Kleiner Rundgang: Sylt, Sankt Severin Kirche in Keitum mit seinem Friedhof.


Sylt, Sankt Severin Kirche in Keitum mit seinem Friedhof.

Ich gehe normalerweise nicht gerne auf Friedhöfe.
Es ist allerdings interessant den nördlich gelegenen kleinen Friedhof an der Kirche von Keitum zu besuchen.
Viele alte Grabsteine von Sylter Kapitänsfamilien und sonstige bekannten Persönlichkeiten sind dort zu sehen, welche vom Leben der Verstorbenen erzählen.

Gelegentlich, nicht oft schaue ich mir gerne die alten Grabsteine auf dem wunderschön angelegten kleinen Friedhof an. Von einem meiner kurzen Besuche möchte ich einen kleinen Einblick geben.


Blick vom Friedhof auf die Kirche von Keitum

Interessant ist die Geschichte der Kirche.
Es ist eine evangelisch-lutherische Kirche und wurde wahrscheinlich um 1216 erbaut und 1240 das erste Mal urkundlich erwähnt. Benannt wurde sie nach Severin von Köln, einem Bischof aus dem 4. Jahrhundert.
Ursprünglich war sie dem heiligen Knut und heiligen Ketel geweiht.

Knut war ein dänischer König, der für seine kirchenfreundliche Politik bekannt war. Er hatte deshalb wohl auch viele Feinde und wurde in einer Kirche erschlagen. Aus diesem Grund erklärte man ihn zum Märtyrer und sprach ihn 1101 heilig.

Der um 1250 aus Sandstein gefertigte Taufstein ist das älteste Relikt. Aus der spätgotischen Zeit stammt der Schnitzaltar mit Tafelbilder und Szenen aus der Passionsgeschichte. Die Kanzel, eine frühe Renaissance-Arbeit sowie die Kronleuchter aus dem 18. Jahrhundert sind Stiftungen von Sylter Kapitänen.

Im Inneren der Kirche sind viele Feldsteine verbaut. In der Mitte der Westwand befinden sich zwei spiegelbildlich angebrachte pyramidenförmige Natursteine. Der Sage nach wurden diese von den Nonnen Ing und Dung gestiftet und sollen auch ihr Abbild darstellen.

Der spätgotische Turm wurde später angefügt im Jahr 1450. Er diente in den folgenden Jahrhunderten den Seefahrern als Fixpunkt. Auch wurde dieser zeitweilig als Gefängnis benutzt.



Betritt man das Gelände zur Kirche mit dem anliegenden Friedhof
erinnert der Tod, daß er allgegenwärtig ist und geduldig wartet ...



Eine interessante Grabinschrift …
… auf Friesisch ist auf dem Grabstein von einem Familiengrab auf dem Friedhof von Keitum zu lesen.
Ich beherrsche das Sylter Friesisch, Sölring genannt, nicht.

So war Christel Fink Archvarin vom Altfriesischen Haus in Keitum so nett den Text auf dem Grabstein zu übersetzen.
Es war auch für sie nicht einfach, weil es dieses alte Friesisch teilweise nicht mehr gibt.

Hier die Inschrift:

Rüm Hart, klaar Kiming!

Wat Dü heest dön me Lif en Siil
Üt Sluurighair tjüüst Dü di en Wiil
Aurdat Hualev Kraam docht ek en bet
Jaa dit jeft rogtlik bluat Fortröt.

Harki Got
Dö Rocht
Wik nemen

Hier die Übersetzung:

Weites Herz, Klarer Sinn!

Was Du getan, mit Leib und Seele.
Aus Nachlässigkeit gönnst Du dir Ruh,
Weil Halbheiten taugen nicht ein bischen.
Ja, das gibt rechtlich nur Verdruß.

Gehorche Gott,
Tue Recht,
Weiche keinem!



Der Text erinnerte sie an Jens Emil Mungard, ein bedeutender Dichter der nordfriesischen Sprache.

Interessant ist auch der Lebenslauf von diesem Dichter.

