Fast jeder beklagt zu wenig "Menschlichkeit" in unserer Gesellschaft. Aber wie zeigt sich diese "Menschlichkeit" in unserem Alltag - nehmen wir sie überhaupt wahr? Wie verhalten wir uns? Denken wir in unserer turboschnellen Zeit noch an soetwas? Spielt Bildung eine Rolle? Fragen über Fragen. Nach den Erfahrung der letzten Monate in diversen Kliniken habe ich (subjektiv?) festgestellt, daß auch bei Ärzten und anderem medizinischen Personal von Menschlichkeit wie ich sie z.B. verstehe, gegenüber einem schwer kranken Patienten (meiner Frau) so gut wie nichts zu spüren war.Das machte mich sehr traurig aber auch wütend. Wenn jemand zu dem Thema "Menschlichkeit" hier seine eigenen Erfahrungen oder seine Meinung sagen will - bitte mach es. Es ist egal auf welchen Felde oder in welchen Bereich du deine Erfahrungen gemacht hast - mache sie hier bekannt.
Es wäre schön wenn über dieses Thema mal intensiv nachgedacht wird.

Nordwaechter

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Kommentare (11)

Nordwaechter Smartphonehörig, Edelklamotten, Party, chillen usw.. Wozu noch Empathie? Fängt schon bei der Kindererziehung an. Armes Deutschland.
koala Ich lebe seit 19 Jahren in Australien in einer laendlichen Gegend.
Hier erlebe ich jeden Tag auf's Neue Menschlichkeit.
Doch den Unterschied zu Deutschland habe ich erst hier festgestellt. Und auch, als ich 2013 nochmals in Deutschland war.
Ich denke, es liegt nicht so sehr an der einzelnen Person, sondern an dem ganzen Umfeld.

Anita/Queensland
werderanerin Niemand sollte ein schlechtes Gewissen haben, wenn Pfege nicht geleistet werden kann, warum auch immer..., alles muss man letztlich vor sich ganz allein "verantworten"...denn oft geht es ganz einfach nicht oder man kann es nicht !

Auch ich hatte mal einen demenzkranken Vater...letztlich blieb uns leider nur die Klinik, weil wir Schwestern gearbeitet haben..., konnten nicht alles einfach hinschmeißen, auch man selbst hat ein Leben.

Einfach war diese Entscheidung wahrlich nicht...sie tat sehr weh !

Kristine
ehemaliges Mitglied "Das ist unmenschlich, denn menschlich wäre, sie selber zu pflegen. Oder?"

Jeder kann nur so viel tun, wie er Kraft hat. Und niemand ist unendlich belastbar.
Vivit Wollte eigentlich nur sagen, dass dieses Thema ungeheuer vielschichtig ist und aus stark emotionalen Situationen heraus
auch ganz schnell verurteilt wird.
Alles ist eben auch menschlich.
V.
Vivit meine Mutter ist durch einen Sturz so verletzt worden, dass sie bettlägerich bleibt.

Ich bekomme für sie einen Platz in einem Pflegeheim. Bin froh. Gehe sie oft besuchen.

Das ist unmenschlich, denn menschlich wäre, sie selber zu pflegen. Oder?

So wie es sicherlich in vielen Ländern sein wird. Ist der Begriff Menschlichkeit nicht auch an einen bestimmten Zeitgeist gebunden?

Ich kann nicht einfach zu Hause bleiben so rund um die Uhr.
Von meinen Kindern erwarte ich das auch nicht. Jedenfalls im Moment, wo es mir gut geht.

Vivit
Nordwaechter Ich glaube, daß in einigen skandinavischen Ländern das soziale Verhalten von Ärzten, Schwestern, Pflegern etc. auf einem wesentlich höheren Niveau steht. Die Anzahl der zu betreuenden Patienten aufs mediz. Personal bezogen ist auch etwa nur halb so hoch wie in Deutschland. Das gesamte System enthält wesentlich mehr sozialere- und somit auch menschlichere Komponente. Nicht ohne Grund gehen sehr viele Ärzte zum Beispiel nach Schweden. Wir sollten uns deshalb mit den besseren Systemen in Europa auseinandersetzen und unser System nicht "Schönreden!"
werderanerin ein Thema, was Jeder vielleicht auch anderes sieht, je nach Erfahrungen...
Man möchte meinen, dass Ärzten und dem Krankenhauspersonal dies eigentlich ein Grundbedürfnis sein sollte...warum ist es das aber manchmal nicht...vielleicht hat es etwas mit Überforderung/Übermüdung/Überlastung zu tun..., was sicherlich die Auswirkungen so garnicht rechtfertigen kann aber man weiß doch, dass Klinikalltag genau das oft aus Ärzten und Krankenhauspersonal machen kann...ich glaube nicht, dass sie selbst darüber "glücklich" sind...

