
Super schön so ein Familienidyll, Humor ist wenn man trotzdem lacht.
Und mit der Kurzschläferei, das kommt beim Sohn mit dem Alter, bin ich mir sicher.
mit ganz freundlichen Neujahrswünschen,
Traute
EHEMALIGESMITGLIED63

köstlich und Humorvoll geschrieben
ist wunderbar zu lesen Danke Begine

Anzeige