Bei schönem Wetter sitzt Maria vor ihrem Haus und wartet. Es könnte ja jemand vorbei kommen.

In jungen Jahren zog Maria mit ihrem Mann nach Deutschland, hatte dort in einem Hotel gearbeitet, ihre Kinder großgezogen und jeden Pfennig gespart. Es war nicht einfach gewesen, ihren Traum von einem eigenen Haus zu verwirklichen. Da waren die Kinder, da waren ihre Eltern und Geschwister und natürlich die Eltern und Geschwister ihres Mannes. Auch der Pfarrer ihrer Heimatgemeinde war hoffungsfroh.

Die Kinder wurden erwachsen, wollten in Deutschland bleiben. Die Eltern und Schwiegereltern verstarben. Aber das Haus war fertig. Mit einem lachenden und einem weinenden Auge verließ Maria mit ihrem Ehemann Deutschland. Die Kinder versprachen sie so oft wie möglich zu besuchen.

Zunächst war alles wunderbar, aber in der Zwischenzeit hatte sich das Dorf verändert. Die Jungen waren in die Stadt abgewandert, wo es Arbeit gab. Die Alten verstarben. Nur noch an den Wochenenden kamen jungen Familien in das Dorf, um das Land zu bearbeiten. Im Sommer kamen auch Gastarbeiter auf Urlaub. Dann war für kurze Zeit Leben Im Dorf und die Kirche war voll.

Im Spätherbst kam die Einsamkeit
Ihr Mann erkrankte plötzlich und verstarb.

Seither ist Maria allein und wartet. Sie wartet auf den Postboten, der mit ihr ein Schwätzchen hält, sie wartet auf den Sonntag, wenn sich ein paar Leute zum Gottesdienst versammeln, sie wartet auf den nächsten Sommer, sie wartet auf irgend was - sie wartet............



 


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Kommentare (10)

werderanerin

Eine nachdenkliche Geschichte, wie ich finde aber ganz sicher keine Seltenheit,  ist es nicht auch so, dass Jeder selbst sein Glück finden muss. Ob das etwas mit "warten" zu tun hat oder ob man aktiv ist, wird wohl Jeder ganz allein für sich finden müssen.

Auch in einer überfüllten Großstadt kann man bitter allein sein, viele Menschen sind also nicht die Lösung ... aber DIE gibt es wohl auch garnicht.

Kristine

werderanerin

Habe Jahrzehnte in Berlin gelebt und weiß, wie das wirklich ist (viel Schein) aber sicher hat man in einer Stadt immer auch mehr Möglichkeiten.

Ich denke, dass Viele (wie Maria) das genauso wollten und garnicht anders können, Maslina und manchmal sind sie garnicht so einsam, wie man von "außen" denken würde...man braucht nicht viel, um glücklich zu sein, hin und wieder menschliche Worte wären schön.

Kristine

Maslina

Ich gebe dir teilweise recht, auch in einer Großstadt kann man sehr alleine sein. Man kann aber, wenn man will, seinen Tag besser strukturieren.
In einem kleinen Bergdorf gibt es viel weniger Möglichkeiten, vor allem wenn man eine Frau ist.
Aber Maria ist kein Einzelfall und manches ist auch Veranlagung.
Maslina

ella

Liebe Maslina,

das ist eine traurige und von Dir anschaulich geschriebene Geschichte.
Ich nehme an, dass Maria dort wartet, wo Deine Olivenbäume wachsen - da ist sicher noch kein schnelles Internet. Auch sonst werden wohl nicht so viele Ablenkungen zu finden sein, außer einigen Touristen, die vom Hauptweg abgekommen sind.
Da ist guter Rat teuer. Vielleicht könnte sie an Touristen vermieten?

Nachdenklich grüßt Dich
Ella



 

Maslina

Liebe Ella,
das Internet wäre kein Problem. Maria stammt aus einer kinderreichen armen Familie und mußte schon früh für ihre jüngeren Geschwister Verantworung übernehmen. Sie selbst hatte 5 Kinder und war berufstätig.
Mit ihrem Mann hat sie in Deutschland und in Ihrem Heimatdorf ein Haus gebaut.
Als ihr Mann starb, war ihre Kraft verbraucht.
Lieben Gruß, Maslina

lillii

sie wartet...

letztendlich

auf den Tod

denke ich mir so, denn der macht dem Warten ein Ende..

Lieben Gruß lillii

Maslina

Das kann durchaus sein.
Lieben Gruß, Maslina

Willy

Vielleicht zeigt jemand der armen Maria, wie man mit Hilfe des Internets ganz gut Einsamkeiten überwinden kann. 
b.G.
Willy

Maslina

Kann man das wirklich? Fehlt dann nicht trotzdem die menschliche Nähe?
Gruß, Maslina

Roxanna

So kann es gehen, liebe Maslina, man plant das Leben und dann kommt es ganz anders als gewünscht. Ich denke so wie Maria geht es vielen älteren/alten Menschen. Es ist sehr traurig, dass es einsame Menschen gibt, die darauf warten, dass sie jemand aus ihrer Einsamkeit erlöst, aber das wird wohl kaum passieren. Man kommt nicht drumherum selbst etwas dafür zu tun, auch wenn man vielleicht die Möglichkeiten vorerst nicht sieht.
Danke für diese schöne zu Herzen gehende Geschichte.

Lieben Gruß
Roxanna


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