Wer schon einmal ein Krankenhaus von innen erlebt hat, weiß doch Bescheid und Schuld an dieser Misere ist nicht das medinzinische Personal.

Die Rahmenbedingen stimmen einfach nicht und haben zur Folge, dass Ärtze abwandern aber auch das ist lange bekannt, nur ändern tut sich nichts !

Dennoch kann man dankbar sein, im Fall des Falles in Deutschland behandelt zu werden...

Kristine
ehemaliges Mitglied Menschlichkeit kann man nicht erwarten, sondern nur geben.
Wer aber gibt, hat oder entwickelt eine Art Persönlichkeit, die andere Menschen öffnet, und er bekommt zurück.
Wer also mehr Menschlichkeit will, fängt am Besten selbst damit an.

Speziell was Ärzte betrifft:

Das wurde mal untersucht. Danach haben die eine unterdurchschnittliche Empathie.
Zum einen, weil wegen des NC v.a. Abiturienten mit den besten Noten Medizin studieren, und im Durchschnitt haben gute Lerner weniger Kompetenzen im zwischenmenschlichen Bereich,
zum zweiten nimmt die Empathie im Studium auch noch ab, vermutlich, weil bei der Wissensvermittlung Menschen und ihre Krankheiten in der Regel als "Objekt" behandelt werden.

Einen dritten Einfluss weiß ich von woanders her:
Ärzte werden ja mit mehr oder weniger viel Leide konfrontiert. Da ist Abstumpfung ein Schutzreflex. Eigentlich bräuchten Ärzte eine monatliche Supervision.
Federstrich Puh, das Thema hat wahrlich viele Facetten. WAS versteht WER unter Menschlichkeit in welchem Bereich? Was unter "sozialer Gerechtigkeit"? Die Antworten werden so verschieden ausfallen wie die Menschen, die sie liefern. Die persönlichen Umstände und Schicksale können Außenstehende kaum gültig beurteilen.

Ich möchte für mich sprechen. Menschlichkeit im medizinischen Bereich ist für mich zum Beispiel die Tatsache, dass unheilbar schwer Kranke aus meiner unmittelbaren Umgebung sehr teure Medikamente als Kassenpatienten Jahr für Jahr bezahlt bekommen, wo man in anderen (west)europäischen Ländern bei gleicher medizinischer Indikation mit den Achseln gezuckt hätte. Dafür bin ich sehr dankbar.

Daneben können aber Aussagen, wie die von einem Vertreter der kassenärztlichen Vereinigung, zunächst verunsichern, dass der Anspruch, einen Zugang zu Spezialisten zu jeder Zeit an jedem Ort für jeden gefälligst zu gewährleisten, nicht eingelöst werden kann.

Dort, wo ich jüngst weggezogen bin, herrscht Ärzte-Notstand. Zu wenige wollen dort leben. Die Zustände in manchen Kliniken und die ärztliche Versorgung in der Fläche haben auch etwas mit der fehlgeleiteten Ökonomisierung der Medizin zu tun. Dort sind die Ursachen für Fehlentwicklungen, die zu gefühlter mangelnder Menschlichkeit führen können, zunächst zu suchen.
Grüße, Federstrich
ehemaliges Mitglied diese Gedanken bringen mich schon etwas ins Grübeln. Vordergründig ist es bestimmt so, wie du es beschreibst.
Auf der anderen Seite frage ich: Kann ich Mitgefühl erwarten? Oder muss ich es in mir suchen? Da müsste es ja vorhanden sein und müsste mir genügen.

Von anderen abhängig zu sein führt in vielen Fällen zu Frust.

Das sind so meine Erfahrungen.

Liebe Grüsse von Agathe

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