IMG-20161107-WA0000.jpgUnsere Tochter hatte mit ihren 15 Jahren schon viel durchmachen müssen. Erst das anderthalb Jahre zuvor operierte Wirbelgleiten, seit ein paar Monaten der große Durst, der auf Diabetes schließen ließ und der im Anmarsch war, und noch immer durfte sie nicht länger sitzen, um das gute Ergebnis der Operation nicht nachträglich zu gefährden. Nur liegen, stehen, laufen.

Wir wollten 1985 einen Cousin meines Mannes im Harz besuchen, doch sie sollte nicht allein zuhause bleiben. Ein wenig Abwechslung würde auch ihr gut tun. Also legte sie sich auf die Sitzbank im Fond unseres Pkws und kam mit. Während die Männer sich viel zu erzählen hatten, suchten meine Tochter und ich den Nachbarhof auf. Man hatte uns wissen lassen, dass es dort ein Pferd gab und eine Rauhaardackelmama, die ihre Jungen betreute.

Es war ein gemischter „Haufen“ Welpen, die meisten waren Rauhaardackel-Mädchen, aber die zwei Jungs kamen auf ihren Papa, den Königspudel! Nein, die Jungs waren nicht größer, als die weiblichen Geschwister. Sie hatten alle Mamas krumme, aber ein wenig längere Dackelbeine. Einer der kleinen Jungs kam auf die Tochter des Hauses zu, wollte auf ihren Arm und bekam ein paar Happen Leberwurstbrot. Meine Tochter war hin und weg! Dieser Hund oder keiner!! Ich sah ja, wie der kleine Welpe der jungen Frau vorsichtig aus der Hand fraß – und konnte ihn akzeptieren.
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Eigentlich war er schon einer anderen Hundefreundin versprochen. Aber mein Kind machte so einen begeisterten Eindruck auf die junge Dame, dass wir ihn dann mitnehmen durften. Er bereicherte unser Leben 17 Jahre lang!

Unsere Kinder hatten von klein auf den Wunsch nach einem Haustier, aber am liebsten nach einem Hund. Das war immer daran gescheitert, dass ich höllische Angst vor jedem Hund hatte, Ich erlebte als Grundschülerin auf meinem Schulweg, dass ein Spitz mich jeden Morgen, wenn ich durch die Promenade zur Schule ging, dieser mich am Verlauf der Gartenhecke heftig verbellte. Ich hatte täglich Angst, er würde durch ein Loch in der Hecke hindurch passen, mich in die Waden zwicken! Wenn ich in weiter Ferne auf der Straße auch noch einen größeren, schwarzen Hund entdeckte, zog ich es vor, eine Parallelstraße zu gehen … Vielleicht lag es ja auch daran, dass es einem vorbeirennenden Schäferhund in meiner Vorschulzeit beim Fahrrad fahren lernen gelang, mich samt Kinderfahrrad umzuwerfen …

Ein Onkel war von Beruf Tierpräparator und nach dem Krieg zuerst als Jäger bei den Engländern tätig. Dafür hatte er einen Münsterländer, später einen Teckel, die ihm bei der Jagd halfen. Obwohl es mir streng verboten war, bin ich oft mit dem Fahrrädchen zu ihm gefahren. Die Hunde hatten ihren Platz bei ihm in der Werkstatt und nach einem kurzen Blick in seinen Verkaufsraum auf die vielen ausgestopften Tiere ging ich meist in den Hof zu meiner Tante und ihrer Ältesten, mit der ich gern spielte. Aber immer gehörte auch ein wenig Beobachtungszeit den Wieseln, die er wohl züchtete.
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Weihnachten 1951 bekamen meine Schwestern und ich einen seiner Dackel. Unsere Oma nannte ihn Filou. Sie liebte die französische Sprache, vielleicht auch, weil es in ihrer Kindheit üblich war, französische Ausdrücke zu gebrauchen. Auch Trottoir statt Bürger- oder Gehsteig gehörte dazu. Nur wenn sie zu ärgerlich auf unsere oder Filous Streiche war, verfiel sie ins münstersche Platt. Und Filou gab ihr oft Anlass: er nagte nachts an unserer Kinderkleidung herum und da er als Welpe noch nicht sauber war, fand sie auch das eine oder andere Mal sein Geschäft oder Erbrochenes darauf. Von Hundeerziehung hatte jedenfalls niemand in meiner Familie Ahnung! Mein Onkel bekam nach ein paar Wochen den Dackel zurück – er wurde ein prima Jagdhelfer.

