Meine Wege


 
Meine Wege fordern Bewegung, machen mir Beine, sozusagen. Geradewegs zu gehen ist nicht meins. Ich will und darf – einen kleinen Umweg gehen.
Das war schon immer so. Schon als Kind rannte ich von zu Hause weg, weil ich wissen wollte, was da draußen passiert. Ich wollte wissen was hinter verschlossenen Türen, hinter jedem Baum, hinter hohen Zäunen ist. Hinter jedem Haus und geheimnisvollen Ecken und Winkeln vermutete ich das Leben, dass ich ergründen wollte. Ich verließ mit Vorliebe die vertrauten Plätze, machte Umwege um Neues zu ergründen, denn dort, im Verborgenen lag die Spannung. Später, als ich Tom Sawyer und Huckleberry Finn las, nannte ich das: Abenteuer.
Meine Wege verzweigten sich in Umwege, Auswege und manchmal auch Irrwege. Selten waren es gerade Wege, meistens liefen sie kreuz und quer, mitunter ziellos. Es waren oft verbotene Wege, aber gerade die hatten es mir angetan. Vielleicht war es auch nur der berühmte Kick, der mich nahe an den Abgrund geraten ließ.
Gerade noch rechtzeitig fiel mir ein, dass ein gestandener Mann auch mal einen Bogen machen darf, eine Kehrtwendung zurück auf den geraden Weg, der zwar keine Direttissima war, aber doch als gangbarer Weg zum Ziel führte. Ich hatte dem Seiltänzer in meinem Kopf den Vogel gezeigt. So kann ich heute sagen, ich habe es auf meine Art gemacht.
I did it my Way.
 
 
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©ferdinand
 


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Kommentare (4)

Roxanna

Ich kann mir gar nicht vorstellen, Ferdinand, dass ein Lebensweg überhaupt schnurgerade verlaufen kann. Erfahrungen sammelt man doch nur auf Irrwegen, Umwegen und Wegkreuzungen, an denen man sich entscheiden muss. Ob man wohl am Ende seines Lebens einmal wirklich den ganzen Weg im Rückblick sehen und sich sagen kann, so wie es war, war es gut?

LG
Roxanna

EisenweinZwei

Na ja, schnurgerade vielleicht nicht, aber ich denke, es gibt sicher Menschen, denen ein gewisser Weg vorgezeichnet wird, sei es von der Familie oder von anderen dominanten Wegbegleitern … 
Und ja - die Menschen blicken am Ende ihres Lebens teils freudig - teils wehmütig zurück und kommen zu einem mehr oder weniger angemessenen Resüme. Was bleibt ihnen schon anderes übrig?, als es gut zu finden, was sie vollbracht haben!
Ich glaube nicht, dass irgendjemand negative Schlüsse ziehen wird, es sei denn, er setzt seinem Leben selbst ein Ende. 
Aber das ist ein anderes Thema.

LG
Ferdinand

Syrdal

Zu Deiner Schilderung fällt mir ein "geflügeltes" Wort ein:

Wer Irrwege gegangen ist, der kann anderen desto besser den Weg zeigen.

Es grüßt
Syrdal

 

EisenweinZwei

Dazu fällt mir noch ein Satz des Augustinus ein:

Zitat:
Dass Menschen auf Irrwege geraten, hat laut Augustinus mit der Gier zu tun, die auf den natürlichen Wunsch gepfropft wird, sofort und ungefährdet ein glückliches Leben führen zu können.

LG Ferdinand


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