Minus fünfzehn Grad Celsius



Es war gestern, am vierten Adventsonntag in diesem Jahr, lausig kalt, minus fünfzehn Grad, so kalt war es so vor Weihnachten schon lange nicht mehr. Sollten wir … sollten wir da hinaus? Wir überwanden uns, zogen uns warm an. Ganz ehrlich: keiner von uns Beiden wäre alleine losgezogen. Aber wir wollten mit dem Knipsophot etwas von den Weihnachtsmärkten noch einfangen, bevor Alles in wenigen Tagen wieder verschwunden ist. Also hinaus!

Es war kalt an der Bus-Haltestelle, war der Bus schon weg? Warten auf den nächsten, das hieß, sich trippelnd zu bewegen, damit die Füße nicht schon gleich am Anfang mit der Kälte zu tun hatten. Der nächste Bus kam, eben plus-minus fünf Minuten vom Fahrplan abweichend. Die Ohrenspitzen schmerzten schon, als der Bus kam. Ein Doppelstöcker, wohl ein Ersatz für einen Gliederbus, war doch schon wieder ein Bus mit Brandschaden liegen geblieben.
Wir fanden Platz im unteren Geschoß des Busses, für die wenigen Haltestellen wollten wir nicht erst hinaufklettern. Der Bus fuhr gefühlsmäßig einen flotten Stil, man konnte sich man gerade so auf einen freien Platz retten.

Hinauf zum Bahnsteig der S-Bahn. Mein Schatz hatte mit dem Atem zu kämpfen, war doch die Bronchitis noch nicht ganz auskuriert. Welche Bahn nehmen wir, welche bringt uns unserem Wunschziel am nächsten? Nach Hohen Neuendorf, das hieß, in der „Baustelle Ostkreuz“ umzusteigen. Da ging es reichlich treppab, was meinem Schatz ebenso Schwierigkeiten machte, kann es sein, daß die neuen Kniegelenke in der Kälte etwas Probleme haben?

Eine Bahn fuhr uns vor der Nase weg. Wir suchten etwas Schutz vor dem eiskalten Wind, der uns auf dem offenen Bahnsteig anblies. Es kam eine Bahn, aber die fuhr man gerade noch eine Station weiter, bis Warschauer Straße. Die nächste Bahn war voll. Die Bahn nach Potsdam war ausgefallen, also Sturm auf die S-Bahn nach Spandau. Und wir fanden zusammen zwei Plätze zum Sitzen. Mein Schatz fand Gelegenheit, sich wieder zu erholen.

Die Bahntrasse der Stadtbahn durchschnitt das da und dort weihnachtlich dekorierte Berlin, passierte Weihnachtsmärkte mit Fahrgeschäften und Buden. Anfangs dachten wir, am Alex auszusteigen, doch wir ließen uns bis zum Bahnhof Friedrichstraße fahren. Man kam vor lauter Rauf- und Runter-Gedränge schwerlich an die Rolltreppe. Tief Luft holen, wir standen endlich draußen an oder auf der Friedrichstraße.

Ein eisiger Wind fegte durch die Straßen, nicht gerade gemütlich. Also hinein zu Rossmann, zum Einkaufen und gleich mit zum Aufwärmen. Ein paar Fotos zum Mitnehmen. Flucht hinein zu Lafayette!
Wir ließen uns in dem Trubel mitreißen, fuhren mit den Rolltreppen hinauf in oberste Geschoß, machten Fotos von dem „Trichter“, der Einblick hinab in die einzelnen Stockwerke bietet. Nichts kaufen, nur schauen und knipsen. Wir schlenderten nach getaner Abfahrt den Tunnel unter der Behrenstraße (??) hindurch, ließen uns von einer steilen Rolltreppe zu einem weiteren Ausgang wieder raus in die Kälte bringen.

Wir erreichten den Gendarmenmarkt. In dem Budengewimmel hatte man ein Karree abgesperrt, für einen Euro erhielt man Einlaß. Das Licht des Spätnachmittags verleitete zu Fotografieren der beiden Dome über die Köpfe des Publikums hinweg. Es war uns zu kalt, um stehend einen Glühwein zu schlürfen. Wir zogen weiter, und wieder blies der eisige Wind uns an, die Ohrenspitzen schmerzten.

Die Fotoapparate meldeten „Sie müssen einen Batteriewechsel vornehmen!“ Also hat die Kälte auch der Ladung zugesetzt, obwohl die Akkus frisch geladen waren, als wir losgezogen waren – nur eben ohne Reserve dabei. Sollten wir nun aufgeben, sollten wir deshalb nach Hause fahren? Ohne zu Knipsen zogen wir zwischen Hedwig-Kirche und Staatsoper über den Weihnachtsmarkt. Schade, keine Bilder!

Wir charterten den nächsten „100“ und ließen uns in dem Gedränge zum Alex fahren. Der Bus hielt genau vor Galeria Kaufhof, wo man schließlich im dritten Stockwerk frische Zellen einkaufen konnte.
Auch wieder eine Gelegenheit zum Sichaufwärmen. Wir stiefelten die stehende Rolltreppe hinauf zum S-Bahnsteig, bestiegen den nächsten Stadtbahnzug und ließen uns im übervollen Wagon bis zum Bahnhof Zoo mitnehmen.

Am Breitscheidt-Platz war zwischen den Buden und dem so am Rande pulsierenden Autoverkehr ein Geschiebe, es reichte für ein paar Fotos. Wir kletterten in einen Doppelstöcker und beobachteten im Vorbeifahren den Kurfürstendamm. Den wollten wir dann zurückfahrend noch einmal in anderer Richtung ansehen. Aber: die Gegenspur war sichtlich gesperrt! Und dann sahen wir den Grund, Coca Cola machte mit großen Trucks und Trailern eine Parade den Kurfürstendamm entlang.

Am Adenauer-Platz verließen wir den Bus, stiegen hinab zur U7 und ließen uns in Richtung Rudow unter der Erde transportieren. Wir hatten genug für den Tag. An der Haltestelle Johannisthaler Chaussee wechselten wir hinauf zur Bushaltestelle in der Gropiusstadt. Wieder packte uns die Kälte, wir mußten ganze sieben Minuten auf den M11 warten. Als der dann kam, hatten wir uns schon wieder vom Treppensteigen über stehende Rolltreppen erholt.

Zu Hause gab es sogleich einen Grog zum Abschütteln der mitgebrachten Kälte. Wir wurden belohnt von der Ausbeute an Fotos, die heil im Computer übertragen werden konnten. Und nun? Heutenacht hat es geschneit, Regen könnte auch kommen. Ob wir noch einmal hiausfahren, Weihnachtsstimmung einzufangen? Ich muß noch den Weihnachtsbaum einfußen, auch ist die Weihnachtspost noch nicht fertig geschrieben.



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Kommentare (1)

tilli Lieber Ortwin !
Deine Geschichte war so schön winterlich.Ja, dein Schatz kann sich
glücklich schätzen so einen charmanten Mann an ihrer Seite zu haben.
Hoffentlich, hat der warme Grog Euch wieder zum Leben gebracht,
Fröhliche Weihnachten Euch beiden.
Tilli

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