Nach dem Umzug aus der Wohnung, in der unsere Mutter verstorben war, wohnten wir bei einem Hauswirt, der einen schon älteren Langhaardackel hatte. Wacki kam gern zu uns in die Wohnung, fühlte sich dort sehr wohl und war kaum dazu zu bewegen, wieder nach Hause zu seiner Familie zu gehen. Erst wenn unser Vater Feierabend hatte und zuhause mit seiner Geige spielte, „... wie wäeint äeiner ...“ kniff Wacki den Schwanz ein und flüchtete.

Jahre später hatte ich geheiratet, meine Kinder bekommen und wohnte nun in einer Neubausiedlung am Teutoburger Wald, wo die Nachbarn zu ihren drei Söhnen sich noch eine Langhaarcollie-Hündin angeschafft hatten. Die Jungs der Nachbarn waren bekannt dafür, dass sie einem Streit nicht unbedingt auswichen, wohl ein Ergebnis der nicht so stark verankerten Erziehungsfähigkeiten der Frau des Hauses. Entsprechend geriet die Collie-Welpe. Sie biss die Jungs, wenn sie geärgert wurde, sie schnappte auch nach der Hausherrin. Was mich wunderte – sie griff auch jeden Besucher „ihres“ Hauses an, nur meine knapp zweijährige Tochter und mich nicht! Heute kann ich mir vorstellen, meine Kleine hatte im Colliekopf noch Welpenschutz ... Doch das nutzte der fast ausgewachsenen Hundedame nichts mehr, der Tierarzt musste sie einschläfern.

Dann kam die Zeit mit Wuschel. Unsere Tochter nahm ihn gerne mit zu ihrer Freundin, denn deren Papa hatte Ahnung von Hundeerziehung, sorgte dafür, dass seine Schäferhündin und Wuschel sich vertrugen, Wuschel sogar ein paar Kunststückchen erlernte.

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Unser Sohn war zu der Zeit schon aus dem Haus. Er schaffte sich einen Bernhardiner-Schäferhund-Mischling an. Sam wurde fast genauso alt wie Wuschel. Als meine Berufstätigkeit dazu führte, dass unser Kleiner fast elf Stunden allein hätte in der Wohnung bleiben müssen (Tierquälerei!), nahm unser Sohn ihn zu sich in seine Firma, wo Sam schon lange tagsüber sein Zuhause hatte. Getrennte Räume für's jeweils eigene Körbchen sorgten für Verträglichkeit. Gemeinsame Spaziergänge mittags taten ein Übriges. Wenn dann die Schwiegertochter mit den beiden Hunden ihren Gang machte, sah das stets aus, als ob Pat und Patachon ausgeführt würden: der kleine Schwarze und der große Goldblonde …

Irgendwann waren die 17 schönen Hundejahre vorbei. Beide Tiere hatten ihre Alterserkrankungen und mussten erlöst werden. Wuschel bekam an unserer Gartenterrasse sein liebevolles Grab. Er war klein genug, dass wir das durften. Sam musste zum Tierverwerter gegeben werden. Es dauerte nicht lange, da lud unser Sohn uns ein, die Folgehunde für Sam kennenzulernen. Eine Rottweiler-Huskie-Mischlingsdame hatte sich mit einem Schäferhund eingelassen und nun über einem Dutzend Welpen das Leben geschenkt. Zwei durften nach acht Wochen bei meinem Sohn und seiner Partnerin einziehen.
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Aber die Hundejungs sind nie darüber hinausgekommen, die zuletzt erkämpfte Rangordnung zu akzeptieren. Luke und Spike waren Brüder, Feinde und Kumpel zugleich. Auch ihr Weg hatte ein Ende.

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Derzeit begleitet ein „Herr Schröder“, eine Art Airedale Terrier, meinen Sohn. Bei diesem Besuch durfte Neffe Max sehr gekonnt das Quad meines Sohnes nutzen  (er hat zuhause seit fünf Jahren ein etwas kleineres eigenes Quad, mit dem er im Herbst über die abgeernteten Felder düst). Mein Sohn und Herr Schröder begleiteten den Jungen durch ein kleines Wald- und Feldgebiet ... Herr Schröder wusste sehr gut um die beiden Fahrzeuge herumzurennen, freute sich über diese Extratour!