Jens E. Mungard wurde 1885 als Sohn des ebenfalls schreibenden Bauern Nann Mungard in Keitum auf Sylt geboren. Er besuchte lediglich die achtjährige Volksschule und lebte als Bauer in Keitum. Wirtschaftlich völlig unbegabt lebte er in Armut für seine Werke hatte er niemals ein Honorar erhalten. Mungard trat Zeit seines Lebens für die friesische Kultur ein. Dies führte nach 1933 zu Konflikten mit der nationalsozialistischen Obrigkeit. 1935 wurde Mungard zum ersten Mal verhaftet.

Aus dem Schutzhaftbefehl vom 13.Juni 1936 : Ihr bisheriges Verhalten rechtfertigt den dringenden Verdacht, daß Sie auch weiterhin im Ausland das Ansehen des Deutschen Reiches schwer schädigen.

Trotz mehrfacher Verhaftung und Erteilung eines Schreibverbots 1938 weigerte sich Mungard auf Deutsch zu schreiben. Ende 1938 wurde er ins Konzentrationslager Sachsenhausen gebracht wo er 1940 an Entkräftung starb.

Quelle : http://www.uni-protokolle.de/Lexikon/Jens_Emil_Mungard.html



Ein weiteres interessantes Familiengrab stammt von einer Seefahrerfamilie welche zwischen Mitte 1700 und Mitte 1800 lebten.
So ist auf dem Grabstein von Hans Hansen Teunis folgendes zu lesen:

"Hier Ruhet
Selig
Hans Hansen Teunis
Gebohren auf Röm d. 9. Octtr. 1740
Gestorben in Altona d. 9.Juli 1803
Sein Alter 50 Jahr 9 Monath
In seiner frühen Jugend wurde
Er zur Grönländischen Seefahrt
Angeführt war auf er zu 47 Risen
Davon 37 als Commandeur
Und die mehresten mit glücklichem
Erfolg gethan Strebsahm
war er als Versorger für
die seinen dabey lag ihm
die Erziehung seiner längst
Mutter Cofe = Kinder
Sehr am hertzen Für
Beydedes danken selbige ihm
Noch im Grabe "

Auffallend ist hier die alte deutsche Schreibweise.
Der Begriff "Mutter Cofe" ist mir nicht bekannt.



Hier noch weitere interessante Grabsteine aus dem Jahre Mitte 1800.



Dieser Grabstein von einem Ehepaar hat mir sehr gefallen.
Sie müssen sich sehr geliebt haben und wollten auch im Jenseits zusammen sein.
So ließ der Ehemann schon vorsoglich für Beide diesen Grabstein anfertigen als seine Frau starb.
Deutlich ist darauf zu sehen, daß das Datum des Ehemanns ca. 11 Jahre später eingefügt wurde.



Auch dieser schlicht gehaltene Grabstein erregte meine Aufmerksamkeit.
Besonders durch die einleitende Überschrift:
"Hier ruhet
Das Verwesliche des Ehepaares
Ebe Frödden
und
Inge Ebe Fröddin"

Die Ausdrucksweise "das Verwesliche" liest sich für mich recht ungewohnt. Auch wenn es ja stimmt.

Bei diesem Grabstein und den vorhergehenden fällt mir auf, daß die Ehefrau auch den Vornamen des Mannes erhalten hat.



Auch wundervoll gearbeitete Grabstatuen sind zu sehen.




So ist auch diese Statue interessant anzuschauen.



Auch diese schlicht gehaltene Gedenkstätte mit dem wundervollen Grabstein gefällt mir.



Noch viele wirklich Interessante Grabdenkmäler aus alten und neuen Zeiten sind hier zu sehen.
Besonders die älteren Gabsteine erzählen oft Geschichten vergangener Zeiten.


Ich hoffe der kleine Rundgang hat Euch gefallen.

Es grüßt Monja.


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Kommentare (2)

Bruno32 denn sie erinnern mich, dass ich auch hier liegen werde.
Aber dein Blog mit diesen Fotos ist nicht bloß eine Ruhestätte, es ist eine Geschichte der vergangenen Zeit.
Eine andere Welt mit ihren so besonderen und schönen Versen
haben mich beeindruckt.

Danke und Grüße Tilli mit Bruno
Karl Liebe Monja,,

dieser Kleine Rundgang ist sehr schön. Du hast sehr interessante Motive gefunden

Beste Grüße, Karl

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