Lächeln am Morgen


Lächeln am Morgen

Ich bin jetzt 67, fühle mich aber um zehn Jahre jünger, wenn es mir gut geht.

Drei Tage war ich richtig krank. Langsam erwachen die Lebensgeister wieder und ich versuche, meine "Zipperlein" zu ignorieren.
Ein kalter, aber sonniger Frühlingsmorgen wartet auch auf mich. Also nehme ich meine Schlittschuhe und fahre zur Eishalle, die morgen schließen soll. Ich hole jetzt so manches nach, was mir in der Kindheit nicht vergönnt war, auch das Schlittschuhlaufen.
Die Straßenbahn ist knackevoll. Junge Leute und solche, die das Rentenalter noch nicht erreicht haben, dösen auf ihren Sitzen vor sich hin oder lauschen in ihre Kopfhörer. Ich fühle mich noch ein bisschen schwach, und das Stehen fällt mir nicht leicht, will mich ablenken und schaue in die Gesichter. Alle sind mit sich beschäftigt.
In der S-Bahn erwische ich einen PLatz. Ein ähnliches Bild. Müde und gedankenversunkene Gesichter, ganz leise Musik aus irgendwelchen Kopfhörern - aber direkt vor mir im Kinderwagen ein etwa zweijähriges Mädchen, langweilt sich und sieht sich neugierig um. Alle haben mit sich zu tun, die Mama tippt unentwegt in ihr Smartphone.
Endlich erhasche ich den Blick des kleinen Mädchens. Leicht erschrocken, dann verwundert hält es inne. Ich lächele ihm zu, und es lächelt zurück. Versteckt sich sogleich etwas verlegen hinter seiner Stoffgiraffe, kommt hervor und lächelt ein breites Lächeln. Schade, die Mama muss jetzt mit dem Kind aussteigen. Ich winke zum Abschied, die Kleine winkt zurück. Von unseren nonverbalen Kontakten hat die Mutti nichts mitbekommen.
Die Straßenbahn zur Eishalle hat so viele freie Plätze, dass ich mir einen aussuchen kann. Ich setze mich einer betagten Seniorin mit Rollator gegenüber. Die Gepäckablage ihrer Mobilitätshilfe ist vollgepackt, die Frau atmet schwer, auch im Ruhezustand. Die Fahrt zu ihrer Freundin, ihres Kindes, ihres Enkelkindes muss ihr nicht leichtfallen, aber Freude bereiten. Ich spüre es, ihre Augen schauen wach, erwartungsvoll. Freundlich sehe ich sie an, lächele... und sie lächelt glücklich zurück. Ich muss jetzt aussteigen, erhebe mich und sage: "Na dann, einen wunderschönen Tag und alles Gute für Sie!"
"Das Gleiche wünsche ich Ihnen...und: Vielen Dank!"

Zweimal ein Lächeln am Morgen - da muss der Tag schön werden.

Mona47

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Kommentare (3)

indeed Tag! Ein gemeintes Lächeln und das spürt man ganz genau, wird meistens erwidert. Man selber nimmt es dann auch mit in den Tag hinein.
Ich finde deinen Bericht wunderschön. In dieser anonymen Zeit fehlt oftmals die Herzenswärme. Wenn dann ein warmes Augenlächeln trifft, ist es ein gutes Gefühl und die Kälte weicht.

Lieber Gruß von
indeed
koala Am Dienstag wollte mein Enkel, der in Deutschland wohnt und mit dem Greyhound Bus an der Ostkueste unterwegs ist, zu mir kommen. Ich sollte ihn im Nachbardorf abholen.
Frueher bin ich mit meinem Mann oefter mit dem Bus, der hauptsaechlich von Backpackers benutzt wird, zum Flughafen nach Brisbane gefahren. Es war meistens eine lustige Bande und man kam leicht mit ihnen ins Gespraech.
Doch wie anders ist es heute.
Ich kam zu dem Wartehaeuschen und etliche junge Leute sassen schon mit ihrem Rucksack dort, um mit dem Bus weiter nach Norden zu fahren.
Ich gruesste, keine Antwort. Alle waren mit ihrem Handy beschaeftigt. Jeder Neuankommende stellte das Gepaeck ab und der naechste Griff war zum Handy.
Kein 'Hallo', kein Begruessen, nur Anonymitaet.
Arme Menschen, dachte ich bei mir.
Ein Glueck, dass wir "Alten" uns noch unterhalten koennen.
Anita/Queensland
Syrdal

Es ist so leicht, mit nur einem fröhlichen Blick, einem leisen Lächeln oder dort, wo es möglich und angebracht ist auch mit einem netten Wort ein wenig Glück ins Herz eines anderen zu säen. - Und nicht zu vergessen: Das Schöne daran ist, dass man damit auch sich selbst beglückt.


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