Unsere Tochter zog vor 19 Jahren in das Haus ihres Zukünftigen, das von einem schon älteren Langhaarschäferhund bewacht wurde. Als dieser Sam starb, gab es als Nachfolger den grauen Schäferhund Utz, der leider ein Tourette-Syndrom und Pfotenprobleme hatte. Ich habe viele Hunde­Trainingsstunden mit meiner Tochter und Utz auf dem Hundeplatz verbracht. Es tut richtig gut, zu wissen, wie ein Hund uns Menschen „liest“!
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Nach meiner Flucht aus der Ehe zu meiner Tochter musste ich ja stets die Treppe hoch in ihre Wohnung gehen. Selbstverständlich stand Utz wartend, wer da käme, an der obersten Stufe. Es tat gut, zu wissen, dass ich den Hund nicht an die Seite schieben musste (würde das immer gelungen sein?), sondern es genügte, an ihm einfach vorbeizublicken. Dann machte er mir Platz, so dass ich nicht fürchten musste, rückwärts die Treppe wieder herunterzufallen! Und das Wissen, dieser Hund ist nach allen Regeln der Hundeerziehungen im Haus gelungen, hat auch mich gelehrt, meine Angst vor Hunden so ziemlich zu vergessen! Es war sogar einfach, Utz beizubringen, meinen neugeborenen Enkel als „höherstehnd“ zu akzeptieren, ebenso, dass alle an das Baby oder Kleinkind durften, nur er nicht! Er blieb die Ruhe selbst, wenn der laufen lernende Kleine über ihn vorsichtig wegstieg oder seine lange Rute als Pumpenschwengel benutzte. Doch das mussten wir dem Jungen verbieten, Utz wehrte sich nicht. Leider verstarb dieser Hund viel zu früh, weil einem Tierarzt nach der Operation einer Magendrehung sein Flug in den Weihnachtsurlaub wichtiger war als die Gesundung des Hundes.


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Heute begleitet Eddie, das Löwchen, unser Familienleben. Doch auch bei ihm stellen wir schon Altersveränderungen fest ...
 

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Kommentare (4)

fluechtling

ja Abschied nehmen von einem Familienmitglied ist schon schwer. Ich hoffe, dass mein Hund Tscherno noch lange bei mir ist

nnamttor44

@fluechtling  
Ja, das fiel sehr schwer, liebe Fluechtling!
Ich hatte einen Termin zur Einschläferungsspritze bekommen, musste abe über eine Stunde warte, weil ein größerer Hund zuvor Schwierigkeiten gemacbt hatte. Ich war allein mit Wuschel zum Doc gefahren, doch kurz bevor er an der Reihe war, tauchte auch mein Sohn auf, um mir Beistand zu leisten.

Gemeinsam begleiteten  wir den kleinen Hund auf seinem letzten Weg. Als mein Sohn, ein187-Meter-Kerl mit viel sichtbarer Kraft dann sah, wie das Leben des kleinen Hundes aus ihm wich, konnte er die Tränen nicht mehr zurückhalten - und ich konnte meinen Sohn dazu nicht weinen sehen. Ich wusste bis dahin nicht, dass auch er das Tierchen in sein Herz geschlossen hatte. Wuschel war ja der Hund unserer Tochter, unser Sohn fuhr´immer auf größere Tiere ab. 

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Wie sehr es ihn geschmerzt haben muss, als auch "sein" Fohlen starb, zu dessen Geburt er extra seinen Campingwagen nahe dem Stall der Stute gestellt hatte, weil der Zeitungsbote nachts gegen drei, vier Uhr jede Nacht so laute Gespräche mit dem Nachbarn führte, dass Stute Angel immer wieder die Geburt zurückhielt, kann ich heute erst nachempfinden. Der wunderschöne braune Hengst  Rusty hat nur drei Jahre gélebt, bis er dann erkrankte und auch gehen musste.

Liebe Fluechtling, danke für Dein Mitgefühl, Deinen Kommentar

Uschi

ehemaliges Mitglied

Ich könnte mir ein Leben ohne Hunde/Tiere gar nicht vorstellen.

nnamttor44

@BerndMichaelGrosch 
Als Wuschel begraben war, glaubten meine Kids, sie müssten mich mit einem kleinen Welpen beglücken. Aber ich konnte sie zum Glück davon abhalten. Ich hätte um eines kleinen Tieres Willen, damit es nicht gequält würde, vorzeitig aufhören müssen zu arbeiten. Meine damals zukünftige Rente war sowieso so niedrig, dass ich davon nicht hätte leben können. Ganz davon abgesehen, was ansonsten noch zu berücksichtigen war.

Unser Sohn kam damals auch noch regelmäßig auch zu mir in die Wohnung und dann legten sich seine "Kampfhunde", wenn sie die Entscheidungskämpfe ermüdet hatten, meist zu meinen Füßen, um dort zu schlafen ...

Hunde-Umgang und der Besuch seiner Pferde hatte ich lange. Seiether weiß ich, dass die
Uschi


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